Fremde Federn
hat es erklärt. Das ganze Zeug mit dem Dexter und Sinister habe ich nicht so recht verstanden. Das ist alles Neuland für mich.« Er strotzte vor Selbstgefälligkeit.
»Macht nichts. Ah, das Motto gefällt mir.«
Wiggins las es. »Sans was?«
»>Sans Malaise<.«
Wer sagt’s denn? dachte Jury.
Kapitel 23
»Aquarium? Nein. Was soll ich im Aquarium?« fragte Melrose Hughie, als er am nächsten Morgen ins Taxi stieg. »Ins Poe-Haus! Edgar Allan Poe, in dessen Haus.«
Hughie seufzte, das war ja nun alles zu öde. Er ließ den Motor an, aber im Leerlauf. »Sie müssen sich das Aquarium ansehn, bevor Sie wieder fahrn. Und was ist mit dem neuen Stadion?«
»In die Amity Street. Das Poe-Haus. Sie sind noch nie drin gewesen, hab ich recht?«
Als der Wagen anfuhr - »losschoß« wäre ein treffenderer Begriff für die stromstoßartige Vorwärtsbewegung gewesen, die Melrose gegen den Rücksitz warf-, sagte Hughie: »War Schriftsteller, stimmt’s? Was ist das Interessante daran? Riesenstechrochen hat er ja wohl nicht gehalten.« Das fand Hughie wunderbar witzig und schlug mit der Hand aufs Steuerrad. Sie brausten über den Broadway. »Im Aquarium gibt es ’nen ganzen Pulk Rochen - jemand hat mir gesagt, die größten in Nordamerika.«
»Woher nehmen Sie denn die Zeit, dahin zu gehen? Gurken Sie nicht tagaus, tagein durch Baltimore?«
Hughie suchte Melroses Blick im Rückspiegel. Er schien schmerzlich berührt. »Hörn Sie, ich mach das jetzt wahrhaftig lange genug. Ich hab Ihnen doch gesagt - dreißig Jahre und ein paar Gequetschte. Hab ich da nich auch mal ’n bißchen Freizeit verdient?«
Melrose antwortete nicht; über mangelnde Freizeit konnte Hughie sich doch eigentlich nicht beklagen.
Als sie die Lombard Street entlangfuhren, erspähte Melrose das kleine Schild zur Cider Alley. Durch das hintere Fenster sah er, wie es vorbeiflog, und beschloß, sich auf der Rückfahrt dort von Hughie absetzen zu lassen. Er fragte: »Werden in Baltimore häufiger Obdachlose ermordet?«
»Ach, ich glaub schon. Es kommt einem so dumm vor, was? Ich meine, bei denen gibt’s doch gar nichts zu holen. Aber die Drogenkriege, Kokain, wissen Sie. Herr im Himmel, kein Mensch blickt noch durch, was zum Teufel hier abgeht. Wir werden langsam wie D.C. Eins muß ich aber sagen zu D.C. - sie haben die Skins. Sie haben Art Monk -Mann, Art Monk ist der helle Wahn. Ich hab Ihnen doch erzählt, daß Baltimore vielleicht eine von den zusätzlichen Lizenzen kriegt. Hab ich oder hab ich nich?« Hughie rutschte herum und verrenkte sich den Hals, um Melrose bei dieser wichtigen Angelegenheit Auge in Auge sehen zu können.
»Sie haben es erwähnt, ja - und jetzt fahren Sie in einen Lastwagen rein.«
»He, Mann!« Hughie riß das Steuer herum, schnitt einen anderen Wagen und hupte laut und ärgerlich. Es trötete wie eine Herde Kanadagänse.
»Egal, hab ich Ihnen erzählt, daß Barry - Barry - verflucht, wie heißt er noch? - Levinson! Genau, Barry Levinson! Egal, der hat die Baltimore-Filme gemacht, von denen ich Ihnen erzählt hab. Er ist in einer der Gruppen. Also, ich behaupte, wenn Barry soviel Geld wie bei der Filmerei zusammenbringt, wacht die NFL vielleicht auf und kapiert was. Er hat Bugsy gemacht, stimmt’s? Mit Warren Beatty. Und seiner Frau. Annette Bening - kennen Sie die?«
Hughie hielt zwar an einer Ampel an, aber nicht in seinem Wortschwall inne, um die Antwort abzuwarten. Dann beschleunigte er Auto und Rede. »Und diese Bande, die gar nich aus der Stadt ist. Die Grundstückshaie und Industriebonzen, die ich nich gerade koscher finde, die wolln die Lizenz haben. Wie in dem Danny DeVito-Film über diesen Typen, der immer marode Firmen aufkauft. Ham Sie den gesehen? Egal, er wollte Gregory Pecks Firma übernehmen, hat’s aber nich geschafft. Es gibt schon so was wie den American Way, obwohl man das nicht glauben würde, wenn man die Japaner anguckt.« Auch das fand Hughie sehr witzig. »Ich meine, so viele wolln sich die Lizenz un-tern Nagel reißen. Der Hühnchen-Typ, wie heißt er gleich, der mit der piepsigen Stimme? Perdue! Es hieß, er würde die Sache auch unterstützen, hat er aber doch nich. Ich tippe trotzdem auf Barry Levinson und seine Leutchen, die haben die meisten Chancen. Aber der große Macker in der Gruppe ist er auch nich, zu dumm. Die Besitzer der NFL, die würden doch liebend gern mit ihm oder zum Beispiel Tom Clancy ins Geschäft kommen.«
»Aber gewiß doch«, sagte Melrose, der Hughie nur halb zuhörte.
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