Fremd fischen
das niemals tun würde, wenn mir nicht unendlich viel an dir läge.»
« Ich weiß», sage ich.
« Und ich … weißt du … ich nehme diese ganze Sache sehr ernst.»
« Lass uns nicht vor dem vierten Juli darüber reden», sage ich hastig.«Das war abgemacht.»
« Bist du sicher? Wir können jetzt darüber reden, wenn du willst.»
« Ich bin sicher. Hundertprozentig.»
Und das bin ich auch. Ich habe Angst vor allem, was er sagen könnte. Den Gedanken, ihn zu verlieren, ertrage ich nicht, aber ich muss mir gleichzeitig überlegen, wie es wäre, Darcy zu verlieren. Meiner allerbesten Freundin tatsächlich etwas so Gewaltiges und Allumfassendes und Unrechtes und Endgültiges anzutun.
Er sagt, dass es ihn selbst erschreckt, wie viel ich ihm
bedeute, und ob ich weiß, wie viel ich ihm bedeute. Ich nicke. Ich weiß es. Er küsst mich wieder, jetzt eindringlicher. Und dann erlebe ich meinen ersten wirklich unglaublichen Versöhnungssex.
Am nächsten Morgen besucht Hillary mich auf dem Weg in ihr Büro. Sie will wissen, wie mein Date war. Super, sage ich. Sie lässt sich auf einen meiner Besucherstühle plumpsen, stellt ihre Flasche«Poland-Spring »-Wasser auf meinen Schreibtisch und legt ihr Sesam-Bagel daneben. Dann lehnt sie sich zurück und stößt meine Tür mit dem Ellenbogen zu. Ihr Gesicht ist geschäftsmäßig.
Und so stellt sich heraus, dass Marcus sich tatsächlich für den No-Name-Italiener in seiner Nachbarschaft entschieden hat. Für denselben No-Name-Italiener, der aus unerfindlichen Gründen gestern Abend auch Hillary verlockte. Eine Millionenstadt, und Marcus und Hillary sitzen an einem beliebigen Montagabend zwei Tische weit auseinander vor identischem Ravioli. Willkommen in Manhattan. Die Insel ist kleiner, als man es je für möglich halten würde.
« Du hast mich nur in einem einzigen Punkt nicht belogen. »Hillary deutet mit dem Zeigefinger auf mich.« Marcus hatte tatsächlich ein Date. Bloß nicht mit dir verlogener Kuh – obwohl das Mädchen dir in der Mund- und Kinnpartie ähnlich sah.»
« Bist du wütend?»
« Nicht wütend, nein.»
« Was dann?»
« Na, zum einen bin ich schockiert. Ich hätte nicht gedacht, dass du zu so einer Täuschung fähig bist.»Die Erkenntnis scheint sie zu beeindrucken.
« Aber ich bin außerdem gekränkt, weil du offenbar
nicht glaubst, dich mir anvertrauen zu können. Ich betrachte mich gern als deine beste Freundin – nicht als unbedeutendes Überbleibsel aus deiner High-School-Zeit. Deine beste Freundin, hier und jetzt. Und das bringt mich zum nächsten Punkt … », sagt sie wissend. Dann wartet sie, dass ich das Schweigen fülle.
Ich betrachte meinen Tacker, dann mein Keyboard, dann wieder meinen Tacker.
Ich habe mir zwar schon oft ausgemalt, wie ich auffliege, aber es ist immer Darcy, die mir auf die Schliche kommt. Denn wenn ich mir schon die Hölle aussuche, dann gleich richtig, das Fegefeuer genügt nicht. Als ob man sich Sorgen macht, dass der Auserwählte wegen Alkohols am Steuer verunglückt! Dann stellst du dir auch nicht vor, dass er vor einen Briefkasten läuft und sich die Lippe aufschlägt. Was du vor dir siehst, sind weiße Lilien an einem offenen Sarg.
So habe ich Phantasievorstellungen davon, wie Darcy uns erwischt. Nicht auf frischer Tat, splitternackt im Bett – das ist zu weit hergeholt, besonders in einem Haus mit Portier. Nein, das läuft subtiler: Darcy kommt unerwartet vorbei, und José schickt sie herauf, ohne mich vorher zu benachrichtigen (1. Merkzettel: Muss ihm sagen, dass er das niemals tun darf). Ich mache die Tür auf, weil ich annehme, es ist bloß der chinesische Lieferservice mit Wantan-Suppe und Frühlingsrollen für Dex und mich, da wir nach unseren Eskapaden verständlicherweise ausgehungert sind (Merkzettel Nr. 2: Immer erst durch den Spion gucken). Und dann steht sie da und nimmt mit großen Augen alles in sich auf. Sprachlos vor Entsetzen. Sie ergreift die Flucht. Dex stürzt in Boxershorts auf den Flur hinaus und brüllt ihren Namen wie Marlon Brando in Endstation Sehnsucht .
Nächste Szene: Darcy inmitten von Umzugskartons, wie sie ihre CDs einpackt, während die stets hilfreiche Claire ihr ein Kleenex nach dem anderen reicht. Zumindest würde Dex alle Springsteen-Alben bekommen, sogar Live at a Park , das Darcy mal von jemandem geschenkt bekommen hat. Die meisten Bücher würden auch dableiben; Darcy hat nur wenige Bücher in diese Beziehung gebracht, nur ein paar Hochglanzexemplare zum
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