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Fremd küssen. Roman

Fremd küssen. Roman

Titel: Fremd küssen. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffi von Wolff
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Sein Resthaar steht fast zu Berge.
    »Ei, wie isch des mein? Isch mein des so, dass der Zuch kein Strom mehr hat jetzt, des mein isch!«
    »Dann reparieren Sie doch bitte den Schaden!«, rufe ich verzweifelt.
    »Hier gibt’s nix mehr zu rebbariern!«, krakeelt Wulf und zieht eine Mini-Stereoanlage von irgendwo hervor. »Hier Fraser seven, Fraser seven, Hobbit neun bitte kommen!«
    »Hobbit neun für Fraser seven, alles roger?«
    Ich ducke mich schnell, weil ich Angst habe, dass gleich Tom Cruise in einer MiG über mir herrauscht. Wie in »Top Gun«. Da hießen sie doch auch alle so. Iceman und Goose und Maverick. Oder so. Jedenfalls spielte da auch Meg Ryan mit. Mir ist alles egal, deshalb reiße ich Wulf das Sprechgerät aus der Hand und rufe einfach »Mayday«.
    Der Spruch muss irgendwie in falsche Kanäle gekommen sein, denn es meldet sich jemand mit: »Hello, this is Roland Dunkel here, I heard your SOS , I am in the North Atlantic in my boat, may I help you? Where is your position?«
    Ich starre das Funkgerät an, als würde es mich im nächsten Moment fressen.
    »Hello, hello, give me an answer!«, brüllt Roland Dunkel from the boat irgendwo in the North Atlantic.
    Wulf stößt so laut auf, dass man meinen könnte, eine Herde blökender Schafe würde auf dem Bahnsteig um Futter buhlen.
    Da ich ja sowieso nichts, aber auch gar nichts mehr zu verlieren habe, brülle ich in das Funkgerät: »Hallo, Herr Dunkel! Hier ist die Frau mit dem FETTEN ARSCH !!!«, wobei ich mir sicher bin, dass er sowieso nicht weiß, wer ich bin, denn a) habe nicht nur ich einen fetten Arsch und b) ist diese katastrophale Pressereise nach Mallorca schon eine halbe Ewigkeit her.
    Es knistert und rauscht in der Leitung, irgendjemand in the North Atlantic schreit: »Wo ist die Genua?«, und dann brüllt Roland Dunkel: »Frau Schatz aus Frankfurt? Sie sind in Seenot? Wo denn? Können wir etwas für Sie tun?«
    Stünde er vor mir, würde ich ihm jetzt genüsslich die Augen auskratzen, da das aber leider nicht geht, kreische ich: »Nein, keine Sorge, Herr Dunkel! Wir stehen hier nur auf einem Bahnsteig! Und selbst wenn wir jetzt in Seenot wären, dann weiß ich ja, dass FETT OBEN SCHWIMMT !!!« Die letzten Worte krakeele ich geradezu.
    Herr Dunkel brüllt irgendwelche Leute an: »Wir müssen kreuzen!« und dann mich: »Das stimmt, hahaha. Und sehr viel Fett schwimmt sehr lange oben! Insofern brauchten Sie sich ja die nächsten Tage keine Sorgen zu machen!«
    Klick. Verbindung beendet.
    Henning und Wulf starren mich an, als wäre ich eine Außerirdische. »Wer war das denn?«, fragt Henning. »Jemand, den ich kenne«, sage ich böse.
    Wulf schüttelt sein Walkie-Talkie und meint, das sei ja noch nie passiert. Nordatlantik. Ob ich noch mal Mayday rufen könnte? Vielleicht wäre ja dann jemand aus Australien dran oder so.
     
    Herr Dunkel hat nun nicht gerade zu meiner guten Laune beigetragen, trotzdem müssen wir den Zug irgendwie zum Fahren bringen. Das ist aber nicht so einfach. Da müssten Techniker dran, meint Wulf. Dann sollen eben Techniker dran. Hauptsache, das Teil fährt um 14 Uhr 03 auf dem Frankfurter Hauptbahnhof ein. Alles andere ist egal. Jo ruft wieder an und meint, das wäre der schwarze Tag in der Radiogeschichte, wenn das jetzt alles nicht klappen würde. Wenn die Radiogeschichte bislang nur einen schwarzen Tag in ihrem Leben hatte, liege ich besser, ich nämlich habe seit geraumer Zeit nur noch schwarze Tage.
    Wulf ruft über das Funkgerät irgendeinen Herrn Schneider an, der seines Zeichens Elektroingenieur ist und uns »ganz sicher, aber ganz, ganz sicher, haha, ich habe schon Flugzeuge in die Luft gebracht, da haben Sie noch in die Windeln gemacht, Frau Schatz« helfen kann. Eine Viertelstunde später kommt der Herr Schneider. Er sieht aus wie ein Mann, der nebenberuflich auf Hochzeiten Hammondorgel spielt, sich »Mr.Melody« nennt und Eigelbflecken auf der Krawatte hat. Herr Schneider hat einen riesigen Werkzeugkasten und einen Lehrling dabei, der uns dümmlich angrinst und Henning fragt, ob »de Didschäj Poser auch ufflescht im Zuch«. Wenn das so weitergeht, wird weder DJ Poser noch irgendein anderer DJ auflegen im Zug.
     
    Ich merke den Prosecco und habe einen leichten Anfall von Gleichgültigkeit. Und wenn schon und wenn? Dann bleib ich mit Henning und Wulf und dem Lehrling eben hier sitzen und trinke und esse.
    Herr Schneider ist zuversichtlich und verspricht uns, die Kuh vom Eis zu holen. Dann verschwindet er in

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