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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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it myyyyyy-waaaay.«
    Hier im Lion and Snake wurde Frank überflüssig, denn die beiden hörten keineswegs auf zu singen, als Jury zurückkam. Sie schauten ihn an, als fragten sie sich, was dieser nüchterne Richter an ihrem Tisch verloren habe, und sangen fröhlich weiter.
    »Die Leute gucken schon«, sagte Jury, kippte ein Drittel seines Glases hinunter und überlegte, wie lange er brauchte, um ihren Alkoholpegel zu erreichen.
    »I chewed it up And ssssspit it out!«
    Sie spuckten mit. Jury zückte sein Taschentuch und wischte sich übers Jackett. Im Grunde war er froh, daß die beiden das ganze Geschwafel von Zusatzanträgen und Einsprüchen, Falschaussagen und Schuldbekenntnissen in Alkohol ertränkten. Er leerte sein Glas und wurde gleich ein wenig sorgloser, wenn auch noch nicht betrunken.
    Charly hatte sogar eine sehr hübsche Stimme, sie klang, als sei sie ausgebildet. Melrose schleppte, er war derjenige, der den Text nicht ordentlich konnte und zwischendurch immer »la-la-la« sang. Aber den Schluß, den hatte er drauf, und als Frank den heraushaute, erhoben er und Charly sich halb von den
    Stühlen und stimmten mit ein. Dann ließen sie sich lachend zurückfallen. Es sah nicht so aus, als führe Melrose heute abend noch nach Northants zurück.
    Plötzlich klopfte ihm jemand auf die Schulter. Die Chefin oder Barfrau oder wer immer sie war bedeutete ihm diskret, daß seine »Freunde« ein winziges bißchen zu laut seien und andere Gäste sich beschwert hätten. Lächelnd zeigte Jury ihr seinen Ausweis. »Schauen Sie, sie feiern. Sie sind gerade von einem wirklich grausigen Verbrechen freigesprochen worden.«
    »Haben sie gesungen?« Sie ging.
36
    Kurz nach zehn war er in Stratford und eine Viertelstunde später in der Ryland Street. Das komplizierte Einbahnstraßensystem der Stadt hatte es in sich. Bog man einmal falsch ab, war man auf halbem Wege nach Warwick. Aber irgendwas hatten sich die Stadtväter ja ausdenken müssen, um den ewigen Touristenverkehr durchzuschleusen. Wenigstens fand er einen Parkplatz neben der Kirche, nicht weit von Jennys Haus.
    Durch das Vorderfenster sah er, wie Jenny zwischen Küche und Eßtisch hin- und herging. Zum Essen war es ja eigentlich schon zu spät, aber vielleicht hatte sie im Zug nichts bekommen oder war noch nicht lange zu Hause. Sie hatte eine Schürze umgebunden und ein Glas Wein in der Hand und nahm einen Teller von dem Tisch, an dem sie vor nicht allzulanger Zeit zusammen gegessen hatten. Während er beobachtete, wie sie den Teller in die Küche trug, fiel ihm auf, wie gemütlich, ja fast schon klischeehaft heimelig die Szene wirkte.
    Jury glaubte zwar, daß er mit einer bestimmten Absicht hierhergekommen war, aber nun zögerte er an der Tür. Wieder befielen ihn die unguten Gefühle, die er auch auf dem Bahnsteig empfunden hatte.
    Und allemal hatte er Bedenken, wie sie ihn empfangen würde. Wenn sie ihn hätte sehen wollen, hätte sie es schließlich nicht so eilig gehabt, Lincoln zu verlassen. Er klopfte.
    Als sie die Tür öffnete und ihn sah, rief sie zwar höchst erfreut: »Richard!«, aber für seinen Geschmack tatsächlich zu überrascht. Sie sollte nicht überrascht sein, daß er ihr gefolgt war! Ihre beinahe trotzige Weigerung, seine Gefühle zur Kenntnis zu nehmen, ärgerte ihn maßlos, doch er bemühte sich, es nicht zu zeigen.
    Ach, vergebens ...
    »Warum, zum Teufel, sind Sie weggelaufen?« sagte er noch in der Tür.
    Sie band sich die Schürze ab. »Kommen Sie herein. Haben Sie schon gegessen?«
    Hatte er nicht, aber verdammt noch mal, von Essen ließ er sich jetzt nicht ablenken. »Ja. Riecht aber gut.« Er spürte, wie steif sein Lächeln war.
    »Pot au feu«, sagte sie und schloß lächelnd die Tür hinter ihm. »Geben Sie mir den Mantel. Meine Güte, sind Sie den ganzen weiten Weg gefahren . ?« Ihre Worte verloren sich, als wolle sie ihn etwas fragen, suche dann aber Zuflucht beim Üblichen. Sie bestand darauf, ihm Kaffee und einen Schnaps zu holen, als ob er sich plötzlich erkältet hätte. Hatte er ja vielleicht auch. Seine Finger fühlten sich wie Eiszapfen an. Er setzte sich an den Kamin, gegenüber dem Sessel, in dem sie gesessen haben mußte, bevor sie aufgestanden war, um sich in der Küche zu schaffen zu machen. Kurze Zeit später war sie mit einem Tablett mit zwei Tassen Kaffee, Karaffe und Gläsern zurück.
    »Herrgott, was gäbe ich jetzt für eine Zigarette«, sagte Jury und nahm den Kaffee und den Cognacschwenker. Er trank einen

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