Freiheit statt Kapitalismus
betreffenden Ministerium unterstellten Staatsbetrieben, bei denen auch Preis- und Personalpolitik politisch gesteuert werden.
Die pauschale Legende vom »Staat als schlechtem Unternehmer« oder vom Staatsunternehmen als politisch dirigierter Quasibehörde wird durch die historischen Erfahrungen nicht bestätigt. Diese zeigen vielmehr, dass es entscheidend auf die konkrete Ausgestaltung des öffentlichen Eigentums und der jeweiligen Anreizsysteme ankommt.
6. Unternehmer ohne Ancien Régime – Grundrisse einer neuen Eigentumsordnung
»Der Mann, der reich stirbt, stirbt in Schande.«
Andrew Carnegie, Industrieller und Stahl-Tycoon
»Die Idee dynastischer Vermögen finde ich abschreckend.
Wenn man über Chancengleichheit redet und darüber,
dass jeder Mensch mit Talent eine faire Möglichkeit
haben soll, nach oben zu gelangen, dann ist das Weiterschieben
riesiger Vermögen und machtvoller Gesellschaftspositionen
von den Eltern an ihre Kinder geradezu
unamerikanisch.« 187
Warren Buffett, Milliardär
Was ist der Sinn und Zweck einer Volkswirtschaft? Offensichtlich nicht, die Menschen ärmer zu machen, sondern, sie reicher zu machen. Eine wirtschaftliche Ordnung, in der die Unternehmen nicht der Gesellschaft dienen, sondern sie sich unterwerfen, eine Ordnung, die zur Folge hat, dass der Wohlstand der Mehrheit der Bevölkerung sinkt statt steigt, die vorhandene Kapazitäten ungenutzt lässt und Millionen Menschen davon abhält, ihre Qualifikationen und Fähigkeiten überhaupt einzubringen, eine solche wirtschaftliche Ordnung erfüllt ihre wichtigste Aufgabe nicht mehr. Wenn diese Ordnung dann noch die natürlichen Lebensgrundlagen der menschlichen Existenz gnadenlos wie einUhrwerk Takt um Takt zerstört, hat sie die Schwelle vom Gemeinnutz zur Gemeingefährlichkeit eindeutig überschritten.
Weder Globalisierung noch Demographie senken zwangsläufig den Wohlstand
Objektive Gründe für ein sinkendes Wohlstandsniveau gibt es nicht. Die sogenannte Globalisierung führt zur Entstehung neuer Produktionskapazitäten in den Schwellen- und Entwicklungsländern. Es gibt an sich keinen Grund, warum das mit einer Zerstörung von Arbeitsplätzen und einer Verarmung von immer mehr Menschen in den alten Industriestaaten einhergehen muss. Reinhard Marx, der Erzbischof von München und Freising, fasst es so zusammen:
»Die Globalisierung ist kein naturgegebener Prozess, dem wir uns anpassen. Es ist umgekehrt. Wir müssen die Globalisierung so gestalten, dass sie dem Menschen und seinen langfristigen Zielen angepasst ist.« 188
Für die Globalisierung unter der Ägide der großen Konzerne und Renditejäger gilt das offensichtlich nicht, weil sie die Lebensverhältnisse der großen Mehrheit der Menschen verschlechtert.
Auch die steigende Lebenserwartung ist keine Ursache zunehmender Armut, weil, wie wir gesehen haben, die Produktivität der Arbeit auf absehbare Zeit sehr viel schneller wächst als der Anteil der Senioren an der Gesamtbevölkerung. Und der ökologische Wandel verlangt zwar nach veränderten Technologien und nach einer auf erneuerbaren Ressourcen statt auf Verschleiß und Giftabfällen basierenden Produktion. Aber auch das muss den Lebensstandard nicht senken, sondern verlangt lediglich, ihn auf eine neue Grundlage zu stellen. Bisher wird der überfällige Wandel ohnehin nicht in Angriff genommen, schon aus diesem Grund entfällt er als Ursache sinkenden Wohlstands.
Es liegt also nicht an den Technologien, nicht an der Internationalisierung von Produktionsstrukturen und auch nicht an den natürlichen oder demographischen Rahmenbedingungen. Es liegt an der Art und Weise, wie die Erstellung von Gütern und Diensten in der heutigen Wirtschaftsordnung organisiert wird, an den Kriterien, die die wirtschaftlichen Entscheidungen leiten, und an den Zielstellungen,denen sie untergeordnet sind. Wer heute noch sagt: »Privates Eigentum und privatwirtschaftliche, durch Markt und Wettbewerb gesteuerte unternehmerische Tätigkeit gewährleisten am besten den effizienten Umgang mit unseren knappen Ressourcen und die Anpassung an eine sich wandelnde Umwelt,« 189 der ist blind oder ein Wirtschaftslobbyist. Über eine längere historische Zeitspanne gab es Gründe, die zitierte Aussage für wahr zu halten. Sie gilt für eng begrenzte Teilbereiche der Wirtschaft auch heute noch. Aber je größer das betreffende Unternehmen ist, desto weniger trifft sie zu.
Großunternehmen als Träger der
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