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Freiheit für Cyador

Titel: Freiheit für Cyador Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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nicht von Shynt. »Sag mir, Truppenführer Shynt, bist du stark genug, um die Wahrheit zu ertragen?«
    »Ja, Ser.« Shynts Stimme klingt nun fast trotzig.
    »Gut. Bevor du das vordere Arbeitszimmer verlässt, bevor du überhaupt irgendetwas anderes anfängst, wirst du alle Patrouillenberichte der letzten fünf Jahre lesen. Du wirst alle umgestürzten Bäume zusammenrechnen, die die Zweite Kompanie unter den jeweiligen Hauptmännern zu bewältigen hatte. Du wirst auch die Verwundeten und Gefallenen pro Jahr unter den jeweiligen Hauptmännern zusammenzählen. Du kannst Haupttruppenführer Kusyl jede nur erdenkliche Frage stellen, und ich empfehle dir, dies auch zu tun. Anschließend wirst du zurück in mein Arbeitszimmer kommen und mir berichten, was du festgestellt hast. Ist das klar?«
    »Ja, Ser.« Der Truppenführer scheint nun am Rande der Verwirrtheit zu stehen.
    »Gut.« Lorn steht auf. »Ich werde so lange hier bleiben, bis du mit allem fertig bist. Aber da wir beide nicht gern aufs Essen verzichten, würde ich vorschlagen, du machst dich gleich an die Arbeit.« Er bückt sich und hebt die unverschlossene kleine Truhe auf den Schreibtisch. »Du kannst auch alles andere hierin lesen, wenn du glaubst, dass es dir weiterhilft.«
    »Ja, Ser.«
    Sorgsam übernimmt Shynt die Truhe und Lorn öffnet ihm die Tür zum vorderen Arbeitszimmer. Als der Truppenführer draußen ist, schließt er sie wieder und kehrt zurück zu seinen Zeichnungen und Rechnungen, die er nun wieder auf dem Schreibtisch ausbreitet.
    Es ist schon spät am Nachmittag, als es an die Tür klopft. Lorn hat immer wieder Stimmen gehört, oft heftige Wortwechsel, wenn auch geflüstert. Offenbar hat jemand befürchtet, Lorn würde horchen.
    »Herein«, ruft Lorn und schiebt die Papiere mit den neuen Taktiken zur Seite, von denen er glaubt, sie gefunden zu haben.
    »Ser?« Shynt steht in der Tür mit der Truhe unterm Arm. »Darf ich die zurückbringen?«
    »Komm herein und schließ die Tür. Stell die Truhe dort auf den Boden.«
    Shynt stellt die Truhe vorsichtig ab und richtet sich wieder auf. »Ser … ich muss mich entschuldigen.«
    »Angenommen, ohne Vorbehalt. Jetzt setz dich und berichte mir, was du herausgefunden hast.« Lorn zeigt auf den Holzstuhl.
    »Ser …« Nachdem er Platz genommen hat, hebt Shynt ein Blatt Papier hoch. »Ich könnte Euch die Zahlen sagen, aber Ihr wisst sie bereits. Sonst hättet Ihr mir diese Aufgabe nicht gestellt. In Eurer ersten Jahreszeit waren es ein paar Gefallene mehr als bei den anderen Hauptmännern. Die Zweite Kompanie musste fast mit der vierfachen Anzahl von gestürzten Bäumen fertig werden. Ihr habt es auch weiterhin mit mehr umgefallenen Stämmen zu tun gehabt, aber in den vergangenen zwei Jahreszeiten konntet Ihr weniger Gefallene zählen als jeder andere Hauptmann in einem vergleichbaren Zeitraum.«
    Lorn nickt. »Verstehst du jetzt, warum ich dich diese Berichte lesen ließ?«
    »Ja, Ser.«
    »Hast du mit Kusyl gesprochen?«
    »Ja, Ser.«
    Lorn nickt.
    Shynt senkt den Blick, dann richtet er seine schwarzen Augen auf Lorn. »Ser … ich sollte eigentlich nicht fragen, aber …«
    »Aber du würdest dich wohler fühlen, wenn du wüsstest, wie und wo du hineingeraten bist?«
    »Ja, Ser.«
    »Das ist verständlich.« Lorn reibt sich am Kinn und lehnt sich zurück. »Ich bin mir nicht sicher, ob es eine einfache Antwort gibt. Ich werde es versuchen. Wenn die großen Bäume fallen, brechen sie ein Loch in die Sperrenmauer. Bei jedem Bruch warten die Bestien aus dem Verwunschenen Wald nur darauf, dass die Lanzenkämpfer kommen. Wir wissen nicht, warum das so ist, es steht auch nirgends geschrieben, aber es ist so. Je mehr Bäume fallen, desto mehr Angriffe auf die Lanzenkämpfer gibt es, und wenn die Lanzenkämpfer nicht vorsichtig und gut genug sind, entkommen diese Tiere und greifen Menschen und Herden jenseits des Ödlands an.« Lorn lächelt verkrampft. »Das ist nichts Neues. Aber … du weißt, dass es nicht sonderlich viele Chaos-Türme gibt, die unsere Feuerlanzen aufladen, und dass nicht alle Männer gute Lanzenkämpfer abgeben?«
    »Ja, Ser.«
    »Und du hast bestimmt auch gehört, dass die Zahl der barbarischen Angriffe im Norden jedes Jahr zunimmt.«
    Shynt nickt.
    »Wenn die Spiegellanzenkämpfer nicht mehr Lanzenkämpfer nach Norden schicken, wird der Kaiser bald nicht mehr in der Lage sein, das Volk vor den Barbaren zu schützen. Wenn immer mehr Lanzenkämpfer nach Norden versetzt werden, aber die

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