Freiflug (Die Ratte des Warlords II) (German Edition)
würde ihr Leben für einen Mann ändern – wenn er dasselbe für sie tun würde. Kepler konnte ein guter Liebhaber für sie sein und jemand, auf den sie sich verlassen konnte, wenn sie ihn brauchte. Mehr wollte Kepler nicht sein, und mehr konnte er auch nicht.
3 1. Die Antiaggressionstherapie fiel nicht allzu heftig aus. Beziehungsweise, Kepler gestaltete sie so, weil die Psychologin, die die Sitzungen leitete, bei weitem nicht das Niveau von Dirk Winker hatte. In den Sitzungen hielt Kepler sich zurück, hörte zu und beteiligte sich nicht. Er wusste, was mit ihm los war und es hatte keinen Sinn, darüber zu sprechen. Wenn er an der Reihe war, aus sich herauszugehen, wie die Psychologin es nannte, erzählte er monoton, was passiert war. Sobald die Sprache auf seine Gefühle und Empfindungen kam, redete er sich heraus, in Notwehr gehandelt zu haben. Die Psychologin verstand soviel von ihrer Arbeit, dass sie es ihm nicht abnahm. Allerdings schaffte sie es nicht, dass Kepler sich seinen Gefühlen stellte. Er schob ungerührt seine Indolenz vor, bis die Psychologin aufgab und ihn bis zum Ende der Therapie so gut wie in Ruhe ließ. Es war besser so, schließlich war er eine Vergeudung von Ressourcen, während die Frau anderen Teilnehmern wirklich helfen konnte.
Dass die Psychologin besser war , als Kepler angenommen hatte, bewies sie am Ende des Kurses. Nachdem die Bescheinigung über seine Teilnahme an das zuständige Gericht gegangen war, lud die Psychologin ihn zum Essen ein. Es war mal eine Abwechslung und Kepler nahm die Einladung an.
Kepler wäre lieber in seiner üblichen Kleidung zum Chinesen um die Ecke gegangen, aber die Psychologin hatte ein Restaurant ausgesucht. Es war die feine Adresse für französische Küche in der Stadt und Kepler zog notgedrungen einen Anzug an. Diese Aufmachung, der A8 und dass er der Psychologin die Tür des Wagens aufhielt, brachten ihm einen erstaunten Blick ihrerseits ein.
Dennoch sah er anscheinend schäbig genug aus, so wie der Kellner ihn begrüßte. Nach dessen Ansicht harmonierte Keplers Anzug wohl überhaupt nicht mit dem Abendkleid der Psychologin. Der Kellner hielt Kepler anscheinend für einen aus der Gosse, der irgendwie eine Klassefrau aufgerissen hatte, und bemitleidete die Psychologin, während er sie mit ausgesuchter Höflichkeit zum Tisch führte. Der Kellner hatte eine riesige Erfahrung und erkannte sofort, dass Kepler hier nicht hingehörte. Aber er war zu dumm, alle Aspekte seiner Erfahrung zu nutzen und handelte nur nach Mustern. Deswegen war seine Überheblichkeit kurzsichtig und durchschaubar. Wüsste er, dass Kepler reich war, würde er den Anzug von der Stange nachsichtig als eine Marotte abtun und ihm noch Komplimente machen. Der Mann beachtete so borniert nur das Offensichtliche und sprach dabei mit so deutlich zur Schau getragenem französischem Akzent, auf den er auch noch sehr stolz zu sein schien, dass an dieser Stelle Keplers Zugeständnisse an das Establishment abrupt endeten.
" Großes Pils", sagte er als erster, nachdem der Kellner sich nach den Trinkwünschen erkundigt hatte. "Bitte."
Seine Vorahnung erfüllte sich, der Kellner bedachte ihn mitleidig mit einem vernichtenden Blick, bevor er die Bestellung der Psychologin aufnahm. Über ihren Wunsch nach einem leichten Rosé war er entzückt.
Als er weg war, musterte Kepler die Psychologin. Sie war in Julias Alter, etwas fülliger, was ihr Kleid aber geschickt kaschierte. Sie bemerkte seinen Blick, er war offen genug. Kepler sah deutlich, dass ihr sein Blick gefallen hatte.
"Es ist ein Arbeitsessen, Herr Kepler", stellte sie dennoch umgehend klar.
"Klar", antwortete er. "Weil ich ein Unikat bin. "
"Richtig. Es gibt in diesem Teil der Welt nicht viele von Ihrer Sorte", bestätigte die Psychologin ungerührt. "Ich will an Ihnen meinen Horizont erweitern."
"Na, wenn wir schon so offen sind", Kepler hielt ihr über den Tisch die Hand hin , "ich heiße Dirk. Der Förmlichkeit halber können wir beim Sie bleiben."
"Es ist so einfacher, da haben Sie Recht", sagte die Frau, als sie seine Hand drückte, sie ließ sich das Zepter nicht aus der Hand nehmen. "Susan."
"Also, Susan, was fasziniert Sie an mir so?"
Die Psychologin wartete mit der Antwort, weil der Kellner angeschlichen war, um ihre Bestellung aufzunehmen. Susan bestellte Fisch, was ihr einen weiteren bewundernden Blick seitens des Kellners einbrachte, sowie eine blumig vorgetragene Anmerkung über die Exzellenz ihrer Wahl.
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