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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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ja?«
    Bravo! dachte Melrose und schlenderte hinter Owen her, während Grace zum Sideboard ging und eine Karaffe aus geschliffenem Glas holte. Wenn ich jetzt Teppiche begutachten soll, dann nichts wie her mit der Pulle!
    Im Nebenzimmer betrachteten Max und Melrose einen Teppich mit einem eleganten Wirbelmuster in Blau- und Rottönen. Grace holte aus einer der vielen Vitrinen mit Gläsern zwei heraus. An Gläsern würde es den Owens nie mangeln.
    »Es ist ein Nain. Sie wissen schon, diese sehr feinen Teppiche aus Persien. Aber Parker bestreitet es, er behauptet, das Muster haue nicht hin. Das hier sei ein Isfahan.«
    Melrose setzte eine nachdenkliche Miene auf. Ach, wenn doch Grace, die so wunderbar ohne Arg und Falsch war, nicht dabei wäre. Angesichts ihrer Aufrichtigkeit fiel es ihm extrem schwer, diese Nummer durchzuziehen. Er räusperte sich. »Kommt darauf an, was man mit Isfahan meint, würde ich sagen.«
    Max Owen war ein wenig verblüfft. »Hm, darüber sind sich die Leute ja wohl einig.«
    Melrose erlaubte sich ein Lächeln und ein betrübtes zartes Kopfschütteln. »Mr. Owen, in dieser Branche gibt es herzlich wenig, worüber die Leute sich einig sind.«
    Nun lächelte Max auch. »Da Sie sich mit Teppichen auszukennen scheinen, können Sie mir vielleicht Ihre Meinung über die im ersten Stock verraten.«
    Zum Kuckuck, dachte Melrose. Aber das mußte ja passieren, natürlich. Max Owen würde sich doch nicht an Jurys Liste halten!
    »Dann rede ich mit Annie über das Abendessen.« Grace stellte die Kaffeetassen auf das Tablett und ging damit hinaus. »Gegen acht? Bleibt euch dann Zeit genug?« rief sie im Weggehen.
    »Nein, aber acht geht trotzdem in Ordnung«, sagte Max. »Ich habe einen Bärenhunger. Und Durst!« Er nahm sein Glas und gab auch Melrose eins, wobei er seiner Hoffnung Ausdruck verlieh, Mr. Plant sei die Marke genehm. In diesem Stadium war Mr. Plant, dem ein Teppichstapel im ersten Stock dräute, jede Marke genehm. Max ging zu einer offenen Kredenz. (Zumindest hielt Melrose sie dafür. »Nennen Sie so was um Himmels willen nicht >Büfett<«, hatte True-blood ihn ermahnt.) Er setzte einen tiefblauen Aschenbecher, der nach Muranoglas aussah, zwischen sie auf einen alten Überseekoffer, war aber in Gedanken so bei seinen Antiquitäten, daß er das Rauchen ganz vergaß, falls er es vorgehabt hatte. »Ich habe Suggins gesagt, er soll den Burgundertisch, den Sie mitgebracht haben, oben in mein Arbeitszimmer stellen. Die Stücke, über die ich gern Gewißheit hätte, sind hier.« Max gab Melrose ein dickes Becherglas. »Zum Beispiel der Sekretär.«
    Wenn es etwas gab, worüber Melrose Bescheid wußte, dann über Sekretäre mit Schreibplatten. Davon war er zumindest überzeugt gewesen, bis sein Blick auf Owens fiel. Er war nämlich vollkommen anders als der, den er vor einigen Jahren in True-bloods Laden gesehen hatte. Und in den hier hätte man garantiert keine Leiche stopfen können. Er war schwarz lackiert, hatte Goldverzierungen, und wenn man die Vorderseite im Winkel von fünfundvierzig Grad herunterzog, bildete sie die Schreibfläche. Auf Owens Kommentare hin nickte er abwechselnd mit dem Kopf und runzelte die Stirn. Er verstand so gut wie nichts von Max' Antiquitätenhändlerjargon, ihm schwirrte der Kopf von Halbmondtischen, Jagdtischen, Toilettentischen. Und es war geradezu erstaunlich, was der Mann alles über Einlegearbeiten und Auslegeware, gewölbte Randleisten und japanische Lackarbeiten zum besten gab. Warum zum Teufel brauchte er noch andere Meinungen? Melrose unterdrückte ein Gähnen, er hatte das Gefühl, daß er genauso stumm und steif wurde wie der Sekretär. Als Max endlich zum Ende gekommen war, gab es keinen Quadratmillimeter Vergoldung, keine messingbeschlagene Ecke, kein Arkanthusblattmuster, mit dem er, Melrose, nun nicht intime Bekanntschaft geschlossen hatte.
    Max klappte die Schreibfläche auf und zu und fragte: »Was meinen Sie?«
    Melrose schaute nun ernsthaft nachdenklich drein, stützte das Kinn in die Hand, trommelte sich mit den Fingern auf die Wangen und sagte: »Ich glaube, Sie haben absolut recht.«
    Max Owen war hochzufrieden. »Sogar was die verborgene Schublade, das Geheimfach, betrifft? Der Bursche von Sotheby's hat gesagt, so etwas hätte er bei echten noch nie gesehen.«
    Hatte er eine Geheimschublade verpaßt? »Meinen Sie Tim Strangeways?« Trueblood hatte ihm dringend empfohlen, den Namen Strange ways zu erwähnen, falls Max sich über die Leute von

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