Fremd fischen
Einzelheiten über unsere Freundschaft. Sogar die Sache mit Notre Dame streut er ein. Ich beantworte alle direkten Fragen, aber ansonsten höre ich zu, wie die drei über mein Elend diskutieren, als wäre ich gar nicht anwesend. Es ist amüsant zu hören, wie Martin und Phoebe mit ihrem englischen Akzent Dex’ und Darcys Namen benutzen und die beiden analysieren – Leute, die sie nie gesehen haben und wahrscheinlich auch niemals sehen werden. Irgendwie rückt es die Dinge in eine Perspektive. Beinahe.
« Mit dem willst du sowieso nicht zusammen sein», meint Phoebe.
« Das sag ich ihr auch.»Ethan nickt.
Martin gibt zu bedenken, dass Dex die Hochzeit ja immer noch absagen könnte.
« Nein», sage ich.«Am Abend vor meiner Abreise hat er mich besucht und mir unmissverständlich gesagt, dass er heiraten wird.»
« Wenigstens das hat er getan», sagt Martin.
« Ja, immerhin», sage ich und denke, dass das richtig war. Sonst wäre ich voller Hoffnung auf diese Reise gegangen. Ich muss ihm wenigstens zugute halten, dass er es mir von Angesicht zu Angesicht gesagt hat.
Plötzlich hat Phoebe eine fabelhafte Idee. Ihr Freund James ist gerade solo, und er steht auf Amerikanerinnen. Warum sollte man da nicht was arrangieren und schauen, was passiert?
« Sie wohnt in New York», sagt Martin.«Erinnerst du dich?»
« Na und? Das ist nur ein kleines logistisches Problem. Sie könnte umziehen. Er könnte umziehen. Und zumindest werden sie sich beide ein bisschen amüsieren. Und vielleicht ordentlich vögeln.»
« Nicht jeder betrachtet Vögeln als Therapie», sagt Martin.
Phoebe zieht eine Braue hoch. Ich wünschte, ich könnte auch eine Braue hochziehen. Es gibt Gelegenheiten, da ist das eine unglaublich angemessene Geste.« Ach wirklich? Vielleicht solltest du es mal ausprobieren, Marty.»Sie sieht mich an und wartet auf meine Ansicht zu diesem Thema.
« Ordentlich vögeln kann nie schaden», sage ich, um Phoebes Gunst zu gewinnen.
Sie fährt sich mit den Händen durch das wirre Haar und macht ein selbstgefälliges Gesicht.«Genau meine Meinung.»
« Was hast du vor?», fragt Ethan, als Phoebe ihr Handy aus der Handtasche fischt.
« Ich rufe James an.»
« Verflucht nochmal, Phoebe! Leg das Handy weg», sagt Marty.«Sei doch ein bisschen taktvoll.»
« Nein, ist schon okay», sage ich und bezwinge mein prüdes Naturell.«Ruf ihn ruhig an.»
Phoebe strahlt.«Jawohl! Ihr Jungs haltet euch da raus.»
Und so sitze ich am nächsten Abend dank Phoebe in einem thailändischen Restaurant und habe ein Blind Date mit James Hathaway. James ist dreißig und freier Journalist. Er sieht gut aus, aber er ist das Gegenteil von Dexter – eher klein, mit blauen Augen, hellem Haar und noch helleren Augenbrauen. Irgendwie erinnert er mich an Hugh Grant. Erst denke ich, das liegt nur am Akzent, aber dann wird mir klar, dass er den gleichen flapsigen Charme wie Hugh hat. Und ich wette, dass er wie Hugh schon mit tausend Frauen geschlafen hat. Vielleicht sollte ich ihm erlauben, mich auf seine Liste zu setzen.
Ich nicke und lache über etwas, was James eben gesagt hat – irgendeine trockene Bemerkung über das Paar am Nebentisch. Er ist komisch. Mir kommt plötzlich der Gedanke, dass Dex vielleicht nicht sonderlich komisch ist. Natürlich war ich immer der Ansicht, wenn ich laut lachen will, kann ich mir eine Seinfeld -Wiederholung anschauen und brauche deshalb nicht mit einem Komiker auszugehen, aber jetzt ziehe ich in Betracht, diese Position zu revidieren. Vielleicht will ich doch einen komischen Mann. Vielleicht fehlt Dex irgendein entscheidendes Element. Ich versuche den Gedanken weiterzuspinnen und ihn mir als humorlos,
ja, langweilig vorzustellen. Es klappt nicht so recht. So leicht kann man sich nicht austricksen. Dex ist komisch genug. Er ist wie geschaffen für mich. Abgesehen von der lästigen Kleinigkeit, dass er Darcy heiratet.
Ich merke, dass ich nicht mehr mitbekommen habe, wovon James geredet hat – es geht wohl um Madonna.« Magst du sie?», fragt er.
« Nicht besonders», sage ich.«Sie ist okay.»
« Oftmals ruft Madonna eine stärkere Reaktion hervor. Meistens wird sie entweder gehasst oder geliebt … Kennst du das Spiel ‹Lieben oder hassen›?»
« Nein. Wie geht es?»
James erklärt mir die Spielregeln. Man nennt irgendein Thema, sagt er, eine Person oder sonst etwas, und dann müssen beide entscheiden, ob sie ihn, sie oder es lieben oder hassen. Neutralität ist nicht erlaubt. Aber was ist,
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