Freiheit statt Kapitalismus
nötig, weil die Commerzbank die Übernahme der Dresdner sonst nicht hätte stemmen können. Die amerikanische Notenbank Fed hat die Übernahme der Investmentbanken durch die großen Finanzkonzerne nicht nur orchestriert, sondern durch Risikobeteiligungen auch finanziert. So bekam J. P. Morgan die Investmentbank Bear Sterns fast geschenkt und hatte damit genügend Mittel frei, mit Washington Mutual auch noch die größte US-Sparkasse zu schlucken. Die Bank of America, die selbst dem US-Steuerzahler mit Milliarden auf der Tasche lag, kaufte sich Merrill Lynch dazu. Bei allen Deals hatte die Fed ihre Finger im Spiel.
Die Regeln, die den noch größer und mächtiger gewordenen Akteuren gesetzt werden, sind so lasch wie eh und je. Die Korrekturen, die im Rahmen des neuen Regelsystems, Basel III genannt, eingeführt werden, sind minimal und die Banken haben bis 2018 Zeit, sie zu erfüllen. Dass die Bankaktien einen Jubelsprung nach oben machten, als die neuen Regeln veröffentlicht wurden, war daher nicht erstaunlich. Die
Financial Times Deutschland
titelte: »Basel III aus Sandstein gebaut« 49 und zitierte renommierte Ökonomen, die sich beklagen, dass das Regelwerk die Welt kein bisschen sicherer mache. Auch die Reformideen, die Obama unter Beratung des ehemaligen Chefs der Fed Paul Volcker vorgelegt hatte, wurden von der Finanzlobby windelweich gespült. Die ursprünglich geplante Wiedereinführung der Trennung zwischen Geschäfts- und Investmentbanken wäre tatsächlich ein sinnvoller Schritt gewesen. Übrig geblieben ist davon allerdings nur eine »Waschlappen-Reform«, 50 die dank ihrer Lücken und Klauseln fast nichts ändern wird. Der Stern-Kolumnist Hans-Ulrich Jörges bringt es auf den Punkt: »Die Geschichte der größten Finanzkrise seit 80 Jahren ist eine Geschichte gescheiterter Versuche der Politik, gegen diese Märkte,gegen diese Akteure zu regieren … oder sie auch nur an der Finanzierung der verheerenden Schäden zu beteiligen. … Wir sind Zeitgenossen einer historischen Erpressung.« 51
Was tatsächlich getan werden müsste, um wieder zu einem Banken- und Finanzsystem zu kommen, das seine Aufgaben erfüllt, werden wir in dem Kapitel über »Öffentliche Banken als Diener der Realwirtschaft« ausführlich darstellen.
Markt ohne Haftung
Auf freiwilliges Einlenken der Banker jedenfalls kann selbst der naivste Beobachter nicht hoffen. Wem eine Geldmaschine geschenkt wird, der druckt eben Geld. Zumal dann, wenn er sich persönlich vor nichts zu fürchten hat. Denn dem Finanzmarkt fehlt noch ein weiteres wichtiges Prinzip, das eine Voraussetzung für das Funktionieren von Märkten ist: das Prinzip der Haftung. Märkte sollen, so die Theorie, volkswirtschaftlich sinnvolles Verhalten belohnen und den bestrafen, der die falschen Produkte oder die falschen Mengen hergestellt hat.
Wer ständig Erzeugnisse auf einen Markt kippt, die sich als giftig, gefährlich oder im besten Fall einfach nur als nutzlos erweisen, sollte – in der Theorie – durch horrende Verluste dazu gezwungen werden, seine Geschäftsidee zu überdenken. Die Investmentbanker haben keinen Grund, ihre Geschäftsidee zu überdenken. Ebenso wenig wie viele Hedge-Fonds-Manager oder andere Finanzhaie, die an dem großen Gewinnspiel bis 2008 beteiligt waren. Die meisten von ihnen hat die Herstellung von giftigen, gefährlichen oder bestenfalls volkswirtschaftlich nutzlosen Produkten zu Multimillionären oder Milliardären gemacht. Und den größten Teil dieser Millionen oder Milliarden haben sie bis heute.
Ein CDO-Manager etwa, der den Investmentbankern die toxischen Papiere abnahm und sie verwaltete, verdiente um die 26 Millionen Dollar pro Jahr. Als viele CDOs 2007/2008 bankrottgingen, verloren auch deren Manager ihren Job. Das Bitterste, was ihnen passieren konnte, war, dass sie keinen neuen fanden und fortan von ihrem Millionenvermögen leben mussten. Das Geld der Anleger der CDOs hingegen, oft auch Rentengelder der Pensionsfonds, war verbrannt. Auch mancherBankboss wurde gefeuert und mit öffentlicher Häme bedacht. Aber mit 100 Millionen auf dem Konto hält man solche Schicksalsschläge aus.
Fazit
Die großen Finanzhäuser haben sich zu Wettbuden gewandelt, deren Geschäftsmodell überwiegend aus Tätigkeiten besteht, die keinerlei realwirtschaftlichen Nutzwert haben. Im Rahmen des Investmentbankings, der größten und gewinnträchtigsten Abteilung dieser Banken, werden nicht Investitionen finanziert, sondern Finanzwetten und
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