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Freiheit statt Kapitalismus

Freiheit statt Kapitalismus

Titel: Freiheit statt Kapitalismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sahra Wagenknecht
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Großeinkäufer auf, die sich immer neue Papiere ins Depot packen, um die eingehenden Rentengelder renditeträchtig zu investieren. Die deutschen Riester-Fonds sind zwar kleiner, aber auch sie verkörpern wachsenden Hunger auf Finanzpapiere.
    Die Umverteilung der Einkommen und die Rentenprivatisierung erklären die Herkunft des Geldes, das die billionenschwere Kreditflut finanziert hat und weiterfinanziert, aber nur zum Teil. Um die historisch beispiellose Explosion des Kreditvolumens in den zurückliegenden zehn, fünfzehn Jahren wirklich zu verstehen, muss man sichanschauen, wie Kreditgeld im modernen Finanzsystem entsteht und wie sich dieser Mechanismus im Zuge der Deregulierung und Globalisierung der Finanzmärkte verändert hat.
    In meinem Buch
Wahnsinn mit Methode. Finanzcrash und Weltwirtschaft
habe ich ausführlich dargestellt, wie die Regierungen den großen Finanzinstituten durch Abbau von nationalen wie internationalen Regeln die faktische Lizenz zum unbegrenzten Gelddrucken in die Hand gegeben haben. An dieser Stelle soll der Mechanismus nur kurz umrissen werden. Wer nicht in die Finessen der modernen Geldschöpfung eindringen möchte, kann dieses Kapitel auch ohne Verständnisverlust für den Rest des Buches überblättern und direkt in Kapitel 3 weiterlesen.
    Geld aus dem Nichts
    Wie entsteht heute Geld? Im Grunde aus dem Nichts, einfach dadurch, dass eine Bank einem Kunden Kredit gewährt. Dieser Kunde kann ein Unternehmer sein, der investieren möchte, ein Häuslebauer, der eine Hypothek aufnimmt, oder ein Hedge-Fonds, der seine Geschäfte mit Kreditgeld hebeln möchte. Der Kredit steht auf der Aktivseite der Bilanz einer Bank. Auf der Passivseite stehen unter anderem die Spareinlagen. In dem Augenblick, in dem die Bank einen Kredit vergibt, schafft sie zeitgleich eine Einlage auf der Passivseite, nämlich auf dem Girokonto des Kreditnehmers. Damit ist die Bilanz wieder ausgeglichen. Die Bank braucht also keine zusätzlichen Ersparnisse zur Kreditvergabe, sondern durch die Kreditvergabe schafft sie »Ersparnis«. Zumindest kurzfristig.
    Natürlich will der Kreditnehmer das Geld in der Regel nicht sparen, sondern irgendetwas damit bezahlen, beispielsweise eine neue Maschine. Hat der Maschinenbauer sein Konto bei einer anderen Bank, muss die kreditgebende Bank den Saldo ausgleichen, braucht also Liquidität. Dafür kann sie einen Kredit am Interbankenmarkt aufnehmen, etwa bei jener Bank, bei der die Einnahme des Maschinenbauers eingeht und die also gerade Geld überschüssig hat. Mit einem solchen Interbankenkredit wäre die Bilanz der ersten Bank ebenfalls wieder ausgeglichen und der nächste Kredit kann vergeben werden. Jede Bank kann sich zusätzlich auch bei der Zentralbank Geld leihen und dieses Geld zur Kreditvergabe verwenden. Sie muss dafür Wertpapiere miteinem gewissen Rating bei der Zentralbank hinterlegen, auf die sie als Sicherheit dann Zentralbankgeld erhält. Derzeit funktioniert das in Europa wie in den USA zu Zinsen nahe null, die Banken bekommen das Geld von den Zentralbanken also fast geschenkt.
     
    Oft wird der Eindruck erweckt, die niedrigen Zinsen der Zentralbanken seien schuld an der Kreditexplosion. Aber das stimmt nicht, auch wenn niedrige Zinsen wachsende Verschuldung natürlich begünstigen und dazu beitragen, dass die Kreditpyramiden nicht so schnell zusammenbrechen. Wichtiger ist: Das globale Finanzsystem ist nach Jahrzehnten der Deregulierung heute so beschaffen, dass es sogar ohne Rückgriff auf zusätzliches Zentralbankgeld immer neues Kreditgeld schaffen kann – theoretisch unendlich viel davon.
     
    Zur Veranschaulichung kann man sich die internationale Bankenwelt wie ein System kommunizierender Röhren vorstellen, in denen eine gewisse Menge Wasser zirkuliert. Dieses Wasser ist die verfügbare Liquidität: Geld, mit dem man aktuell etwas bezahlen kann. Jedes Mal wenn Liquidität von einer Röhre in eine andere fließt, entsteht eine neuer Kredit. Das Wasser, die Liquidität, wird durch die Kreditvergabe aber nicht weniger, sondern zirkuliert weiter. Je schneller es von einer Röhre zur nächsten fließt, desto mehr Kredite entstehen in einer bestimmten Zeit.
    Die Zentralbanken sind die einzigen, die das System mit zusätzlichem Wasser von außen versorgen können. Sie werden vor allem gebraucht, wenn es irgendwo stockt, die Banken sich also nicht mehr vertrauen, wie das seit 2007 immer wieder der Fall war. Aber wenn die Liquidität ungestört zirkuliert, kann

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