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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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dachte Melrose und schloß die Augen, während der Mann weiter über seine Mutter schwadronierte. Geburtstag! Plötzlich wurde er hellwach. O Gott, Agatha hatte entweder heute oder gestern oder morgen Geburtstag. Irgendwann in diesen Tagen. Wie alt war sie überhaupt? Einhunder-tundzwanzig? Natürlich hatte er nichts für sie. Er schaute auf die Uhr. Ob er es bis Northampton schaffte, bevor die Läden schlossen?
    »Okay, Kumpel, gleich geht's los. War nett, mit Ihnen zu reden.« Der Bursche gab der Karre einen Klaps, als ein kleiner Lastwagen, der die Autoschlange auf der Gegenfahrbahn anführte, näher kam. Melrose ließ den Motor aufheulen und bretterte los, nicht ohne seinem neuen Spezi wie wahnsinnig zuzuwinken.
    Alles klar, dachte er, während er an dem Graben oder womit immer sie sich beschäftigten, entlangfuhr. Dann schaffe ich es ja doch noch rechtzeitig bis Northampton.
    Ein gemeines Lächeln breitete sich über seinem Gesicht aus, als ihm das perfekte Geschenk einfiel.
18
    Jury saß in der Kripozentrale in Stratford-upon-Avon und wartete auf Sam Lasko. So wie die Sekretärin dessen Kommen und Gehen beschrieb, hätte man annehmen können, er sei der Geist aus »Aladdins Wunderlampe« und Jury der kleine Junge, der hier auf die Erfüllung seiner Wünsche hoffte. Da dies sein dritter Besuch war, sollte es besser auch der letzte sein, hörte Jury sie förmlich flüstern.
    »Danke, ich warte hier«, hatte er vor fünfzehn Minuten gesagt. Woraufhin sie ihn mit einem Wie-Sie-wollen-Achselzucken bedacht und weiter hastig vor sich hin getippt hatte.
    Sie war mittleren, wenn nicht fortgeschrittenen Alters, groß und dünn und trug einen Pullover von undefinierbarer Couleur über einer widerlich pink-farbenen Bluse. Kaugummifarben. Alles an ihr sah aus, als sei es festgezurrt - der schmerzhaft feste Haarknoten, ihre geraden, glatten Lippen, die schmale Nase. Sie erinnerte Jury an eine Oberlehrerin, die ihren Schützlingen das Leben schwermacht und sich mißbilligend über die unbeholfenen Ovid-Übersetzungen beugt. Das schwarze Schildchen auf dem Schreibtisch enthüllte ihren Namen. »C. Just«, aha, das Fräulein »Gerecht«. Nett. Während seiner viertelstündigen Anwesenheit hatte sie - ohne ihr Klappern zu unterbrechen -, einmal aufgeschaut und gesagt, sie habe keine Ahnung, wann Inspector Lasko wieder hier sei und ob er, Jury, nicht lieber doch später noch mal wiederkommen wolle. In der Frage hatte nicht die Spur von Besorgnis gesteckt, ob ihr Besucher sich wohl fühle, sondern nur die Gereiztheit ob der bedrohlichen Präsenz von Scotland Yard. Jury störte sie bei der Arbeit. Seitdem er Miss C. Just das erstemal gesehen hatte, war ihm klar, daß sie Beamte, die einen höheren Rang als ihr Chef bekleideten, schlecht ertrug.
    Endlich erschien Sam Lasko. Wie immer sah er tief bekümmert aus. Das hatte nichts mit dem tatsächlichen Verlauf seines Lebens zu tun, sondern er hatte diese Miene über die Jahre kultiviert, um Besuchern von vornherein den Wind aus den Segeln zu nehmen und Verdächtige zu überrumpeln. Und damit Leute wie Jury ihm einen Gefallen taten! Konnte man sich einem so geplagten Mann wie D. I. Lasko verweigern? Vor Jahren hatte Jury es einmal nicht geschafft, seinem Hundeblick zu widerstehen, und prompt hatte er drei Mordfälle in Stratford am Hals gehabt.
    »Dieser Herr wartet schon auf Sie«, sagte Miss Just.
    Als wolle Jury melden, daß eine Katze im Baum festsaß. Zum Leidwesen der Dame grinste Lasko breit und knuffte Jury ein paarmal gegen die Schulter, als sie in sein Büro gingen.
    »Sie sind sicher wegen Ihrer Freundin hier.« Lasko ließ sich schwer in einen Drehstuhl fallen, der dringend geölt werden mußte. Quietschend begann er, wie in einem Schaukelstuhl vor- und zurückzuschwingen.
    »Was ist mit der bevorstehenden Verhaftung, Sammy?«
    Lasko rieb sich einen Flecken von der Schuhspitze. Den Fuß hatte er gegen die Schreibtischkante gestemmt. »Ist mir auch zu Ohren gekommen.«
    »Reden Sie nicht so, als sei es ein Gerücht. Stimmt es? Oder ist es nur gute PR für die Kripo in Lincolnshire? Kennen Sie diesen DCI?«
    »Vor dieser Sache habe ich ihn nicht gekannt, nein. Nur von ihm gehört. Er ist sogar noch erbarmungsloser als ich.« Sam widmete sich wieder seinem Schuh.
    Jury lächelte. »Alle Wetter!« Dann wurde er ernst. »Selbst wenn Jenny ein Motiv gehabt hätte, Verna Dunn umzubringen, wovon ich immer noch nicht überzeugt bin, wie kann er dann das Fehlen eines Motivs im Fall

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