Fremd flirten Roman
Zögern richtig. »Wir wären allein. Edward und Chloe sind an diesem Wochenende in London, das weiß ich genau. Also, was ist, nächsten Samstag nach dem Mittagessen?«
Impulsiv sagte ich zu. Zu gern wollte ich wieder nach Rouseham, vor allem, um zu sehen, ob dieses Fleckchen Erde auch ohne Edward und die rosarote Brille der Verliebtheit dieselbe Magie auf mich ausübte wie bei meinem ersten Besuch. Außerdem freute ich mich, mal wieder auszureiten.
»Na ja, immerhin kann ich ja deinen Onkel und deine Tante treffen. Das lasse ich mir auf keinen Fall entgehen. Die beiden werden mich für Chloes Fehlen entschädigen«, scherzte ich, woraufhin Liz lauthals loslachte und dabei ihre hübschen weißen Zähne zeigte.
»Ja, die beiden sind eine Reise wert! Übrigens haben Edward und Chloe sich gestritten und sprechen momentan nur das Nötigste miteinander. Keine Ahnung, worum es ging, doch ich bin auf jeden Fall auf seiner Seite!«
Wer war das bitte nicht? Der Grund des Streites hätte mich natürlich brennend interessiert, doch ich verbot es mir, danach zu fragen. Wahrscheinlich hatte Edward sich dabei erwischen lassen, wie er wenig standesgemäß den Stallburschen gegrüßt und ihm womöglich einen schönen Tag gewünscht hatte.
Herzlich verabschiedeten wir uns voneinander, und während Liz in ihren dunkelgrünen Landrover stieg, lief ich meiner Zukunft geradewegs in die Arme, denn plötzlich und unverhofftstand ich vor einer alten Bäckerei in bester Lage, in deren Schaufenster ein weißes Messingschild baumelte, auf dem Zu verkaufen stand. Augenblicklich verspürte ich ein Kribbeln im Bauch, für das ich keine rationale Erklärung hatte. Und noch bevor ich genauer darüber nachdenken konnte, führte mich eine vage Ahnung in das Geschäft hinein. Als ich über die Schwelle trat, war ich sogleich vollkommen verzaubert.
Der weiß-blau gekachelte Boden stammte aus den Anfängen des neunzehnten Jahrhunderts. Die weißen Holzregale an den Wänden waren selbst geschreinert und passten zur alten kupfernen Registrierkasse, für die man heute in Antiquitätengeschäften ein Vermögen zahlen musste.
Die Wände waren blau-weiß gestreift bemalt, und von der Decke baumelten große Lichtkugeln, die das Geschäft in ein warmes Licht tauchten. Das Ladenfenster war groß. Es reichte bis zum Boden und erlaubte unter der schwungvoll angebrachten Schrift hindurch einen traumhaften Blick aufs Meer.
Neben der Theke im hinteren Teil des Lädchens standen ein wunderschönes mintgrünes Samtsofa sowie ein kleiner Tisch mit zwei großen Ohrensesseln, einem hellblauen und einem weißen.
Ich weiß nicht, ob es an dem Duft des frischen Kuchens lag, der mir immer sofort ein Gefühl von Heimat vermittelte, oder der dezenten Mozartsonate, die im Hintergrund fröhlich vor sich hin perlte oder gar an den entzückenden Sträußchen aus Teerosen, die in pastellfarbenen Vasen auf dem kleinen Tisch und der Ladentheke standen – jedenfalls klopfte mein Herz schneller. Dem rührenden alten Ehepaar, das mich freundlich bediente, gehörte das Geschäft, wie ich kurz darauf erfuhr.
»Sie wollen Ihr Lädchen wirklich verkaufen?«, fragte ich ungläubig nach, weil ich mir nicht vorstellen konnte, wie man sich von einem solchen Schatz freiwillig trennen konnte.
Sie nickten, und die alte Dame, Mrs Wilson, wie sie sich vorstellte, erklärte: »Ja, wissen Sie, wir beide wollen uns zur Ruhe setzen, und einen Nachfolger haben wir nicht. Unsere einzige Tochter ist Lehrerin. Sie hat einen Iren geheiratet und lebt in Dublin.«
»Haben Sie denn schon Interessenten?«, erkundigte ich mich weiter, ohne selbst zu wissen, weshalb ich das fragte.
Sie lachten beide vergnügt.
»Na und ob! Unser Lädchen ist selbst in London bekannt. Sogar der Reiseteil der Times hat schon mal über uns berichtet und uns als Geheimtipp empfohlen. Wir können uns sozusagen aussuchen, an wen wir das Geschäft verkaufen wollen!«
»Ach, so ist das!«, antwortete ich enttäuscht und leicht resigniert. Wie hatte ich auch annehmen können, dass es für ein solches Schmuckstück in dieser Lage nicht schon Schlangen an Interessenten gab!
»Wieso, hätten Sie denn Interesse, unser Geschäft zu kaufen, junge Frau?«
Und ohne nachzudenken, rein aus dem Bauch heraus, rief ich voller Überzeugung: »Na, und ob!«
Plötzlich wusste ich, wie mein Weg weitergehen sollte. Er würde mich nicht zurück nach Deutschland führen, nicht zurück in den Praxisalltag, nein. Ich wollte hierbleiben und
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