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Fremd fischen

Fremd fischen

Titel: Fremd fischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
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was du wissen willst … »
    « Hast du ein schlechtes Gewissen?»
    « Natürlich hab ich ein schlechtes Gewissen. Du etwa nicht?»Ich schaue aus dem Fenster auf die Lichter von Manhattan und hinüber zu seinem Büro downtown.
    « Ja, schon», sagt er aufrichtig.«Selbstverständlich. Es hätte nicht passieren dürfen. Keine Frage. Es war falsch … Und ich möchte nicht, dass du glaubst, so was ist üblich bei mir. Ich habe Darcy noch nie betrogen. Noch nie … Das glaubst du mir doch, oder?»

    Ich sage, dass ich es ihm natürlich glaube. Ich möchte ihm glauben.
    Wieder Schweigen.
    « Ja. Es war wirklich das erste Mal für mich», sagt er dann.
    Und noch mehr Schweigen. Ich sehe ihn vor mir, die Füße auf dem Schreibtisch, den Kragenknopf offen, die Krawatte über die Schulter geworfen. Er sieht gut aus im Anzug. Na ja, er sieht in allem gut aus. Und in gar nichts auch.
    « M-hm», sage ich, und ich umklammere den Hörer so fest, dass mir die Finger wehtun. Ich wechsle die Hände und wische mir die schweißfeuchte Handfläche am Rock ab.
    « Und ich fühl mich so mies, weil du seit Ewigkeiten mit Darcy befreundet bist, und jetzt ist diese Sache zwischen uns passiert … Das bringt dich wirklich in eine grässliche Lage.»Er räuspert sich und fährt fort.« Aber andererseits … ich weiß nicht … »
    « Was weißt du nicht?», frage ich wider besseres Wissen, statt das Gespräch zu beenden, den Hörer aufzulegen und dem Fluchtinstinkt zu gehorchen, der mir immer gute Dienste geleistet hat.
    « Ich weiß nicht. Ich hab einfach … na ja, in gewisser Hinsicht … also, objektiv gesehen weiß ich, dass es ganz falsch war, was ich da getan hab. Aber ich fühle mich einfach nicht schuldig. Ist das nicht schrecklich …? Denkst du jetzt schlecht von mir?»
    Ich habe keine Ahnung, was ich darauf antworten soll. Ja klingt gemein und verdammend. Nein könnte eine Schleuse öffnen. Ich halte mich an den sicheren Mittelweg.«Ich habe keinen Anlass, irgendjemanden zu verurteilen, oder? Ich war ja auch dabei … ich hab’s auch getan.»

    « Ich weiß, Rachel. Aber es war meine Schuld.»
    Ich muss an den Aufzug denken, an sein Haar zwischen meinen Fingern.
    « Wir waren beide schuld. Wir waren beide betrunken. Es muss der Tequila gewesen sein – der hat mich einfach umgehauen, und ich hatte an dem Tag ja auch nicht viel gegessen.»Ich schwafle und hoffe, dass das Gespräch bald zu Ende ist.
    Dex fällt mir ins Wort.«So betrunken war ich nicht», stellt er schlicht, beinahe trotzig fest.
    So betrunken warst du nicht?
    Als hätte er meine Gedanken gelesen, redet er weiter.« Ich meine, okay, ich hatte ein paar Glas getrunken – meine Hemmungen waren jedenfalls weg –, aber ich wusste, was ich tat. Und ich glaube, auf irgendeiner Ebene wollte ich, dass es passierte. Na ja, das ist jetzt vermutlich eine ziemlich nahe liegende Erklärung… Was ich damit sagen will, ist eher: Ich glaube, ich wollte bewusst , dass es passiert. Nicht, dass ich es geplant hab. Aber es war mir schon ein paar Mal in den Sinn gekommen …»
    Ein paar Mal? An der Uni? Bevor oder nachdem er Darcy kennen gelernt hat?
    Ich erinnere mich plötzlich an eine Gelegenheit vor der Darcy-Zeit, als Dex und ich in der Bibliothek saßen und für die Prüfung im Schadenersatzrecht büffelten. Es war spät, und wir waren beide groggy, fast schon im Delirium wegen zu wenig Schlaf und zu viel Koffein. Dex fing an, Zigman nachzuahmen und bestimmte Lieblingsfloskeln von ihm zu zitieren, und ich musste so heftig lachen, dass mir die Tränen kamen. Als ich mich wieder eingekriegt hatte, beugte er sich über den schmalen Tisch und wischte mir mit dem Daumen eine Träne von der Wange. Genau wie im
Kino – bloß sind es da meistens traurige Tränen. Ich hörte auf zu lachen, und wir schauten einander in die Augen.
    Ich schaute als Erste weg und wieder in mein Buch, aber die Wörter hüpften auf der Seite herum, und ich konnte mich beim besten Willen nicht auf«Fahrlässigkeit »und«unmittelbare Ursache»konzentrieren. Ich fühlte nur seinen Daumen an meiner Wange. Nachher wollte Dex mich noch zu meinem Studentenheim begleiten, aber ich lehnte höflich ab und sagte, ich könne prima allein gehen. Beim Einschlafen an diesem Abend entschied ich, dass ich mir seine Absichten nur eingebildet hatte und dass Dex in mir nie etwas anderes als eine gute Freundin sehen würde. Er hatte nur nett sein wollen.
    Trotzdem fragte ich mich danach manchmal, was wohl passiert wäre, wenn

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