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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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sie sich eher die Pulsadern aufschneiden würde, als ihn anzurufen, wenn sie nicht in ernsthaften Schwierigkeiten steckte. Er runzelte die Stirn. An dem »ernsthaften« zweifelte er nicht, aber er fragte sich, ob die »Schwierigkeiten« waren, was sie behauptete.
    »Das wollte ich auch meinen. Falls du aber daran denkst, sag mir Bescheid, und ich komme mit, denn ich habe die Fusts seit Jahren nicht gesehen und würde mich gern mal ein bißchen mit ihnen über das Debrett’s unterhalten. Oh, hier gibt es eine Baroneß auf Lebenszeit. >Dixie Bellows ...<.«
    Träum weiter, dachte Melrose.
Kapitel 8/III
    ». bloß Graf«, sagte Agatha jetzt im Jack and Hammer und verbannte Graf Franco Giopinno damit auf die Müllhalde der Aristokratie. »Aber die Fusts -«
    »Waren bloß Barone«, sagte Melrose.
    Diane, die ihr Bröckchen Geheimwissen immer noch wie ein trockenes Kanapee auf der Servierplatte vor sich hin und her schob, machte kurzen Prozeß mit den Baronstiteln der Familie Fust und sagte: »Wenn Sie nach Baltimore fliegen, Melrose, lesen Sie besser was über Baseball und Football. Zum Beispiel über das Spiel zwischen den Jets und den Colts 1969.« Sie lächelte Melrose mit einem verführerischen Augenaufschlag an und nahm die wodkagetränkte Olive aus ihrem Glas. Das Glas mit dünnem Stiel und breiter Schale gehörte ihr, sie brachte es immer zu ihrem persönlichen Gebrauch mit in den Pub. Melrose schätzte den Umfang des Glases ab; mit gefrorenem Inhalt hätte es den Eisläufern im Rockefeller Center ausreichend Platz geboten. Das brachte seine Gedanken wieder auf Amerika, und er schaute sich noch einmal das Bild von Ellen auf der Rückseite des Schutzumschlags an. Er lächelte. Der verängstigte Blick, als richte der Fotograf ein Gewehr statt einer Kamera auf sie, war aber auch zum Lachen.
    »Victoria Station!« Agatha haute mit der Faust auf den Tisch, daß ihr Sherryglas in die Höhe sprang. »Da habe ich sie gesehen!« Sie durchbohrte das Bild mit den Augen. »Sie haben sie auch gesehen, Vivian.«
    »Wen gesehen?«
    »Diese Taylor. Sie sah komisch aus. Als wir Sie in der Victoria Station verabschiedet haben. Erinnern Sie sich nicht daran?«
    Vivian wollte sich lieber nicht erinnern. »Nein.« Sie wollte genausowenig in der Zeit zurück nach Victoria reisen, wie sie in der Zeit voraus gen Venedig reisen wollte.
    Diane war erbost, weil das Rampenlicht, das ihrer Überzeugung nach Gott nur erfunden hatte, um sie anzustrahlen, so launisch um den Tisch wanderte. Mit ihrer nächsten mysteriösen Bemerkung brachte sie sich wieder in seinen Besitz: »Nickel City.«
    Erneut richteten sich alle Blicke auf sie.
    »So wurde Baltimore immer genannt.«
    »Warum?«
    »Da wurden Nickel geprägt.« Dann fuhr sie fort. »Die Colts und die Jets ... Joe Namath. Eines der berühmtesten Spiele, das je gelaufen ist - Super Bowl III.«
Kapitel 8/IV
    »Glauben Sie, daß in Baltimore Nickel geprägt wurden?« fragte Melrose Plant Marshall Trueblood, nachdem die anderen den Jack and Hammer endlich geräumt hatten und er das Notizbuch wieder hervorziehen konnte.
    »Einem Menschen, der Kuwait >Kumquat< nennt, glaube ich das unbesehen, ja. So, jetzt diktiere ich, Sie schreiben.«
    »Ich diktiere, Sie schreiben. Ich habe vorhin geschrieben.«
    Trueblood klang der Verzweiflung nahe. »Ich war mitten in einem Gedanken, alter Kämpe, als alle reinmarschiert kamen.«
    »Ihre Gedanken haben keine Mitte. Anfang und Ende ja, aber keine Mitte.« Melrose schraubte seinen Füllfederhalter auf und glättete die Seite.
    »Also: Sie ist gerade in die Krypta gebracht worden. Die Krypta . hm.«
    »>Die dumpfige Gruft<«, zitierte Melrose.
    Trueblood zog einen Schmollmund und sagte: »>Der arme Mönch Franciscus steht an der offenen dumpfigen Gruft mit Stock und Napf -<«
    »Wer ist Franciscus?«
    »Der Mönch.«
    »Einen Mönch hatten wir doch gar nicht.« Melrose blätterte die Seiten zurück, um zu sehen, ob er den Mönch verpaßt hatte.
    »Der ist neu. Aber Sie können mir glauben, der Mönch ist für den geistlichen Beistand des armen Mädchens unerläßlich.«
    »Warum, zum Teufel? Sie ist doch tot, oder?«
    »Nun schreiben Sie schon!«
    Melrose zuckte die Achseln. »Okay.«
    Trueblood wiederholte: »>Franciscus steht da mit seinem Napf und dem Stock< - nein, >mit Stock und Napf.< Das ist ganz schön poetisch - >steht da mit Stock und Napf.<«
    Melrose sprach ihm die Worte langsam und deutlich nach: »Steht - da - mit - seinem - Stock - und - Napf -

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