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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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eine Weile über Verfahrensfragen, dann legte Lasko auf.
    Jury knallte den Hörer etwas heftiger auf als nötig. Wiggins zuckte zusammen. Das war so gar nicht typisch für Jury. »Dann geht's um Lady Kennington, Sir? Was im Busche?«
    »Kann man wohl sagen.« Jury rieb sich das Gesicht.
    »Dann fahren Sie nach Stratford?«
    Jury warf ihm einen wütenden Blick zu. »Ich kann nicht immer alles stehen und liegen lassen und nach Stratford rasen. Freundin hin oder her!« Wieder betrachtete er den Haufen rosaroter Zettel, als seien sie mit Runen beschriftet, und überlegte, warum er das gesagt hatte.
    Wiggins erschrak. Hatten Jurys Freunde in Zukunft mit einer solchen Behandlung zu rechnen?
    Böse, weil Jenny ihn nicht um Hilfe gebeten hatte, blieb Jury sitzen. Aber ging es nicht in Carole-Annes Nachricht genau darum? Nein. »Fürchte, die Polizei aus Lincs kommt«, war eher informativ als panisch. Da war Jury Carole-Annes Version schon lieber: »Fürchte mich. Kommen Sie.«
6
    Carole-Anne Palutski stand beziehungsweise lehnte in Jurys Tür und sah zu, wie er kleine bunte Glasstücke außen an eine Schachtel preßte, die teilweise mit tür-kisfarbenen Mosaiksteinchen bedeckt und etwa so groß wie Carole-Annes Kulturbeutel war.
    »Soll ich da rein, wenn ich verbrannt worden bin?« fragte sie.
    »Sie passen nirgendwo rein, Liebste, nicht einmal Ihre Asche. In kein Gefängnis, in keine Urne.«
    Carole-Anne bückte sich, um sein über die Schachtel gebeugtes Gesicht zu sehen. »Soll das eins von Ihren Komplimenten sein?«
    »Unterscheiden die sich denn so sehr von denen anderer Leute?« Jury pustete ein saphirblaues Glasstück ab - Carole-Annes Augenfarbe - und schob es in den feuchten Tonmantel.
    Ein paar Augenblicke schwieg sie. Dann konnte sie nicht mehr an sich halten: »Was machen Sie da?«
    »Ich drücke Glasscherben an eine Schachtel.«
    Ungeduldiges Stöhnen. »Das seh ich ja wohl selber, oder?« Sie war in ein drachenbesticktes chinesisches Gewand aus türkisfarbener Seide gehüllt, in dem sie schon den ganzen Morgen umhergeflattert war.
    »Es ist für eine Freundin«, sagte Jury.
    »Ja, gibt's denn so was? Sie sind Superintendent bei der Kripo!« Sie gähnte.
    Das Gähnen war getürkt. War ihr doch egal, was Jury seiner »Freundin« schenkte. Er drückte ein bernsteinfarbenes Stückchen fest. »Ich, der Superintendent von Scotland Yard, habe in letzter Zeit wenig Glück beim Superintendieren. Wenn natürlich meine Nachrichten ordnungsgemäß -«
    Carole-Anne, die sich immer wieder anders in Positur stellte, knotete prompt das Band enger, wenn ihre Seidenrobe vorn auseinanderzufallen drohte. »Ach nee, sind wir immer noch dabei?« Wieder gähnte sie.
    »Allerdings.« Sie traute sich wahrscheinlich wegen des Streits um Jennys Nachricht nicht ganz herein. Er stelle sich wirklich ein bißchen sehr an, behauptete sie hartnäckig und nicht ganz zu Unrecht und fürchtete wohl, daß er immer noch ein bißchen grantig war. »Fenchel? Blödsinn! So heißt das Haus, wo Sie warn. Warum sollte ich denn >Fenchel< schreiben?« Sie hatte den Text entschlüsselt, und natürlich war es ebensosehr eine Nachricht von Carole-Anne wie von Jenny. Das unleserliche Gekritzel war zum Großteil das, was Carole-Anne zu Jenny gesagt hatte. »Also sag ich zu ihr: >Na, ein Privatleben hat er ja wohl kaum, und wenn ich nicht dafür sorgte, daß er ab und zu mit ins Pub geht und so .<«
    (Gott allein wußte, auf welche Eskapaden Jurys die Worte »und so« anspielten.) Worauf er geantwortet hatte, wenn sie weiterhin die Nachrichten derart verhackstückte, die von seinen Freundinnen kämen, sei sein Privatleben bald »vollständig ruin, Carole-Anne, vollständig ruin«.
    Nun lehnte sie also am Türrahmen wie die Lady von Shalott. Normalerweise lag sie bäuchlings auf seiner Couch und las Illustrierte. Das störte ihn nicht. Im Gegenteil, es gefiel ihm. Besser als zu einem kalten Herdfeuer nach Hause zu kommen. (Wenn er denn eins hätte.)
    Sie griff sein angebliches Versagen als Kriminalpolizist auf und meinte: »Vielleicht liegt es daran, daß Sie Ihre Zeit damit verplempern, für eine Freundin zu basteln. Wer weiß, was das für eine ist.«
    Oha! »Es handelt sich um eine liebe Freundin.«
    »JK?«
    Obwohl sie die Fassade aus kühlem Desinteresse aufrechterhielt, war der ängstliche Unterton unüberhörbar.
    »Nein.«
    Als keine weiteren Verlautbarungen erfolgten, seufzte sie und stellte sich wieder anders hin: Arme hinter dem Rücken, gegen den

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