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Fremd fischen

Fremd fischen

Titel: Fremd fischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
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schließlich bist du ja eine Touristin, nicht?»
    Mir fällt allmählich auf, dass die Briten jede Äußerung mit einem kleinen Fragezeichen beenden und eine Bestätigung haben wollen.
    Ich verweigere mich nicht.«Ich bin eine Touristin, ja.»
    Dann sage ich ihm, dass Leeds Castle sich wunderbar anhört. Weil es wirklich nett klingt. Und weil alles, was ich tue, jeder, den ich hier kennen lerne, mehr Distanz zwischen Dex und mich bringt. Die Zeit heilt alle Wunden, besonders wenn du diese Zeit mit einer Menge Zeug voll packst.
    « Frag Ethan, was er davon hält. Und dann ruf mich an.»Er schreibt seine Telefonnummer auf die Rückseite eines Kaugummipapierchens, das ich in meiner Handtasche finde.«Ich bin zu Hause.»
    Ich danke ihm für einen netten Abend. Er küsst mich nochmal und legt mir dabei die Hand in den Nacken.
    « Gleich nach einer großen Trennung mit jemand Neuem knutschen. Liebst du oder hasst du das?»
    Ich lache.«Ich liebe es.»
    James grinst.«Ich auch.»
    Ich schließe Ethans Haustür auf und frage mich, ob James auch gelogen hat.

    Am nächsten Morgen kommt Ethan mit verquollenen Augen in die Küche gestolpert, als ich mir gerade ein Glas Orangensaft ohne Fruchtfleisch eingieße.
    « Na? Verliebt in James?»
    « Rasend.»
    Er kratzt sich am Kopf.«Im Ernst?»

    « Nein. Aber es hat Spaß gemacht.»
    Ich merke, dass ich mich nicht mal genau erinnern kann, wie James aussieht. Stattdessen erscheint immer wieder ein Typ aus dem Einkommensteuerseminar an der Uni vor meinem inneren Auge.
    « Er will sich heute mit uns treffen und zu irgendeinem Schloss oder einer Burg fahren.»
    « Hmmm. Ein Schloss oder eine Burg in England. Da gibt’s ja nicht so viele Möglichkeiten.»
    « Leeds oder so was?»
    Ethan nickt.«Ja, Leeds Castle ist ganz nett. Hast du Lust dazu?»
    « Ich weiß nicht. Warum nicht?»
    Es kommt mir zwar so vor, als sei es eine Zeitverschwendung und ein ziemlicher Aufwand, noch mehr Konversation mit James zu treiben, aber ich rufe ihn trotzdem an, und schließlich fahren wir alle zusammen für den Tag nach Leeds Castle, auch Phoebe und Martin. Anscheinend können Ethans Freunde allesamt arbeiten, wann sie wollen, denn keiner von ihnen muss zweimal darüber nachdenken, ob er sich an einem beliebigen Mittwoch freinehmen kann. Das ist doch sehr anders als mein Leben zu Hause in New York, wo Les mir nachsetzt – sogar am Wochenende.
    Es ist ein warmer Tag, nach Londoner Maßstäben beinahe heiß. Wir stromern durch die Burg und das Gelände ringsum und machen ein Picknick auf der Wiese. Irgendwann fragt Phoebe so laut, dass jeder es hören kann, ob ich in James verschossen bin. Ich schaue James an, der Phoebe einen Blick zuwirft und die Augen verdreht. Ich lächele und sage ihr nicht weniger lautstark, er ist ganz nett, und wenn er doch nur in New York wohnte. Was schadet es, wenn ich ihm ein Kompliment mache, denke ich mir. Wenn er mich wirklich
gern hat, wird es ihn glücklich machen. Und wenn nicht, wird er sich wegen der Entfernung sicher fühlen.
    « Warum ziehst du dann nicht nach London?», fragt sie.«Ethan sagt, du hast die Nase gestrichen voll von deinem Job. Warum ziehst du nicht hierher und suchst dir was? Das wäre doch ein netter Tapetenwechsel, oder?»
    Ich lache und sage, dass das nicht geht. Aber da wir gerade an einem friedlichen See sitzen und dieses Märchenschloss in der englischen Landschaft betrachten, wird mir allmählich klar, dass ich tatsächlich genau das tun könnte. Wenn man gewürfelt – und verloren – hat, ist es vielleicht eine gute Idee, die Würfel aufzunehmen und nochmal zu werfen. Ich male mir aus, wie ich Les mein Kündigungsschreiben überreiche. Das wäre eine unglaubliche Genugtuung. Und ich müsste mich nicht damit abfinden, Dex und Darcy regelmäßig zu sehen. Ich frage mich, wie ein guter Therapeut diesen Schachzug charakterisieren würde – als Weglaufen oder als gesunden Neubeginn.

    An meinem letzten Abend in London sitzen Ethan und ich wieder in seinem Pub, der mir allmählich auch schon vorkommt wie mein Stammlokal. Ich frage ihn, was er von der Idee hält, dass ich nach London ziehe. Innerhalb einer Viertelstunde hat er mich vollständig in seiner Nachbarschaft untergebracht. Er weiß eine Wohnung, einen Job und mehrere Männer – falls James nicht ideal ist –, die allesamt ebenmäßige, weiße Zähne haben (ich habe eine Bemerkung über die schlechten Zähne der Briten gemacht). Mach’s, sagt er. Mach’s einfach. Wie er es sagt,

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