Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
seinen Kommentaren auf das vorliegende Problem beschränken könnte?«
    Stant verneigte sich ein wenig und murmelte eine Entschuldigung.
    »Manchmal hat sie mir schon was erzählt - aber das war meist erfunden, glaube ich«, sagte Annie. »Doch wenn Sie das mit dem Kind meinen und so, nein, davon hat sie mir nichts erzählt.«
    »Darauf kommen wir noch zurück. Einen bestimmten Mann hat sie nicht erwähnt?«
    »Nein, Sir. Heute ging sie mit einem aus Spalding, morgen mit einem anderen. Dorcas, die war so flatterhaft. Die Suppe hat sie sich selbst eingebrockt.
    Und nach allem, was ich mitgekriegt habe, hat sie damit gerechnet, daß er sie heiratete. Sie war nicht hübsch, das Mädchen, weder das Gesicht noch die Figur. Sie hatte keine schönen Augen, keine schöne Haut oder Zähne und auch kein schönes Haar. Nichts davon war ihr in die Wiege gelegt.«
    Melrose fand diese überraschende kleine poetische Wendung richtig liebenswürdig.
    Nachdem nun also aktenkundig war, daß Dorcas eine flatterhafte und konfuse junge Frau gewesen war, fragte Stant die Zeugin, ob sie bemerkt habe, daß sich Dorcas vor ihrem Tod in irgendeiner Weise anders verhalten habe.
    »Ja, Sir, das kann man wohl sagen. Eine Zeitlang -also, ein paar Monate - war sie quietschfidel. Das muß gewesen sein, als ein Mann ins Spiel kam. Dann, etwa eine Woche bevor - bevor sie sich hat umbringen lassen, hm, da wurde sie vollkommen anders, da war sie mürrisch und mißlaunig. Und ich wette, da hat sich der Mann verdrückt. Ist doch immer wieder dasselbe. Das alte Lied, das kenne ich.«
    »Wohl wahr. Mrs. Suggins, sie hat einer Freundin und einer Tante erzählt, daß sie fast im dritten Monat schwanger war. Haben Sie irgendeine Vermutung, warum sie sich eine solche Geschichte ausgedacht haben könnte?«
    Annie bewegte sich schwerfällig im Zeugenstand und setzte eine strenge Miene auf. »Wer sagt denn, sie hat sie sich ausgedacht? Das Mädchen konnte niemanden durch nichts beeindrucken, aber so, wie ich sie kannte, hätte sie eine solche Geschichte nur verbreitet, wenn sie überzeugt gewesen wäre, daß sie schwanger war.« Annie reckte sich und plusterte sich auf, als wolle sie mit ihrem Wissen hinauf zur Decke schweben. »Ich muß sagen, Sir, ich war schockiert. Wirklich. Aber sie war ja auch dauernd in dem Pub, und Gott weiß, was sie da trieb. Sie war immer so lange dort, daß ich dachte, vielleicht hat sie nachts noch eine Arbeit. Zündet die Sterne an oder so was.«
    Da lächelte selbst der Richter. Melrose schrieb es auf, um es in Zukunft vielleicht auch einmal zu verwenden.
    »Und dann haben Sie herausgefunden, daß sie tatsächlich einen Zweitjob dort hatte?«
    »Ja, aber nur ein paar Stunden die Woche. Keine richtige Anstellung. Ich glaube, sie verbrachte bloß deshalb soviel Zeit dort, weil sie mit Männern rumpoussieren konnte. Womit ich nichts gegen die Männer sagen will, wenn Dorcas sich falsche Hoffnungen machte. Auf einen von den jungen Burschen da muß sie ein Auge geworfen haben.«
    Oliver Stant schwieg, als zögere er, die nächste Frage zu stellen. Dann fragte er doch: »Hat Dorcas je davon gesprochen, daß sie für jemanden in Fengate besondere Gefühle hegte?«
    Annie Suggins wich zurück. »Für Mr. Owen? Ach du liebe Güte.« Sie konnte sich gar nicht beruhigen vor Lachen.
    »Ich dachte eher an Mr. Price.«
    Mit nun tief gefurchter Stirn schüttelte Annie langsam den Kopf. »Leider, leider muß ich sagen: ja, ich glaube ja. Als sie an einem Morgen mal wieder rumträumte und schwärmte, wie nett er wäre, da habe ich zu ihr gesagt: Weißt du, Mädchen, du denkst vielleicht an ihn, aber ich kann dir eins sagen: Mr. Price denkt garantiert nicht an dich!«
    Wieder wurde im Saal gelacht und gekichert. Der Richter sandte tadelnde Blicke in die Reihen der Zuhörer.
    »Und woher wissen Sie das, Mrs. Suggins? Hat Mr. Price mit Ihnen über Dorcas gesprochen?«
    »Nein, natürlich nicht. Wenn sie von heute auf morgen gekündigt hätte, hätte Mr. Price es nicht mal gemerkt. Verstehen Sie mich nicht falsch! Er war natürlich entsetzt über den Tod des armen Mädchens, aber nicht persönlich betroffen.«
    Oliver Stant lächelte und nickte. »Ist sie abends immer so lange weggeblieben? Bis halb zwölf oder so?«
    »Nein. An den meisten Abenden kam sie gegen zehn zurück. Na ja, schließlich mußte sie ja auch früh aus den Federn. Trotzdem mußte ich sie an so manchem Morgen aus dem Bett zerren. Ich habe mich sogar ein-, zweimal bei der Chefin

Weitere Kostenlose Bücher