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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Jahren in Stonington zurückzog. Damals waren sie durch ein Grab voneinander getrennt gewesen, und er fürchtete, daß sie immer noch ein Grab trennte. Er wartete, daß sie wieder auf die Gerichtsverhandlung zu sprechen kam. Vergeblich. Mit ihrem Kaffee und Cognac blieben sie zu beiden Seiten des Kamins sitzen, Jenny starrte ins Feuer, er beobachtete sie. Er fragte sich, wie sie es schaffte, sich immer so von den Menschen abzuschotten.
    Als er zurückzählte, stellte er fest, daß er sie in den etwa zehn Jahren ihrer Bekanntschaft im Grunde nur ein halbes dutzendmal gesehen hatte. Eigentlich wußte er wenig von ihr. Wieder wurde ihm eiskalt klar, daß das nun zwischen ihnen herrschende Schweigen nicht das behagliche Schweigen alter Freunde war, die nicht miteinander sprechen müssen, um sich einander nahe zu fühlen. Nun spürte er ihr Getrenntsein ganz besonders stark; das Schweigen zwischen ihnen war erfüllt von unausgesprochenen Worten - der Schuldzuweisung, der Hoffnung, der Verzweiflung. Wie weißes Rauschen.
    Ob es ihr etwas ausmachte, konnte er nicht erkennen. Das war ja gerade das Problem. Er war auf ihre Gefühle nicht gepolt (wenn es denn Gefühle waren, die er immer gut hatte entziffern können). War das stets so gewesen? Vermutlich ja, aber überlagert von seiner eigenen Bereitschaft, über sich zu reden. Von Jenny war kein einziges Mal ein solcher Monolog gekommen, wie er ihn erst vor ein paar Wochen über seine Kindheit und den Tod seiner Eltern abgelassen hatte. Schockartig traf ihn nun die Erkenntnis, daß er über das unmittelbar Offensichtliche hinaus nichts von ihr wußte: Ihr Mann war gestorben, sie war aus Stonington weggezogen und hatte sich hier in Stratford niedergelassen.
    Jury trank seinen Cognac aus und schaute sie weiter an. Ob sie es merkte? Sie zeigte es nicht. Sie schien vollkommen versunken in die Bilder, die die Flammen warfen. Unbehagen verwandelte sich in Hoffnungslosigkeit; was auch immer gewesen war, er spürte, wie es entglitt. Warum, wußte er nicht, und wenn er sie gefragt hätte, hätte sie ihn stumm überrascht angeschaut. Er konnte nicht auf eine lange, enge Verbundenheit mit ihr bauen. Sie war weder lang noch - mußte er sich nun eingestehen - eng, obwohl Jahre vergangen waren. Wahrscheinlich ließ ihn die Verzweiflung darüber aus dem Sessel aufstehen. Mit einem Schritt war er bei ihr. Er streckte die Hand aus, und mit einem wahrhaft unergründlichen Lächeln ließ sie sich von ihm hochziehen und - mehr als küssen, auch mehr als nur »ließ«. Dann holte sie tief Luft, umschlang ihn fester und legte den Kopf an seine Schulter. Er empfand sie als seltsam unkörperlich, als sei sie nicht aus Fleisch und Blut, sondern eine Gestalt in einem Magritte-Gemälde, die durch Wolkenbänke davongeht.
    »Es spricht doch eigentlich nichts dagegen, daß wir uns miteinander beschäftigen, während du so heftig nachdenkst«, sagte sie.
    Obwohl ihr Gesicht an seiner Schulter vergraben war, spürte er, wie sie lächelte. »Ganz meiner Meinung.«
    So unkörperlich sie auch sein mochte, sie führte ihn nach oben.
    Wenn sie miteinander schliefen (hatte er sich gesagt), würde die Distanz überbrückt, aber er hatte es damals nicht geglaubt und glaubte es auch jetzt nicht. Sie lagen auf dem Rücken und schauten zur Zimmerdecke.
    Außer ein paar liebevollen Worten hatten sie einander nichts gesagt, und nun fragte er sich, ob sie nicht beide darauf warteten, daß der andere sprach, daß der andere herausfand, warum sie zusammen im Bett lagen. Es erklärte. Ihm fiel nur ein: »Geh nicht weg, Jenny.«
    »Nach all dem habe ich das Gefühl, ich müßte.«
    Kein Verhandeln, keine Diskussion.
    Gestern, ja noch heute morgen hätte er vielleicht gesagt: »Bleib hier und heirate mich.« Jetzt nicht mehr. »Das verstehe ich nicht«, sagte er wieder, ebensosehr zu sich selbst wie zu ihr.
    »Ich glaube, doch.« Sie drehte den Kopf und musterte ihn.
    »Nein.« Er schüttelte den Kopf.
    Wieder entstand ein langes Schweigen, und wieder wurde er sich des Problems bewußt: Sie hatte niemals, nicht einmal im Verlaufe der gesamten Verhandlung, gesagt, sie sei unschuldig. Er hatte sie auch nie gefragt. Während er darüber nachdachte, sprach sie es aus.
    »Du wärest meiner nie sicher, über meine Beziehungen zu - anderen Männern. Du hättest nie Gewißheit, daß ich es nicht war.«
    »Lächerlich.« Obwohl er das so inbrünstig sagte, wußte er, daß er log.
    »Und warum fragst du dann nicht?«
    Er wartete einen

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