Fremd flirten Roman
ich war Edward noch nicht begegnet und entspannte mich allmählich.
Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass ich nur noch eine Stunde aushalten musste, dann konnte ich Vicky und Leo nach Hause begleiten.
Anne, die vom langen Stehen müde war, kam mit einem Glas Waldmeisterbowle auf mich zu. »Komm, wir setzen uns auf die Treppe und machen mal ’ne Pause! Und du darfst jetzt etwas trinken, weil du so tapfer bist. Axel passt auf Vicky und Leo auf.«
Dankbar ergriff ich das Glas und nahm einen großen Schluck.
Auf der breiten Holztreppe war überhaupt kein Betrieb, nur vereinzelt sah man ein paar Hostessen zum Nachfüllen der Gläser, Schüsseln und Platten in Richtung Küche laufen.
Wir zogen die Schuhe aus und fühlten uns großartig, so weit weg vom Schuss; wir wurden immer ausgelassener und kicherten bald albern herum.
Plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner Schulter. »Stella?«
Schockgefroren starrte ich Anne an und wagte nicht, mich umzudrehen. Wie um alles in der Welt hatte Edward mich hier gefunden?
Doch als ich mich umwandte und nach oben sah, war ich erst richtig geschockt und sprang auf.
Vor mir stand nicht Edward, vor mir stand Konrad!
Entgeistert schaute ich ihn an. »Was tust du denn hier?«
Konrad machte ein entschlossenes Gesicht. »Dich nach Hause holen, was sonst?«
Erst jetzt sah ich, dass er eine Jeans, einen Rollkragenpulli und ein Jackett trug, und bevor ich darüber nachdenken konnte, was er mit seinen Worten wohl meinte, fragte ich mich, wie er in den Club gekommen war, vorbei an Margits Wachhunden.
Anne, die für die Gästeliste und den Einlass verantwortlich war, schien sich dieselbe Frage zu stellen, denn leicht blass um die Nase erkundigte sie sich: »Wie bist du denn hier reingekommen? Und woher weißt du überhaupt, dass wir hier sind?«
Wahrscheinlich zogen vor ihrem geistigen Auge gerade Bilder von verwirrten, potenziellen Attentätern vorbei, die sich ohne ihr Wissen am Empfang vorbeigeschmuggelt hatten und jetzt inmitten der ahnungslosen Partygäste nur darauf warteten, ihre von irregeleiteten, fanatischen Ideen geleiteten Anschläge an den hochkarätigen Gästen aus Politik und Wirtschaft auszuführen.
Konrad antwortete entnervt: »Na, eure Adresse habe ich ja, und diese Mrs Sullivan sagte mir, dass ihr hier seid. Und am Empfang muss man nur ein bisschen nett sein und sich darauf berufen, dass man Anne kennt. Dann ist man drin!«
»Ich muss mal schnell an den Empfang!« Damit stürzte Anne davon und ließ mich einfach mit Konrad stehen, der Beweis dafür, dass ihre Angst vor Margits Anschiss größer war als ihre Sorge um mich.
»Stella, wir müssen reden. Es hat keinen Sinn, dass du dich hier versteckst. Komm wieder mit nach Berlin, und lass es uns erneut miteinander versuchen.«
Ich glaubte, mich verhört zu haben. Was bildete sich dieser Mann bitte ein?
Wütend und viel zu laut entgegnete ich: »Sag mal, geht es dir eigentlich zu gut? Du lässt mich sitzen, dann verbringen wir eine Nacht zusammen, nach der du mich völlig im Unklaren lässt. Plötzlich schickst du mir aber wieder Mails und rufst mich an – und jetzt stehst du hier und behandelst mich, als wäre ich ein ungezogenes Kind, das von zu Hause weggelaufen ist? Kein Wort der Entschuldigung, keine Geste der Reue für all die Demütigungen, die ich hinnehmen musste!«
Konrad hatte mit meiner impulsiven Reaktion offenbar nicht gerechnet, und das, obwohl er mich so lange schon kannte! Peinlich berührt, weil mein Wortschwall die Aufmerksamkeit auf ihn lenkte, versuchte er, mich zu beruhigen und zu beschwichtigen. »Du hast recht. Entschuldige, ich war ein Arsch und befand mich in einer Krise. Ich habe mich lächerlich gemacht, aber ich bin eben auch nur ein Mensch und nicht vor Fehlern gefeit. Komm, lass uns bitte woanders weitersprechen.«
Ha, das könnte ihm so passen! Einfach aufkreuzen und dann die Regeln bestimmen, weil es nicht so glattlief, wie er sich das ausgemalt hatte! Wo nahm der Mann eigentlich das unerschütterliche Selbstvertrauen her, dass ich ihm einfach so folgen würde?
»Wir bleiben hier. Du bist doch hier hereingeplatzt, und wenn du was zu sagen hast, dann los!«
Inzwischen schauten einige Gäste interessiert zu uns nach oben, was mir ziemlich egal war, da sie wahrscheinlich eh kein Deutsch verstanden.
Konrad, der übrigens keinen Ohrring mehr trug und auch kleidungstechnisch wieder recht normal wirkte, wollte gerade ansetzen, als er unterbrochen wurde.
»Hier bist du, Stella!
Weitere Kostenlose Bücher