Fremd flirten Roman
war der neue Spitzname, den man ihm an der Uni gegeben hatte, wie ich von meinem Spitzel wusste. Der Grund war seine Vorliebe für junge Mädchen, so jung, dass man nicht mehr garantieren konnte, ob er dafür nicht eigentlich hinter Gitter gehörte.
Doch mit Edward und mir hätte es wirklich die große Liebe werden können, das wusste ich. Aber er hatte einfach nicht den Mut, zu seinen wahren Gefühlen zu stehen. Bisher hatte ich erfolgreich verdrängt, dass ich ihm noch von dem belauschten Gespräch erzählen musste. Ich beschloss, mich zuerst mit ganzer Kraft um den Undercover-Einsatz am Freitag zu kümmern. Wenndas geschafft war, wollte ich am Samstag von Brighton aus nach Rouseham fahren und Edward alles erzählen.
Anne kam mit nach unten, um ein bisschen zu plaudern, während Axel einen Happen aß.
Vicky, die als aufgewecktes Kind schnell gelangweilt war von der Konversation Erwachsener und gern dazwischenredete, zerrte an meinem Bein. »Malst du oben was mit mir?«
Vicky liebte es zu malen. Zwar wählte sie immer dieselben Grundmotive (sich selbst, Leo, Anne, Axel und ab und zu mich), aber ansonsten variierte sie gern. Je nach Gelegenheit malte sie sich selbst mit Nagellack, einem Hut oder zwei Katzen im Arm.
Keine Ahnung, ob Mutterstolz auch auf Nannys überschwappen kann, aber ich fand Vicky bemerkenswert talentiert und hätte am liebsten gleich eine gesamte Wand in der Tate Gallery für ihre späteren Werke reserviert.
Malen war übrigens eine der wenigen Beschäftigungen, mit denen Leo nichts anfangen konnte, obwohl er sonst nach wie vor in allem Vicky nacheiferte.
Wir gingen nach oben, und während Vicky, die kleine Zunge im linken Mundwinkel, eine Sonne malte und Leo mit seinen Legosteinen an einer Fantasiestadt baute, hatte ich viel Zeit, meine Gedanken abschweifen zu lassen und mich mental auf den nächsten Supergau am Samstag einzustellen.
In meine Überlegungen hinein vibrierte mein Handy. Ein Blick auf das Display ließ mein Herz schneller schlagen. Es war eine Festnetznummer aus Brighton, und das konnten eigentlich nur die Wilsons sein. Seit Tagen wartete ich auf diesen Anruf und war ein reines Nervenbündel gewesen, weil ich den kleinen Laden so gern haben wollte. Nachdem die beiden sich nicht gemeldet hatten, war ich erst am Boden zerstört gewesen, aber Axel hatte mich getröstet und mir versprochen, auch einanderes Geschäft mitzufinanzieren, falls ich die Bäckerei nicht bekommen würde.
Im Augenblick hatte ich ausnahmsweise einmal nicht daran gedacht.
Nervös nahm ich das Gespräch an. Am anderen Ende der Leitung meldeten sich die Wilsons, die auf Lautsprecher gestellt haben mussten, da ich sie beide sprechen hörte.
»Stella! Wir haben uns entschieden, wer unsere Bäckerei bekommen soll, und wollten es Ihnen gemeinsam mitteilen.«
War das nun ein gutes oder ein schlechtes Zeichen?
Mr Wilson machte eine Pause, die mir wie eine kleine Ewigkeit vorkam. »Wir haben lange nachgedacht und uns gründlich überlegt, welches Konzept wir gut finden, welcher Interessent unser Geschäft am meisten zu würdigen wusste und bei wem wir das beste Gefühl hatten.«
Ich biss die Lippen fest aufeinander und atmete gepresst. Mir klopfte das Herz schmerzhaft in der Brust.
»Ich mach es kurz: Wir haben uns für Sie entschieden!«, rief Mr Wilson plötzlich erstaunlich energiegeladen, und seine Frau wiederholte seine Worte, wurde aber von meinem Jubelschrei unterbrochen, der für fröhliches Gelächter sorgte.
»Danke, danke, danke!«, rief ich erleichtert und hüpfte dabei unter den erstaunten Blicken von Vicky und Leo auf und ab. »Sie werden es nicht bereuen! Ich werde mein Bestes geben, und Sie können vorbeikommen, wann immer sie wollen, und auf Lebenszeit umsonst essen!«, setzte ich euphorisch hinzu, was die beiden sehr freute.
Wir besprachen den weiteren Ablauf, was den Vertrag anging, und waren alle sehr glücklich.
»Wissen Sie, Stella, wir wussten gleich, dass wir Ihnen unser Schmuckstück überlassen wollten, als sie das erste Malhereinkamen mit diesem Leuchten in den Augen und auf der Suche nach einem Neubeginn. Und als wir dann noch Ihre Referenzen sahen – Lord Stetton hat sie uns zukommen lassen –, waren wir vollends beruhigt!«, plauderte Mrs Wilson weiter. Offenbar nahm sie an, ich wüsste Bescheid.
»Was … was hat Edward denn genau gesagt?«, fragte ich so beiläufig wie möglich.
»Dass Sie zuverlässig und belastbar seien – jemand, dem man voll vertrauen kann.
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