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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Mordkommission ist es nicht.«
    »Aber spätestens dann, wenn ihr zweites Buch herauskommt«, sagte Ellen.
Kapitel 13
    Links und rechts neben der Tür des Geschäfts in der Alice-anna Street standen Hohlziegel, die als Blumentöpfe für ein paar erfrorene Weihnachtssterne fungierten, traurigen Überbleibseln vom Feiertagstrubel. Falls in dem Etablissement Trubel jemals herrschte, dachte Melrose. Das Schaufenster war überladen mit allem möglichen Klimbim, ein blauer Neonhalbmond, der wie ein Pulsschlag an- und ausging, hing über einem mit kabbalistischen Zeichen versehenen Gebilde. Man gewann eher den Eindruck, als betreibe hier ein Wahrsager seine Geschäfte, als daß mit Antiquitäten gehandelt würde. Vor dem Sammelsurium im Schaufenster stand ein Mädchen, sie hatte das Gesicht gegen das Glas gepreßt und schirmte es mit beiden Händen ab, um hineinsehen zu können. Als sie merkte, daß Melrose neben ihr stand, schaute sie sich unwirsch um. Sie war ziemlich jung, ihre Augen in dem teigigen Gesicht sahen wie Rosinen aus, ihr Ausdruck war alles andere als freundlich. Offenbar fühlte sie sich beim Betrachten der Schaufensterauslagen gestört, denn sie warf ihm einen garstigen Blick zu und spazierte von dannen.
    Eine Glocke bimmelte über der Tür, als Melrose in den kühlen, dämmrigen Raum trat. Er sah niemanden, obwohl sich der Vorhang an der Tür hinten im Laden bewegt und die Metallringe geklimpert hatten. Von irgendwo hinter dem Vorhang meinte er Geschirrklappern zu hören, und in dem Halbdunkel erspähte er einen großen Vogelkäfig, aus dem ein Geräusch wie von Krallen auf Sandpapier kam.
    Der Raum war nicht groß, aber vollgestopft mit kleinen, dunklen Möbelstücken, eher zweite Hand als antik; glitzernde Halsketten und Kameebroschen in mit schwarzem Samt ausgeschlagenen Schubkästen; Kleiderständer mit schönen alten Klamotten; kitschigbunte Gläser und ein ziemlich billig aussehendes Porzellanservice mit Weidenmuster; Bücher, stapelweise Illustrierte. Von einem großen Eichenregal nahm Melrose ein in Leder gebundenes dickes Buch, das die Farbe von isländischem Moos und einen Goldschnitt hatte. Die Seiten knisterten beim Durchblättern. Dunkle Symbole zur Geisterbeschwörung und dämonenhafte Figuren starrten ihm entgegen. Er stellte das Buch zurück und versuchte es mit einem anderen, nicht weniger deprimierenden, einer Geschichte in Holzschnitten, die den Aufstieg einer armen Kreatur mit einem Sack auf dem Rücken in einem felsigen Vorgebirge recht anschaulich darstellten.
    Von den Wänden troffen geradezu Flüche und Segnungen: zwei Frauen (bestimmt Schwestern), die ihre Gebetbücher inbrünstig an die Brust drückten und Spitzenhandschuhe trugen, sandten tadelnde Blicke aus, abstoßende afrikanische Masken hingen zwischen alten Drucken bleicher Heiliger, deren Köpfe von wabernden Glorienscheinen umgeben waren. Eine Jungfrau Maria aus verblichenem blauen Plastik ignorierte ein paar fette Cherubime, die sie neckisch am Gewand zupften und von ihrer Morgenandacht ablenken wollten.
    Auf einem Mahagonischreibtisch, von einer Bodenlampe mit grüner Glaskugel erhellt, befanden sich ein Stereoskop, ein paar Bilder zum Hineinschieben und eine dünne, von einem Band zusammengehaltene Broschüre. Ein Erinnerungsbüchlein - als solches bezeichnete es sich jedenfalls - an das St. James Hotel in der Charles Street. Auf dem Innentitel war ein Bild des Hotels.
    Melrose las die von dem damaligen Direktor des St. James Hotel verfaßte Einleitung. Mr. Adams scheute keine Mühe, die vielen angenehmen Stunden, die den Gast erwarteten, in allen Einzelheiten zu schildern. Er befleißigte sich eines bedächtigen, in seiner Weitschweifigkeit beinahe britischen Stils, als habe er keineswegs Eile damit gehabt, einen Überblick über die vielen Vorteile eines Besuches in seinem Hotel zu geben.
    Um den Gästen ihren Aufenthalt in Baltimore zu erleichtern, war Mr. Adams so aufmerksam gewesen, Fotos interessanter Sehenswürdigkeiten in der City beizufügen. Man konnte durch den Text und die Bilder des Büchleins flanieren, hier am Druid Hill Park haltmachen oder dort am Monument Square, seltsam unbelebten Orten, wenn man an die riesigen Menschenmengen dachte, die heutzutage in Harborplace zu sehen waren. Ein winziges Men-schengrüppchen stand vor den Schneeverwehungen am Monument Square, an der Ecke spielte ein Kind mit einem Reifen. Es gab Fotos des Hotelfoyers und Speisesaals, in dem ein Dinner mit Wein einen Dollar

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