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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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hatten?«
    Apted erhob sich gelangweilt. »Euer Ehren ...«
    Aber Stant und nicht der Richter antwortete auf den Einspruch. »Euer Ehren, kann man gegen eine solche >Schlußfolgerung< Einspruch erheben? Wenn mein Botenjunge hereinkäme, an einem Marmeladenfleck auf seinem Hemd kratzte und sagte: Verdammter Doughnut<, wäre es gewagt, wenn ich daraus folgerte, die beiden Dinge hingen zusammen?«
    Um den Mund des Richters zuckte es, aber er ließ den Einspruch des Verteidigers gelten.
    Melrose war sich sicher, daß es unerheblich war. Die Geschworenen hatten zur Kenntnis genommen, daß Dorcas Reese etwas entdeckt oder gehört hatte, das ihr Leben in Gefahr brachte.
    »Wenn wir noch einmal zu dem Abend des ersten Mordes zurückkehren könnten, Mrs. Suggins«, fuhr Oliver Stant fort. »Hatte Ihrer Kenntnis nach die Beklagte jemals einen Grund, in die Abstellkammer neben der Küche zu gehen?«
    »Ja, Sir, sie ist ein- oder zweimal da durchgekommen. Ich erinnere mich, daß sie einmal gesagt hat, ihre Schuhe wären von dem Weg schmutzig und sie wollte den Dreck nicht ins Haus tragen.«
    »Und hatte, wieder nur, soweit Sie wissen, die Beklagte gesehen, wo das Kleinkalibergewehr, das Max Owen gehört, aufbewahrt wurde?«
    Annie verzog das Gesicht. »Das kann ich wirklich nicht sagen. Aber ich erinnere mich, daß sie an dem Samstag in der Küche war, als Mr. Owen Burt - das ist Mr. Suggins - Vorhaltungen machte, daß er die Waffe nicht im Kasten verschloß, wie es sich gehört.«
    »Wo ließ Ihr Mann sie denn, wenn er sie nicht benutzte?«
    »Also, es klingt schrecklich leichtsinnig von Burt, und das ist es ja wahrscheinlich auch, aber er hat das Gewehr einfach in der Ecke stehenlassen. Weil er es dauernd brauchte. Er liebt den Garten, wissen Sie, die Blumen und das Gemüse, und immer kommen die Kaninchen und die Eichhörnchen und was weiß ich, und fressen alles ratzekahl.«
    »Aha. Also hätte jeder hineingehen können, entweder durch die Küche oder von außen durch die Tür des Abstellraums?«
    Annie zuckte die Achseln. »Ja, das muß ich zugeben, jeder.«
    »Und Mr. Owen, besaß der noch eine Handfeuerwaffe?«
    Sie zuckte zurück, als halte ihr jemand eine vor die Nase. »Meine Güte, nein, das glaube ich nicht, Sir! Ich habe jedenfalls nie eine gesehen und auch nie von einer gehört. Es ist doch auch sehr schwer, überhaupt einen Waffenschein zu bekommen, und ganz besonders für so eine.«
    »Es gab aber zwei Schußwaffen im Haus, ein Kleinkalibergewehr und eine Schrotflinte -«
    Apted stand demonstrativ gelangweilt auf: »Euer Ehren, wir haben einen Waffenexperten hier. Außer über das Gewehr, das Mrs. Suggins selbst gesehen oder das ihr Mann benutzt hat, kann sie keine Aussage darüber machen, was für Waffen im Hause waren oder nicht.«
    »Ich will darauf hinaus«, sagte Oliver Stant, »daß die Beklagte Zugang zu dem Kleinkalibergewehr hatte.«
    »Das haben wir ja auch alle begriffen«, sagte Ap-ted. Als er an der Reihe war, Annie zu befragen, verzichtete er vorläufig.
    Als sie dann gebeten wurde, aus dem Zeugenstand zu treten, reagierte sie, als widerfahre ihr eine grobe Unhöflichkeit, als komplimentiere man sie hinaus, obwohl sie ihren Tee noch nicht ausgetrunken hatte. Doch als sie merkte, wo sie war, errötete sie, lächelte sowohl Oliver Stant als auch den Richter an und legte einen würdevollen Abgang hin.
    Und in dem Moment erinnerte sich Melrose daran, was Jury gesagt, ja, was eine Reihe von Leuten gesagt hatte: »Warum vergessen wir immer wieder Dorcas Reese?« Nicht die Antwort darauf war wichtig, sondern die Frage selbst.
    Melrose verließ den Gerichtssaal in der kurzen Zeit, in der Anwälte und Zeugen aufstanden und sich die Füße vertraten. Es war einiges los, denn viele Leute hielten es für eine nette Unterbrechung des grauen Alltags, einer Gerichtsverhandlung beizuwohnen, in der es um einen Mord ging, einen Doppelmord sogar. Melrose bemerkte drei Personen, die still und stumm auf einer Bank vor der Tür saßen und einander offensichtlich fremd waren. Zeugen? Und dann blieb er stehen, weil er die Buchstaben auf der Mütze sah, die der stämmige Mann in Händen drehte.
    Straßenbauarbeiten! Melrose starrte ihn einen Moment an, aber der Bursche war so tief in Gedanken versunken, daß er nicht in Melrose' Richtung schaute. Als Melrose einen Schritt auf die Bank zuging, merkte es der Wachbeamte an der Tür und schüttelte den Kopf. Wirklich ein Zeuge? Melrose hatte den Mann natürlich nie gesehen, aber

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