Fremd fischen
ein Stück von ihrem Bagel ab.
« Als ich das erste Mal mit ihm geschlafen hab, war es ein Unfall.»
« Das erste Mal? Du hast mit ihm geschlafen ? Mehrmals ? »
Ich sehe sie nur an.
« Sorry – mach weiter. Ich kann’s einfach nicht fassen! »
« Okay. Also, in der Nacht meiner Party waren wir beide als Letzte übrig … Wir sind noch in eine Bar gegangen, eins kam zum andern, und dann haben wir in meiner Wohnung miteinander geschlafen. Es war ein Unfall. Ich meine, wir waren beide betrunken. Ich war’s jedenfalls.»
« Oh, ich erinnere mich. Du warst an dem Abend halbwegs hinüber.»
« Ja. War ich. Aber interessanterweise sagt Dex, so betrunken war er nicht.»Dieses Detail verschiebt nicht nur die Verantwortung ein Stückchen weiter zu ihm, sie verleiht auch dem Ursprung der Affäre ein bisschen mehr Bedeutung.
« Das heißt was? Dass er die Situation ausgenutzt hat?»
« Nein! Das wollte ich nicht damit sagen … Ich wusste, was ich tat.»
« Okay.»Sie winkt ab: Ich soll weiterreden.
Ich berichte, wie wir am nächsten Morgen aufgewacht sind, erzähle von Darcys panischer Stimme auf dem Anrufbeantworter, von unserer Panik, und wie
Dexter Marcus als Alibi benutzt hat.«Und das war’s», sage ich.
« Was soll das heißen, ‹das war’s›? Offensichtlich nicht.»Sie wirft einen Blick auf meine Rosen.
« Ich meine, das war’s für ’ne Weile. Wir haben’s beide bereut, und …»
« Wie sehr bereut?»
« Bereut, Hillary! Selbstverständlich!»Insgeheim erinnere ich mich an den ersten Tag – und an die komplette Abwesenheit jeglicher Bußfertigkeit.«Das war’s also. Für mich war es vorbei.»
« Aber für ihn nicht, stimmt’s?»
Mit sorgfältig gewählten Worten berichte ich ihr von seinem Anruf am Montag und erzähle, was er sagte. Und was dann in den Hamptons geschah. Von unserem ersten nüchternen Kuss. Dem Wendepunktkuss. Und wie ich dann das erste Mal wirklich mit ihm geschlafen habe.
Sie nimmt einen großen Bissen von ihrem Bagel.« Und die ganze Sache ist – was? Rein körperlich? Oder magst du ihn wirklich?»
« Ich mag ihn wirklich», sage ich.
Das muss sie verdauen.«Dann wird er die Verlobung also absagen?»
« Darüber haben wir nicht gesprochen.»
« Wie kann man darüber nicht sprechen? Moment mal – habt ihr euch deswegen im ‹Talkhouse› gestritten? »
Wir haben uns eigentlich nicht richtig gestritten, sage ich, aber ich sei wütend gewesen, weil er mit Darcy geschlafen habe. Daher die Rosen.
« Okay. Aber wenn es ihm Leid tut, dass er mit seiner Verlobten geschlafen hat – das klingt doch, als ob er vorhätte, sich von ihr zu trennen, oder?»
« Ich weiß es nicht. Wir haben wirklich noch nicht darüber gesprochen.»
Sie sieht mich verständnislos an.«Wann wollt ihr es denn tun?»
« Wir haben ausgemacht, dass wir erst nach dem vierten Juli darüber reden.»
« Warum ausgerechnet dann?»
« Einfach so. Ich weiß nicht.»
Sie trinkt einen Schluck Wasser.«Aber du glaubst schon, dass er mit ihr Schluss macht, oder?»
« Das weiß ich nicht. Ich weiß nicht mal, ob ich das will.»
Sie versteht die Welt nicht mehr.
« Du vergisst eine wichtige Kleinigkeit, Hillary. Darcy ist seit ewigen Zeiten meine Freundin. Und ich bin ihre Ehrenjungfer.»
Sie verdreht die Augen.«Kinkerlitzchen.»
« Du kannst sie einfach nicht leiden.»
« Sie ist mir nicht der liebste Mensch auf der Welt, aber um Darcy geht es hier nicht.»
« Darcy ist entscheidend, meiner Meinung nach. Sie ist meine Freundin. Und außerdem, selbst wenn sie es nicht wäre, selbst wenn sie irgendeine x-beliebige Frau wäre – meinst du nicht, ich müsste mich auch mit dem Aspekt auseinander setzen, dass die Sache ein schlechtes Karma hat?»
Wieso argumentiere ich eigentlich gegen mich selbst?
Sie richtet sich auf und spricht ganz langsam.«Die Welt ist nicht nur schwarz und weiß, Rachel. Es gibt keine moralische Unbedingtheit. Wenn du aus lauter Jux und Tollerei mit Dex ins Bett gingst, dann würde ich mir vielleicht Sorgen um dein Karma machen. Aber du empfindest etwas für ihn. Damit bist du kein schlechter Mensch.»
Ich versuche mir ihre Ansprache einzuprägen. Moralische Unbedingtheit . Das hat Klasse.
« Im umgekehrten Fall», fährt sie fort,«würde Darcy nicht einen Augenblick zögern.»
« Meinst du?», frage ich nachdenklich.
« Du nicht?»
« Vielleicht hast du Recht.»Darcy kann schließlich wirklich auf eine lange Geschichte des Nehmens zurückblicken. Ich gebe, sie nimmt,
Weitere Kostenlose Bücher