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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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sondern nur sehr teure, wenn auch legere Kleidung, wie Melrose bemerkte. Qualität erkannte Melrose, weil er selbst nur Qualität trug. Der Bursche sah aus wie ein abtrünniger Manager unter lauter Betriebsräten, wie Peter Seilers in einer der gewerkschaftsorientierten Komödien, die vor dreißig Jahren populär waren. Er sah reich aus, das war’s; dafür hatte Melrose, der selber reich war, ein Gespür. Und außerdem glücklich, wie er sich im Takt zu den Sprechchören wiegte und mit den anderen erhob, um zu brüllen.
    Ein Spieler hatte einen Paß abgefangen. Elroy knallte seine Flasche auf den Tresen. »Scheiße!« brüllte er, als eine Stimme Foul verkündete. Er riß sich die Mütze vom Kopf.
    Melrose schielte zum Bildschirm und suchte den Ball.
    »Wer hat gefoult? Wer? Wegen Haltens? Halten! Daß ich nicht lache!«
    Wenn er nur wüßte, wo der Ball war - ah, dort! Mein Gott, konnte der Typ werfen! Der Quarterback war zurückgelaufen, hatte gezielt und dem Running-Back den Ball so butterweich in die Hand gespielt, als wären sie durch magnetische Ströme miteinander verbunden. Der Fänger hielt den Ball wie ein neugeborenes Kind an die Brust gedrückt. Während er Yard um Yard gewann, bis er von zwei Panzerschränken von Verteidigern zu Boden gerissen wurde, bestellte Melrose sein viertes Bier und noch eine Runde für seine Zechkumpane.
    Langsam begriff er, was gespielt wurde, aber da spürte er, wie jemand ihn am Ellenbogen zog. Er versuchte, den Störenfried abzuschütteln. Ellen zerrte an ihm.
    »Mensch, gib ab!« brüllte Elroy, wieder in den Steigbügeln.
    »Wer spielt?«
    Erneut kam Jubel in der Kneipe auf, aber am anderen Ende. Und diesmal wurde der Spieler Rypien mit »RYP -RYP - RYP - RYP!« angefeuert.
    Jury, Wiggins und Ellen standen hinter Melrose. Ellen verrenkte sich fast den Hals, um zu sehen, was auf dem Bildschirm lief. »Ist wohl ein Playoffspiel, was?« Dann sagte sie zu Melrose: »Nicht zu laut für Sie?«
    Gereizt fuhr Melrose herum. Er hatte es satt, der Alte Mann Melrose zu sein, der Nickerchen hielt und Lärm haßte. »Die Skins gegen die Eagles, verdammt.« Er kippte sich den Rest der Flasche hinter die Binde und stützte sich mit gekreuzten Armen auf den Tresen.
    »Echt? Sie kennen sich da aus?«
    »Ob ich mich auskenne? Ha!« Er fragte sie, was sie trinken wollte.
    »Egal, nur nicht, was Sie trinken. Sie klingen ganz schön hinüber.«
    »Amstel Light.« Er hob die Flasche.
    »Bass«, sagte Ellen. »Wir könnten uns auch eine Kanne bestellen. Oder wollen Sie Flaschen?« fragte sie Jury und Wiggins.
    Wiggins wollte natürlich eine Tasse Tee (die es nicht gab) und stand immer noch da und versuchte, sich für etwas anderes zu entscheiden, als die anderen längst ihre Kanne genommen und sich an einen Tisch gesetzt hatten.
    Ellen winkte dem Burschen zu, der am Ende des Tresens stand und Melrose schon aufgefallen war. Jetzt fiel Melrose außerdem noch auf, daß der Typ ziemlich gut aussah, besonders, wenn er lächelte.
    »Das ist Pat. Patrick Muldare. Er war mit Beverly Brown befreundet. Manche behaupten, na, Sie wissen schon, sehr befreundet.«
    Jury sah sich Patrick Muldare etwas genauer an und sagte dann: »Die Frau war eine Studentin von Ihnen?«
    Sie nickte.
    »Was ist passiert?«
    »Der neunzehnte Januar ist Poes Geburtstag.«
    Alle schauten sie an. Jury fragte: »Poes Geburtstag? Was hat das damit zu tun?«
    »So allerlei. Poe ist auf dem Friedhof der Westminster Church begraben. Jedes Jahr, wenn er Geburtstag hat, bringt jemand nachts Kognak und Blumen - Rosen - ans Grab. Man weiß nicht, wer, nur, daß es ein Mann ist. Seit Jahren ist das Tradition. Und nun versammeln sich manchmal auch ein paar Leute dort, weil sie neugierig sind und herausfinden wollen, wer der Betreffende ist. Das ist aber noch nie jemandem gelungen. Wie dem auch sei, Beverly verehrt - verehrte - Poe. Sie fand seine Geschichten wunderbar, und er sollte
    Thema ihrer Doktorarbeit werden. Sie ging einfach so aus Spaß immer zu der kleinen Geburtstagsparty. Diesmal auch. Und da wurde sie ermordet. Erstochen. Es muß passiert sein, kurz nachdem sich die Leute alle - na ja, so viel waren’s auch wieder nicht - zerstreut hatten. Jedenfalls hat keiner etwas gesehen.«
    »Und warum ging sie nicht mit den anderen weg?«
    »Keine Ahnung. Vielleicht dachte sie, der Mann, der gekommen war, sei nicht der richtige. Der Kustos des Poe-Museums oder einer seiner Leute kommen nämlich jetzt immer vor dem Blumenspender und tun so,

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