Freiheit schmeckt wie Traenen und Champagner - Mein wunderbares Leben gegen den Strom
wenn ich sie nicht im Rücken habe. Finanziell sowieso, aber auch - und vor allem! - emotional. Wie kann ich ihr nur die Angst nehmen?
»Schwesterherz, Liebes, es wird sich schon ein Türchen öffnen, glaubst du nicht?«
Sie atmet tief durch, sagt aber nichts. Ich versuche es weiter.
»Schau mal, du selbst hast neulich noch gesagt, dass es auch für dich eine wertvolle Erfahrung ist, deine volle Kompetenz unter Beweis stellen zu können als alleinige Chefin in Frankfurt.«
»Ja, ich habe aber auch gesagt, dass wir es nicht nötig haben, uns gegenseitig etwas beweisen zu wollen. Das wäre dumme Prinzipienreiterei.«
Aha, ich verstehe. Das ist in der Tat schon immer mein Ding gewesen. Doch auch ich habe hinzugelernt. Ich bin ein erwachsener Mensch geworden, wenn auch einer, der noch träumen kann. Aber es muss eine Grenze geben.
»Also, ich schlafe noch einmal über alles und mache dir dann morgen einen Vorschlag. Am besten, wir vereinbaren eine Deadline, bis zu der ich es weiter probiere. Wenn es bis dahin nicht klappt, bin ich zu allem bereit. Auch dazu, meine Zelte hier wieder abzubrechen.«
»Einverstanden.«
Das erste Jahr München war der ultimative Härtetest. Was in Frankfurt selbstverständlich war, gab es hier einfach nicht. Für mich nicht. Ich kam mir vor, als stünde ich vor einem Schaufenster, in dem lauter schöne Sachen drin sind, und ich drücke mir die Nase an der Scheibe platt. Nichts davon erreichbar.
Dass ich zunächst allein sein würde, darauf hatte ich mich eingestellt. Ich wollte es sogar. Vor allem musste ich
mir endlich einmal beweisen, dass ich auch ohne meine Schwester klarkommen würde. Das ging nicht gegen sie persönlich - o nein. Es ging dabei um mich. Nur um mich. Ich wollte mir selbst demonstrieren, dass es ging. Aber das kann wohl nur nachvollziehen, wer selbst Zwilling ist.
Doch gerade jetzt, in dieser Stadt mit ihren wundervollen Möglichkeiten, die mir allesamt so nah und doch so fern erschienen, hätte ich niemanden anders so sehr gebraucht wie meine Schwester. Aber es half nichts, ich musste da durch! Ganz allein.
Was tun?
Es gab für mich im Grunde nur eine Chance: Leidenschaft zeigen. Wann ist ein Mensch am stärksten? Wann ist er voll und ganz in der Kraft, die ihm gegeben ist? Wie schafft er es, sich auch über die größten Hindernisse hinwegzusetzen? Wenn er leidenschaftlich ist. Nur wer mit Leidenschaft kämpft, kann zum Sieger werden.
Doch da gab es noch etwas anderes. Ich hätte nichts aus den Irrungen und Wirrungen meines Lebens gelernt, wenn ich jetzt mit blinder Leidenschaft gekämpft hätte. Wer sich den Dickschädel so oft angeschlagen hat wie ich, der begreift schließlich, dass es besser ist, eine Niederlage einzugestehen, als blindwütig weiterzukämpfen. Es fällt jemandem wie mir äußerst schwer, aber man muss dann auch zugeben können, gescheitert zu sein. Sich und anderen eingestehen können, dass man unterlegen ist. Das ist der Sieg über sich selbst, größer noch als alle anderen Siege.
Eine letzte Chance hatte ich doch wohl noch verdient, auch wenn meine Schwester das damit verbundene Risiko erneut mittragen musste. Das war Teil unseres Deals. Und
ich würde mit aller Leidenschaft für meinen Sieg kämpfen. Entweder München wird mir eines Tages zu Füßen liegen - oder ich packe meine Siebensachen und verschwinde still und leise wieder in mein angestammtes Revier!
Ich dachte mir einen Zwei-Stufen-Plan aus, um meine geschäftliche Misere zu beenden: eine konventionelle und eine unkonventionelle Stufe.
Als einigermaßen erfahrene Selfmade-Unternehmerin weiß ich natürlich, welche Register man zuallererst ziehen muss, um ein Geschäft flottzumachen. Es gibt da ein Pflichtprogramm, ohne das man einfach nicht auskommt. Auch wenn es nicht sonderlich kreativ erscheint, ist es doch unverzichtbar. In meinem Metier bedeutet das zweierlei: erstens Geld und zweitens ein unbesiegbares Lächeln im Gesicht. Soweit die konventionelle Stufe meines Plans.
Nun zur unkonventionellen Stufe, sozusagen die Kür im Wettkampf mit allen Widrigkeiten. Diese Stufe muss bereits parallel zum Pflichtprogramm gezündet werden, sonst bleibt die Erfolgsrakete gleich am Boden. Die Sache klingt einfach, ist aber recht anspruchsvoll: Im eigenen Interesse sollte man sein Pflichtprogramm nicht einfach nur klaglos abspulen. Nein, man sollte es mit großer und echter Freude erfüllen. Man muss es hinbekommen, den bevorstehenden Erfolg, und sei er noch so
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