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Fremd fischen

Fremd fischen

Titel: Fremd fischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
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bekommen –, ist eine ganz andere. Ihre Unverfrorenheit ist wirklich atemberaubend. Ich formuliere mögliche Entgegnungen und schlucke sie alle herunter. Sie weiß ja nicht, wie biestig ihre Bemerkung war. Das ist nur ihre angeborene Gedankenlosigkeit. Davon abgesehen habe ich unter den gegebenen Umständen wenig Recht darauf, sauer zu sein.
    Ich blicke von meiner Speisekarte auf und schaue zu Darcy hinüber, und ich befürchte, dass sie mir das alles vom Gesicht ablesen kann. Aber sie merkt nichts. Meine Mutter sagt immer, dass mir auf die Stirn geschrieben steht, was ich empfinde, aber vielleicht guckt Darcy mir nicht auf die Stirn – jedenfalls merkt sie nichts.
    Unser Kellner kommt und nimmt unsere Bestellung entgegen, ohne sich Notizen zu machen – etwas, was ich immer bewundere, vor allem bei großen Gruppen. Darcy ordert trockenen Toast und einen Cappuccino und ich ein griechisches Omelett, aber mit Cheddar statt Feta, und Fritten. Soll sie doch die Dünne sein.
    Darcy zerrt ihren orangegelben Ordner aus der Tasche
und fängt an, mehrere Listen abzuhaken.«Okay. Wir haben so viel mehr zu tun, als ich dachte. Meine Mom hat gestern Abend angerufen und in einer Tour gefragt: ‹Hast du dies erledigt? Hast du jenes erledigt?› Ich wär fast ausgeflippt.»
    Ich sage ihr, dass wir noch reichlich Zeit haben. Ich wünschte, wir hätten noch mehr.
    « Das sind weniger als drei Monate, Rach. Wir werden uns wundern, wie schnell das geht.»
    Mein Magen verknotet sich, als ich mich frage, wie oft ich Dexter in diesen drei Monaten noch sehen werde. Wann kommt der Punkt, an dem wir Halt machen werden? Er sollte lieber früher als später kommen. Eigentlich sofort.
    Ich sehe zu, wie Darcy ihre Mappe durchgeht und kleine Notizen an den Rand schreibt, bis der Kellner unser Essen bringt. Ich klappe mein Omelette auf – Cheddarkäse. Er hat es richtig gemacht. Ich fange an zu essen, während Darcy wegen ihres Diadems meckert.
    Ich nicke und höre nur mit halbem Ohr zu, immer noch gekränkt über ihre gefühllose Bemerkung.
    « Hörst du mir zu?», fragt sie schließlich.
    « Ja.»
    « Na, und was hab ich gerade gesagt?»
    « Dass du keine Ahnung hast, wo du ein Diadem finden sollst.»
    Sie beißt in ihren Toast und macht ein zweifelndes Gesicht.«Okay. Du hast zugehört.»
    « Sag ich doch.»Ich streue Salz auf meine Fritten.
    « Und weißt du, wo ich eins finden kann?»
    « Na ja, wir haben ein paar bei Vera Wang gesehen. In der Glasvitrine im Erdgeschoss. Und ich bin ziemlich sicher, dass es bei Bergdorff auch welche gibt.»

    Ich denke zurück an die ersten Tage ihrer Verlobung, als ich wenigstens ein bisschen mit dem Herzen dabei war. Ich habe sie zwar darum beneidet, dass ihr Leben sich so säuberlich ineinander fügt, aber ich habe mich doch ehrlich für sie gefreut, und ich war eine gewissenhafte Ehrenjungfer. Ich erinnere mich, wie lange wir nach ihrem Hochzeitskleid gefahndet haben. Wir müssen wirklich jedes Kleid in New York gesehen haben. Wir haben die Expedition zu Kleinfeld in Brooklyn gemacht. Wir haben die Kaufhäuser und die kleinen Boutiquen im Village abgeklappert. Und wir waren bei den großen Designern in der Madison Avenue – Vera Wang, Carolina Herrera, Yumi Katsura, Amsale.
    Aber Darcy ist es dabei nie so gegangen, wie es sollte: Nie hat sie, von ihren Gefühlen überwältigt, die Umkleidekabine mit Tränenfluten unter Wasser gesetzt. Irgendwann habe ich das Problem erkannt. Es war das gleiche wie beim Anprobieren von Badeanzügen: Sie sah einfach in allem hinreißend aus. Die eng anliegenden Etuikleider brachten ihre schlanken Hüften und ihre Größe zur Geltung. Die großen Prinzessinnengewänder betonten ihre schmale Taille. Je mehr Kleider sie anprobierte, desto ratloser waren wir. Und als wir am Ende eines langen, ermüdenden Samstags zu unserem letzten Termin in die«Wearkstatt»in Soho kamen, entschied ich, dass dies unsere letzte Station sein würde. Das Mädchen mit dem frischen Gesicht, noch nicht gezeichnet von der Ödnis des Lebens und der Liebe, fragte Darcy, was sie sich für ihren großen Tag vorgestellt habe. Darcy zuckte hilflos die Achseln und sah mich fragend an.
    « Sie heiratet in der City», fing ich an.
    « Oh, ich liebe Hochzeiten in Manhattan.»

    « Genau. Und sie wird Anfang September stattfinden. Deshalb rechnen wir damit, dass es warm sein wird … Und ich glaube, Darcy bevorzugt schlichte Schnitte ohne Firlefanz.»
    « Aber nicht zu langweilig», wandte Darcy ein.
    «

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