Freiheit statt Kapitalismus
Fehlentwicklungen
Nach der gängigen Definition werden unter kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) Firmen mit maximal 250 Beschäftigten beziehungsweise höchstens 50 Millionen Euro Umsatz verstanden. In der Bundesrepublik fallen darunter 99,8 Prozent aller Unternehmen, insgesamt über drei Millionen. Bei ihnen arbeiten 65,8 Prozent aller Beschäftigten, allerdings erwirtschaften sie nur etwa ein Drittel aller Umsätze. Diese Unternehmen müssen sich in der Regel auf offenen Märkten im harten Wettbewerb behaupten.
Zwei Drittel der Umsätze in Deutschland entfallen demgegenüber auf 8500 Großunternehmen. Werden diese durch Abgleich der Eigentümer konsolidiert, bleiben rund 3500 unabhängige Großunternehmen übrig. 190 Ein reichliches Drittel davon sind Familienunternehmen, stehen also unter der Kontrolle einzelner Familienclans. Vor allem die Top 100 unter ihnen sind Träger von Macht.
Im Kapitel über die »ausgezehrte Welt-AG« wurden die absurden Prioritätensetzungen des Managements vor allem der großen börsennotierten Gesellschaften durchleuchtet. Die Erhöhung der Kapitalrendite ist in vielen zum letzten Entscheidungskriterium geworden und steht höher als Kundennutzen oder Produktqualität. Prekäre Arbeitsplätze, extremer Druck, Entlassungen und Dumpinglöhne zerstören die Motivation und die Leistungsfähigkeit der Beschäftigten. Hohe Ausschüttungen zehren an der Unternehmenssubstanz und minimieren die für Investitionen, Innovation sowie Forschung und Entwicklung zur Verfügung stehenden Mittel.
Es ist genau das eingetreten, wovor Walter Eucken und andere Ordoliberale eindringlich gewarnt haben: Markt und Wettbewerb disziplinieren die Konzerne nicht mehr, dafür ist die Macht weniger Anbieter auf den von ihnen beherrschten Märkten viel zu groß geworden.
Diese Macht erlaubt die ungestrafte Durchsetzung ihrer antiproduktiven Strategien und die Weitergabe des Drucks an ihre Zulieferer. Auf solchen Märkten werden Eigennutz und Profittrieb nicht mehr, wie Adam Smith hoffte, von unsichtbarer Hand zum Vorteil der Allgemeinheit gelenkt. Dank ihrer Fähigkeit, die wichtigsten Variablen des wirtschaftlichen Lebens wie Investitionen und Arbeitsplätze nach Belieben zu steuern, halten die Global Player vielmehr die Allgemeinheit in Geiselhaft. Sie sind es, die der Politik den Rahmen diktieren, nicht umgekehrt. Ergebnis sind die volkswirtschaftlichen Fehlentwicklungen, die wir heute erleben.
Gewinnminimum statt Gewinnmaximum
Für den konservativen Managementtheoretiker Fredmund Malik ist es der »wirkliche Zweck« eines Unternehmens, »durch seine Marktleistung zufriedene Kunden zu schaffen«. 191 Entgegen den herrschenden Shareholder-Value-Philosophien ist Malik überzeugt: »Gewinn als oberstes Ziel zerstört die Ertragskraft eines Unternehmens und führt zwangsläufig zu seinem Ruin.« 192 Denn die eigentlichen Ursachen für gute Unternehmensergebnisse seien »Innovation, Marketing und Produktivität«. An diesen sollte man sich orientieren, lange bevor Gewinn überhaupt ermittelt werden kann. Malik weiter: »Gewinn darf … niemals das oberste Ziel der Unternehmensführung sein. Gewinn muss verstanden werden als der wichtigste
Maßstab
dafür, wie
gut
ein Unternehmen seinen wirklichen Zweck erfüllt.« Wobei der Gewinn diese Leistung natürlich nur bei funktionierendem Wettbewerb und auf offenen Märkten misst. Die für Malik entscheidende Frage ist in jedem Fall nicht die nach dem Gewinnmaximum, sondern nach dem Gewinnminimum: »Welches Minimum an Gewinn benötigt das Unternehmen, um auch morgen noch im Geschäft zu sein?« 193
»Echte Unternehmer«, schreibt Malik, maximieren »die wohlstandsproduzierende Kapazität des Unternehmens durch die bestmögliche Erbringung ihrer Marktleistung für den Kunden. … Sie maximieren ihre Marktstellung und nicht ihr Wachstum. Sie maximieren den Kundennutzen und nicht die Eigenkapitalrendite. Sie maximieren ihre Innovationskraft und nicht den Gewinn.« 194
Wer bestimmt, nach welchen Kriterien ein Unternehmen geführt wird? In letzter Konsequenz der Eigentümer. Die entscheidende Frage ist daher: Begünstigen die heutigen Eigentumsverhältnisse ein Wirtschaften, das sich an den von Malik aufgeführten Kriterien orientiert, oder erschweren sie es, machen es vielleicht sogar unmöglich?
Eigentum und Managementphilosophie: Spielräume für vernünftiges Wirtschaften
Es wurde gezeigt, dass die an kurzfristiger Rendite orientierte
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