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Freiflug (Die Ratte des Warlords II) (German Edition)

Freiflug (Die Ratte des Warlords II) (German Edition)

Titel: Freiflug (Die Ratte des Warlords II) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Löwen
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so gut wie nichts mehr aneinander.
    Keplers einziger Trost war, dass Oma friedlich im Schlaf gestorben war, dass ihre Hände gefaltet waren, und dass sie auf den Lippen ein Lächeln gehabt hatte.
    Nachdem er und sein Bruder mit ihrer Besprechung fertig waren, stand Jens gequält zur Seite blickend auf. Kepler sah ihm an, dass er ihn nicht fragen wollte, ob er mit zu ihm und Sarah kommt.
    "Geh, Jens."
    "Kann ich dich allein lassen?", Jens' Frage klang mit deutlicher Erwartung.
    " Schon lange, Bruder."
    Jens verbarg seine Erleichterung nicht.
    " Dann will ich zu Sarah. Bis dann, wir sehen uns morgen."
    Er drückte flüchtig Keplers Hand und verließ gebeugt die Küche.
    Kepler ging ins dunkle Wohnzimmer und legte sich auf das Sofa. Diesmal hörte er noch lange den Wind hinter den Fenstern heulen, bevor er einschlief.
    Seit zwanzig Jahren war Kepler nicht mehr in der Kirche gewesen. Sie kam ihm kleiner vor, und kälter. Der Pastor, der die Totenmesse lesen sollte, empfing ihn im Schiff. Es war ein junger Mann, der Kepler auf Anhieb nicht gefiel. Er hatte einen huschenden unsteten Blick und sprach schnell, ohne Kepler länger als eine Sekunde in die Augen zu blicken.
    Kepler ärgerte sich, die Beerdigung war wie Autokauf. Die Musik, die Kränze, die Kerzen, alles kostete extra. Nachdem die Details der Beerdigung besprochen waren, wurde der Ton des Pastors einschmeichelnd.
    "Ihre Großmutter hat mal gesagt, Sie wären vermögend, Herr Kepler. Würden Sie bitte gleich bezahlen? Und vielleicht etwas für das Gotteshaus spenden?"
    " Das Geld für die Beerdigung bringe ich gleich", erwiderte Kepler. "Und wie groß hätten Sie die Spende denn gern?", erkundigte er sich beißend. "Wollen Sie einen noch goldeneren Leuchter haben, oder was?"
    Der Pastor blickte ihn perplex an.
    "Haben Sie etwas gegen Gott?", fing er sich. "Oder etwas gegen Geistliche?"
    Plötzlich erinnerte Kepler sich an den Mufti, an dessen Gesicht, bevor er geschossen hatte. Irgendwie sah der Priester genauso aus. Kepler machte einen schnellen Schritt auf ihn zu, näherte sein Gesicht bis auf eine Handbreite dem des Pastors und blickte dem perplex schauenden Mann in die Augen.
    "Ich habe miterlebt wie man fünf Nonnen hingerichtet hat. Man hat sie auf die Knie gezwungen und ihnen in den Kopf geschossen. Aber sie waren aufrecht gestorben. Diese Frauen waren Geistliche gewesen", artikulierte er jedes Wort deutlich, "Sie dagegen sind nur ein Kirchenmann."
    Der Pastor stützte sich erschrocken mit der Hand an einer Bank ab und sah ihm mit offenem Mund verdattert an.
    Kepler hatte nicht laut gesprochen, aber man hatte ihn in der ganzen Kirche gehört, die Akustik des Gebäudes war hervorragend. Zwei alte Frauen sahen ihn entrüstet an. Er drehte sich um und ging.
    D as Getriebe des Audis konnte auch von Hand geschaltet werden und Kepler rammte den Wählhebel in die Position für manuelles Schalten. Er drehte den Motor voll aus und knallte die Gänge mit Schlägen seiner Rechten ein. Er fuhr schnell, warf nur kurze Blicke zu den Seiten und sah ansonsten nur nach vorn.
    In der Bank ging er zum nächsten freien Schalter, grüßte knapp den Angestellten und legte seine Kontokarte auf den Tisch.
    "Wieviel kann ich abheben?"
    Der Bankangestellte sah ihn verwundert an, dann nahm er die Karte und verschwand wortlos hinter einer Tür. Einige Minuten später kam er mit einem älteren, korpulenteren Mann zurück.
    "Guten Tag, Herr Kepler", grüßte der Ältere freundlich. "Sie wünschen eine größere Abh ebung?"
    "Ja ."
    "Wieviel denn?"
    "Das war eben meine Frage."
    "Zehntausend ..."
    " Die hätte ich jetzt gern. Und ich muss an mein Schließfach. Auch jetzt."
    "Geht es Ihnen nicht gut?", fragte der Filialleiter pikiert.
    "Entschuldigung", bat Kepler. "Meine Oma ist gestorben."
    "Oh ...", machte der Mann. "Es..."
    " Kondolieren Sie mir nicht. Ich will einfach nur das Geld."
    Als Kepler zurückkam, reichte der Filialleiter ihm einen Umschlag. Er bedankte sich abgehackt und steckte den Umschlag ein ohne das Geld nachzuzählen, gab dem Mann den Schlüssel vom Schließfach und ging hinaus.
    Er jagte den Wagen zurück zur Kirche, hielt direkt vor dem Eingang und ging mit schnellen Schritten hinein. Der Pastor war nirgends zu sehen und Kepler rief laut nach ihm, was ihm verwunderte und zum Teil empörte Blicke der wenigen Besucher einbrachte. Nach dem zweiten Rufen erschien der Priester in einer Tür hinter dem Schiff. Kepler setzte sich sofort in Bewegung. Im Zimmer waren außer

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