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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Dorcas Reese ignorieren? Ja, mehr noch, wie kann er die Möglichkeit ignorieren, daß es zwei Mörder gibt oder daß es jemand ganz anderes war?«
    Lasko breitete die Arme aus. »Die beide was mit Fengate zu tun hatten? Egal, fragen Sie nicht mich, ich bin nur der Babysitter.« Er rieb sich die verquollenen Augen, die angefangen hatten zu tränen, denn auch er hatte eine stolze Palette von Unverträglichkeiten aufzuweisen. »Aber hören Sie, Bannen läßt niemanden verhaften, wenn er nicht genügend Beweise hat. Weil sie wahrscheinlich eh einen Schicki-micki-Edelanwalt hätte, der sie raushauen würde, bevor er einen Piepser gesagt hätte.« Lasko nieste und putzte sich die Nase.
    »Das ist totaler Unfug. Die Frau ist mit einem Gewehr erschossen worden. Wie hat Jenny es dorthin gebracht?«
    Lasko zuckte mit den Schultern, öffnete und schloß Schubladen. »Vorher ins Auto gelegt? Am Tatort versteckt? Ihre Fingerabdrücke waren drauf.«
    »Die Fingerabdrücke von Hinz und Kunz waren auf der verdammten Waffe, einschließlich derjenigen der Köchin. Und Verna Dunns. Totaler Unfug«, wiederholte Jury.
    »Wirklich. Woher wollen Sie das wissen?«
    »Man kennt einen Menschen eben.«
    »Ja, das hat die Gattin des Yorkshire Ripper wahrscheinlich auch gesagt.«
    »Ach, nun machen Sie mal halblang, Sammy.«
    Sammy blätterte aber schon mit einer Hand Akten durch. »Schauen Sie, wenn Sie schon mal hier sind -«
    »Nein«, sagte Jury und erhob sich.
    Die Tür des Hauses in der Ryland Street öffnete sich genau in dem Moment, als Jury die Hand zum Messingtürklopfer hob. Jenny trat einen Schritt zurück. »Richard!«
    »Hallo, Jenny.« Sie trug den braunen Mantel und den Libertyschal. Beides hatte sie angehabt, als er sie das allererstemal gesehen hatte. Vor zehn Jahren. Wie konnte soviel Zeit verstrichen und sowenig dabei herausgekommen sein? »Wollten Sie gerade gehen? Ich begleite Sie, ja?« Nie war sie greifbar. Immer entzog sie sich.
    »Nur zu einem Spaziergang am Fluß.« Sie lächelte und schloß die Tür hinter sich. Dann sagte sie: »Warten Sie einen Moment, ich brauche noch etwas.« Sie ging wieder hinein, rannte die Treppe hinauf und war sofort wieder zurück.
    Als sie über den Bürgersteig zur Kirche und zum Park schlenderten, fragte er sich, ob sie etwas von der bevorstehenden Verhaftung wußte. So wie sie wirkte, nicht. Er erzählte ihr von seinem Besuch bei Pete Apted; sie reagierte angstvoll.
    »Wenn ich Pete Apted brauche, stecke ich wohl wirklich in der Klemme. Lieber Gott, wer bezahlt ihn denn?«
    Jury schaute zur Fassade der Kirche und lächelte. »Schon mal was von Armenrecht gehört?«
    »Ach ja, ganz bestimmt.« Sie lächelte kläglich.
    Sie liefen an der Kirche vorbei und kamen zum Fluß, wo sie nebeneinander stehenblieben. Jenny holte eine Plastiktüte aus der Tasche und begann, den Enten Brotkrumen hinzustreuen. Auch die Schwäne von weiter draußen kamen eilig zum Ufer gepaddelt.
    Jury fiel auf, daß Sammys Frage genauso berechtigt war wie Apteds. Wie konnte er so sicher sein, daß sie es nicht gewesen war? Seine Antwort, daß man es bei manchen Leuten eben weiß, war aber genauso berechtigt. Er kannte Jenny als großzügige, freundliche, loyale und bescheidene Frau. Von ihrer Vergangenheit wußte er allerdings sehr wenig, was ihn gelinde überraschte. Sie war mit James Kennington verheiratet gewesen, der, als Jury sie kennenlernte, schon tot war. Damals wollte sie gerade ihr großes Haus, Stonington, verlassen und es verkaufen, weil sie Geld brauchte.
    Mehr wußte er nicht. Jenny hatte weite Bereiche, die sie für sich behielt. Was ihm ein ungutes Gefühl bereitete, das er nicht erklären konnte. Selbst jetzt bewahrte sie trotz der Gefahr, in der sie steckte, eine unnatürliche Ruhe. Sie fütterte die Enten und Schwäne mit gelassener Verachtung für das, was um sie herum geschah. Es war eine überaus friedliche Szene, Mord und Lincolnshire schienen weit weg zu sein. Wie brenzlig es um sie stand, schien sie nicht zu berühren. Vielleicht, weil sie wußte, daß sie unschuldig war. Da konnte ihr nichts passieren.
    Ein herrischer Schwan schob sich zwischen eine Reihe Enten und schnappte sich einen großen Brocken Brot. »Sie wissen, daß Sie in Gefahr sind?« sagte Jury.
    »Ja«, antwortete sie nur. Da stieß der gierige Schwan mit einem anderen zusammen und fing an zu zischen. Jenny warf die restlichen Bröckchen ins Wasser und stopfte die Tüte wieder in ihre Tasche. Sie wischte sich die Hände ab und

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