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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Wiggins: »Ist ja auch einerlei, Vera hat mich von vielen Medikamenten runtergebracht -« Ach, nein! Und was ist dann in den beiden Flaschen? Und die orangefarbene Brühe in der Tasse?
    »- zu einer gesunden Lebensweise angeregt. Vera hält viel von der ganzheitlichen Medizin, davon, den ganzen Menschen zu behandeln.«
    »Haben Sie vorher nur Teile behandelt?«
    Wiggins schraubte eine der Flaschen auf und goß etwas in das Glas. Es sprudelte. Wahrscheinlich Bromo-Seltzer. Seit dem Ausflug nach Baltimore war Wiggins süchtig danach.
    »Ich versuche ernst zu sein, Sir.«
    »Entschuldigung.« Jury beobachtete, wie er den Verschluß wieder auf die Flasche schraubte, die Bewegungen seiner Finger waren aufreizend geschmeidig und elegant. Ein Mann ohne Frauenprobleme. Jury wurde noch deprimierter.
    »Ich dachte, Sie freuten sich. Schließlich haben Sie genauso darunter gelitten wie ich.«
    Niemand konnte so leiden wie Wiggins. Jury war richtig gerührt, weil Wiggins wenigstens die Möglichkeit erwog, daß andere auch ihr Päckchen an ihm zu tragen hatten. »Ganzheitlich, hm. Wie zum Beispiel die Medizin aus Rote-Bete-Blättern und so was?«
    »Sie denken an >homöopathisch<.«
    Eher an »psychopathisch«, als er zusah, wie es aus Wiggins' Glas blubberte und sprudelte.
    »Homöopathisch ist das hier.« Wiggins hielt ein Röhrchen hoch. »Es ist ein natürliches Medikament.«
    Jury deutete mit dem Kopf auf den gelblich-trüben Trank. »Und was ist das?«
    »Aprikosenaft mit Seetang.« Wiggins erhob die Tasse, als proste er dem Büro zu oder segne es, und leerte es dann in einem Zug. Mit einem »Aaaah!« setzte er es ab wie ein alter Seebär, der sich gerade einen Schluck höchstprozentigen Rum hinter die Binde gekippt hat.
    Jury mußte zugeben, daß es schon eine gute Therapie war, Wiggins bloß zuzuhören. Es lenkte ihn ab, denn die meiste Zeit verspürte er das Bedürfnis, Wiggins zu erdrosseln, und die Energie, die da hineinfloß, hätte er sonst damit vergeudet, über Jenny Kennington nachzugrübeln.
    Heute morgen hatte er eine Nachricht von ihr bekommen. Nein, nicht persönlich, sondern durch Carole-Anne Palutski ausgerichtet, was ein himmelweiter Unterschied, sprich so gut wie überhaupt keine Nachricht war. Was Jenny tatsächlich und was sie laut Carole-Anne gesagt hatte, war so verschieden wie Tag und Nacht.
    Als Jury morgens seine Wohnungstür geöffnet hatte, hatte der Hund Stone davorgesessen, mit einem rosafarbenen Zettel im Maul, der aussah wie eine zweite Zunge.
    Das war Carole-Annes neue Art, Jury die telefonischen Nachrichten zu übermitteln, von denen sie hoffte, sie würden verlorengehen, vollgesabbert oder gefressen werden, bevor Jury die Möglichkeit hatte, sie zu lesen. Diese Behandlung widerfuhr den Nachrichten von Frauen, die Carole-Anne nicht kannte und daher nicht begutachten konnte (und nicht für gut befunden hätte, wenn sie sie gekannt hätte). Was Frauen betraf, hatte Jury sich nicht über den Umkreis seiner Wohnung in Islington hinauszubewegen.
    Der karamelfarbene Labrador wohnte auf dem Stockwerk zwischen Jury und Carole-Anne. Jenny hatte offensichtlich gestern abend oder heute früh angerufen, als Jury nicht, Carole-Anne aber sehr wohl dagewesen war, das heißt in seiner, Jurys,
    Wohnung. Statt es aufzuschreiben und den Zettel neben das Telefon zu legen, was jeder normale Mensch getan hätte, hatte sie ihn mit in ihre Wohnung genommen und ausgeschmückt, bis er vollkommen unleserlich wurde, und dann dem Hund zum Überbringen gegeben. Fluchend hatte Jury versucht, ihre winzige Handschrift zu dechiffrieren. Kurz nach dem Hund kam auch Carole-Anne die Treppe heruntergerannt, etwas LeuchtendblauRotgoldenes flitzte vorbei. Sie mußte zur Arbeit. »Tut mir leid, Super, hab's eilig«, rief sie, als er versuchte, sie wegen der Nachricht anzuhalten.
    Unglaublich wütend hatte Jury Wasser aufgesetzt und sich mit zusammengekniffenen Augen und Lesebrille bemüht, ihr einen Sinn zu entnehmen.
    Fürchte Politik Linx Komma Max Oben Fenchel dann Blablabla - unmöglich zu entziffern - dann
    Strandfoto haftet.
    Der Rest bestand aus schwarzen Tintenklecksen. Warte, bis ich dich allein erwische, Carole-Anne!
    Noch einmal las er es durch. »Fürchte Politik« verstand er. »Fürchte linke Politik?« Quatsch. Dann: »Kommen Sie ...?« Auch Quatsch. »Polizei«, das war's. Die Kripo aus Lincolnshire. »Max Oben Fenchel«. Jury kratzte sich am Kopf. Max Owen! Genau. Es ergab aber immer noch keinen Sinn.

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