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Fremd küssen. Roman

Fremd küssen. Roman

Titel: Fremd küssen. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffi von Wolff
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mit Einhörnern drauf zur Hand und wische ihm mit einem Lächeln die Tränen ab. Und zum Trost gibt’s einen Leibniz-Keks. (Wir wissen ja, in Leibniz steckt viel Liebe drin. Nur echt mit 72 Zacken. Oder 48 .)
    Ich bekomme Selbstmitleid ob meiner Kinderlosigkeit und weine mich leise in den Schlaf.
     
    Um sieben Uhr am Sonntagmorgen hält Marwin mir die Nase so lange zu, bis ich aufwache, und dann klatscht mir Tessa einen kalten, nassen Waschlappen ins Gesicht. »Aufwachen, Caro, aufwachen!!! Es ist schon so spääääääääät!«, krakeelen beide herum.
    Guter Gott, lass mich nicht wieder töten!!!
    Es gibt nichts Schlimmeres für mich, als sonntags nicht ausschlafen zu können. Sonntage haben für mich etwas Heiliges. Ich möchte bis mindestens 12 Uhr im Bett liegen bleiben, nur aufstehen, um mir Saft und Toast ans Bett zu holen, und im Fernsehen »Drei Nüsse für Aschenbrödel« schauen. Leider kommt das immer nur in der Vorweihnachtszeit. Aber »Die Sendung mit der Maus« ist auch immer wieder schön. Man lernt, wie Koffer am Flughafen über diese langen Förderbänder zu den richtigen Maschinen kommen, wie Pralinen hergestellt werden und warum man sterben kann, wenn man in ein offenes Stromkabel fasst. Sonntage erinnern mich auch immer an Wochenenden als Kind bei meinen Großeltern. Da gab es die »Rappelkiste« noch. Ene mene Miste, es rappelt in der Kiste, ene mene meck, und du bist weg! Ich war immer neidisch auf die rotznasigen Kinder, die auf diesen Kisten rumgesprungen sind und sich immer dreckig machen durften. Die haben alle in einer Hochhaussiedlung gewohnt und in den Treppenhäusern Fangen gespielt oder haben die Fahrstuhlwände voll gekritzelt. Und keiner hat was gesagt. Ich glaube, seit der »Rappelkiste« gibt es die antiautoritäre Erziehung.
    Wie konnte ich nur einen Gedanken daran verschwenden, Kinder haben zu wollen?
    Gegen Mittag holt Alex die beiden ab und wir trinken noch einen Kaffee, und ich mache drei Kreuze, als ich die Tür hinter ihnen schließe. Die Ruhe macht mich für drei Minuten ganz kirre, dann genieße ich sie.
     
    Will mich auf die Waage stellen, aber die ist ja im Keller. Dann beschließe ich kurzerhand, etwas für meine Figur zu tun. Wenn ich solche Anwandlungen habe, muss ich sie sofort in die Tat umsetzen. Heißt im Klartext, dass ich in den Gelben Seiten nach einem Fitnessstudio suche, das sonntags geöffnet hat. Telefoniere mit einem Jürgen, der meint, sie hätten täglich geöffnet und ich könnte, wenn ich wollte, gleich mal zu einem Probetraining vorbeikommen.
    Komme mir wahnsinnig sportlich vor, als ich aus dem Haus gehe. Jogginghose, T-Shirt und Turnschuhe. Die Turnschuhe hatte ich noch nie an. Hat mir meine Halbschwester mal geschenkt. War ein Fehlkauf, passte nicht zu ihrem Sportdress von Nike. Beneidenswert, wenn man so sportlich ist, dass man sich überlegt, welche Schuhe zu welchem Dress passen. Nina rast täglich achthundert Kilometer mit einem Schweißband auf dem Kopf über Trampelpfade durch Mischwälder, und selbst wenn sie eine Pause macht, hüpft sie dabei auf der Stelle, nur um sich weiter bewegen zu können. Sie kann essen, was sie will, ohne ein Gramm zuzunehmen, und ist am ganzen Körper so durchtrainiert wie Steffi Grafs rechter Arm. Während sie eine 45 -Grad-Steigung bergauf rennt, strahlt sie dabei, als hätte sie gerade einen vaginalen und klitoralen Orgasmus zusammen. Wären Fernsehkameras auf sie gerichtet, würde sie bestimmt sagen: »So ein bisschen Naschen zwischendurch ist wichtig für mich. Ich mag Schokolade. Aber leicht muss sie schmecken.« Oder so.
    Ein bisschen Aufwärmtraining kann mir jedefalls nicht schaden, also werde ich zum Fitnesscenter »Spomewo« joggen (dachte erst, das sei ein asiatischer Inhaber, ist aber die Abkürzung für: Sport Men Women). Ich lächle und renne los. Mann, bin ich gleich außer Puste. An der Straßenecke halte ich an, um zu verschnaufen. Kommt bestimmt daher, weil das Laufen auf Asphalt nicht gut für die Ausdauer ist. Wäre hier ein Feldweg, wäre das was ganz anderes. Außerdem soll man es ja bekanntlich nicht übertreiben. Gedanken an ein Eis schiebe ich beharrlich zur Seite. Ab jetzt wird Sport getrieben, bis kein Gramm Fett mehr an meinem Körper zu finden ist. Täglich werde ich zu »Spomewo« gehen und alle werden neidisch zu mir aufblicken, wenn ich abends nicht mehr in Kneipen rumhänge und Bier oder Wein trinke, sondern mir nach drei Stunden Marathontraining einen Powerdrink mit

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