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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Es war erfrischend zu hören, wie ein Künstler so verteidigt wurde.
    Der arme Poe, die arme Ellen. Er schämte sich, daß er ihr Problem derart auf die leichte Schulter genommen hatte. An der Tür schlug Melrose seinen Mantelkragen hoch, schaute zum Himmel hinauf, der zuvor mit Regen gedroht, dessen trübe Farbe sich aber nun in ein dunstiges Blau verwandelt hatte. Er deutete darauf.
    »Ach ja«, sagte der Kustos und schaute himmelwärts, »>Und die Wolke, die da trieb/(während rings der Himmel rein)/Schien ein Dämon mir zu sein<.« Ein vielsagendes Lächeln, er schloß die Tür.

Kapitel 24
    Das Büro sah aus, als gehöre es einem Rugbylehrer an einer höheren Schule. Das hohe schmale Fenster war von einer verglasten Vitrine voller Football-Memorabilia verstellt. Weitere mehr oder weniger kunstsinnige Gerätschaften und Football-Souvenirs zierten die Bücherregale und den Schreibtisch in dem kleinen Büro. Im Grund war das Zimmer selbst ein mit Büchern vollgestopfter Schrank: rechts und links Bücherwände, Schreibtisch, Drehstuhl und ein paar Polsterstühle an der Wand dazwischen. Das war alles. Neben dem Schreibtisch befand sich eine große chinesische Vase, die Jury in ihrer altehrwürdigen, leicht angeschlagenen Eleganz sehr an eine Vase in der Tate erinnerte, die an einer Tür im Raum der Präraffaeliten stand. Hier war allerdings ein Football in die Öffnung gesteckt.
    Muldare hörte ungläubig Jurys Erklärung an, er sei hier, weil zwischen den Morden an Beverly Brown und einem Mann in Philadelphia vermutlich ein Zusammenhang bestehe. »Das klingt sehr weit hergeholt, wenn ich das mal so sagen darf.«
    »Ich weiß. Aber trotzdem schadet es ja nichts, wenn ich Ihnen ein paar Fragen stelle.« Was Jury tat.
    Patrick Muldare ertrug Fragen und Bemerkungen mit Fassung. Er hatte sich nach hinten zurückgelehnt, das Buch, das er gerade gelesen hatte, an die Brust gedrückt, einen Fuß auf einen Klappstuhl gelegt. Er gehörte zu den Menschen, die immer jünger aussahen, als sie waren. Jury schätzte ihn auf Mitte dreißig. Cordjacke (teuer, bemerkte Jury) und Turnschuhe trugen zu seinem jugendlichen Image bei. Das weizenblonde, unordentlich lange Haar schob er sich immer wieder aus der Stirn. Auch die getönten Brillengläser mit Metallrahmen konnten einen Ausdruck ständigen Überraschtseins und Erstaunens in seinen Augen nicht verbergen. Er wirkte wie ein verwundertes Kind.
    Jury begann mit einem Thema, das er für nicht gar so brisant hielt: dem Manuskript.
    »Ob ich glaube, daß es getürkt ist?«
    »Glauben Sie, um etwas genauer zu sein, daß sie es getürkt hat?«
    »So wie ich sie kenne, ja, wahrscheinlich. Kann ich eine Zigarette haben? Ich versuche gerade aufzuhören.«
    Jury reichte Muldare die Schachtel. »Klingt nicht, als hätten Sie sie sehr gemocht.«
    Muldare zündete ein Streichholz an, zog den Rauch tief ein und entspannte sich. »Stimmt. Aber ... hm ... wissen Sie.«
    Aber. Hm. Wissen Sie ... Das war Muldares Kommentar zu seiner Affäre mit Beverly Brown. Man mußte eine Frau ja nicht unbedingt mögen, um mit ihr ins Bett zu gehen. Jury hatte den Eindruck, er simplifiziere die Angelegenheit. »Gab’s Ärger?«
    »Mit Beverly hätte jeder Ärger gehabt. Sie wollte zuviel.«
    »Heiraten?«
    »Mich?«
    Jury mußte lächeln, weil Muldare von dieser Idee wirklich überrascht zu sein schien. Seine Augen schauten noch erstaunter drein, als könne er nicht glauben, daß ihn jemand heiraten wolle. »Na ja, Mr. Muldare, es tut mir leid, wenn ich das so klischeehaft ausdrücke, aber ich habe den Eindruck, Sie sind ein guter Fang.«
    »Hm, ja. Ich bin reich, das stimmt. Aber ich weiß nicht. Beverly hatte Pläne, da war ein Ehemann nicht eingeschlossen.«
    »Hat sie mit Ihnen über dieses angebliche Poe-Manuskript gesprochen?«
    »Jawohl, der kleine Leckerbissen sollte ihre Karriere in Gang setzen. Sie hätte ja auch einen todsicheren Coup damit gelandet. Beverly hatte so eine Zuschlag-Mentalität, wenn Sie verstehen, was ich meine. Unter anderen Bedingungen hätte sie eine Topguerillera abgegeben.« Sein Lächeln war so schnell gekommen und verschwunden wie eine Schwalbe, die in den Himmel schießt. Er wandte den Kopf zum Fenster, in das Licht, das neben der Vitrine hereinfiel. »Der Vergleich klingt vielleicht ein bißchen hart.
    Aber Beverly versuchte wirklich, das, was sie wollte, mit allen Mitteln durchzusetzen.« Er nahm den Football aus der Öffnung der chinesischen Vase, drehte ihn in den Händen

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