Fremd fischen
Ganz recht. Nicht allzu aschenputtelmäßig», sagte ich. Gott behüte!
Das Mädchen presste einen Finger an die Schläfe, wieselte davon und kam mit vier buchstäblich identischen Trapezkleidern zurück. Und in diesem Augenblick entschied ich, dass ich das eine, besondere Kleid aussuchen würde. Als Darcy das zweite Kleid anprobierte, eine A-Linie in mild weißem Seidensatin mit einer nach unten verschobenen Taille und Perlenstickereien auf dem Mieder, schnappte ich nach Luft.«Oh, Darcy! Das ist hinreißend an dir!», japste ich. (War es natürlich auch.)«Das ist es!»
« Meinst du?»Ihre Stimme zitterte.«Bist du sicher?»
« Hundertprozentig!», sagte ich.«Du musst es nehmen. »
Wenige Augenblicke später gaben wir das Kleid in Auftrag und vereinbarten die Anprobetermine. Darcy und ich waren seit einer Ewigkeit Freundinnen, aber ich glaube, damals wurde mir zum ersten Mal klar, wie viel Einfluss ich auf sie habe. Ich habe ihr Hochzeitskleid ausgesucht, das wichtigste Kleidungsstück, das sie jemals tragen wird.
« Du hast also nichts dagegen, mit mir heute ein paar Besorgungen zu machen?», fragt sie jetzt.«Das Einzige, was ich wirklich finden muss, sind Schuhe. Ich brauche meine Schuhe für die nächste Anprobe. Ich denke, zuerst gucken wir bei Stuart Weitzman, und dann flitzen wir zu Barney’s. Du kommst doch mit, oder?»
Ich spieße ein Stück Omelett auf die Gabel und pflüge damit durch den Ketchup.«Na klar … Aber ich muss heute nochmal ins Büro», lüge ich.
« Dauernd musst du arbeiten! Ich weiß nicht, wer schlimmer ist – du oder Dex», sagt sie.«Er arbeitet in letzter Zeit an irgendeinem großen Projekt. Nie ist er zu Hause.»
Ich halte den Blick gesenkt und suche meinen Teller nach der schönsten übrig gebliebenen Fritte ab.«Wirklich?», sage ich und denke an die letzten Abende, an denen Dex und ich lange im Büro geblieben sind, um miteinander zu telefonieren.«Das ist blöd.»
« Wem sagst du das? Er hilft kein bisschen bei dieser Hochzeit. Ich werde allmählich wirklich sauer.»
Nach dem Lunch und weiteren Hochzeitsgesprächen gehen wir hinüber zur Madison Avenue und weiter nach links zu Stuart Weitzman. Kaum sind wir im Geschäft, bewundert Darcy ein Dutzend Sandalen und erklärt mir, dass diese Form für ihre schmalen Füße mit den kleinen Fersen absolut perfekt ist. Irgendwann sind wir endlich hinten bei den Brautschuhen aus Satin angekommen. Sie betrachtet jeden einzelnen genau und wählt vier Paare aus, um sie anzuprobieren. Ich sehe ihr zu, wie sie modelmäßig durch den Laden tänzelt, bevor sie sich schließlich für die mit den höchsten Absätzen entscheidet. Ich hätte sie beinahe gefragt, obsie wirklich bequem sind, aber dann lasse ich es bleiben. Je schneller sie sich entscheidet, desto eher bin ich für heute entlassen.
Aber Darcy ist noch nicht fertig mit mir.«Wenn wir schon mal hier sind, können wir dann noch zu Elizabeth Arden, um Lippenstifte anzusehen?»
Widerstrebend willige ich ein. Wir gehen zur Fifth Avenue, und ich lasse ihr Gequassel über wasserfeste
Wimperntusche über mich ergehen – und dass ich sie daran erinnern muss, sie für die Hochzeit zu kaufen, weil sie die Trauung unter keinen Umständen überstehen wird, ohne zu heulen.
« Natürlich», sage ich.«Ich werde dich dran erinnern. »
Ich ermahne mich, diese Aufgaben objektiv zu betrachten, so ungerührt wie eine Organisatorin, die die Braut kaum kennt, und nicht wie ihre älteste und illoyalste Freundin. Wenn ich ihr besonders hilfreich zur Seite stehe, kann ich damit vielleicht ein bisschen Schuld abtragen. Ich male mir aus, wie Darcy meinen Missetaten auf die Spur kommt und ich sage:«Ja, das stimmt alles. Du hast mich erwischt. Aber vielleicht darf ich dich daran erinnern, DASS ICH MEINE PFLICHTEN ALS EHRENJUNGFER NICHT EIN EINZIGES MAL VERSÄUMT HABE?!»
« Kann ich Ihnen helfen?», fragt die Frau hinter der Theke bei Elizabeth Arden.
« Ja. Wir suchen einen pinkfarbenen Lippenstift. Ein lebhaftes, aber trotzdem weiches und unschuldiges, bräutliches Pink.»
« Und Sie sind die Braut?»
« Ja.»Darcy lässt ihr falsches PR-Lächeln aufblitzen.
Die Frau strahlt zurück und gibt entschieden ihre Empfehlungen von sich. Sofort liegen fünf Röhrchen vor uns auf dem Tresen.«Bitte sehr. Das passt ausgezeichnet.»
Darcy sagt ihr, dass ich eine dazu passende Farbe brauche, weil ich die Ehrenjungfer bin.
« Wie schön. Schwestern?»Die Frau lächelt. Ihre großen, rechteckigen
Weitere Kostenlose Bücher