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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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nicht nötig, mon ami, daß Sie dem Schicksal nachhelfen.«
    Mehr Worte brauchte er nicht zu machen, damit Carl verstand, was er meinte. Die Männer der Schwadron sprachen oft darüber, daß die durchschnittliche Lebenserwartung eines Piloten, der an der Front gegen den Feind im Einsatz war, drei Wochen betrug.
    Auf eine gewisse Art war Carl stolz auf seinen Erfolg, doch er verspürte nichts von jener berauschenden Ausgelassenheit wie damals, als er Rennen gefahren war und Stunts geflogen hatte. Vielleicht hatte es damit zu tun, daß das kurze Duell in sechstausend Fuß Höhe mit dem Tod eines Mannes geendet hatte. Wahrscheinlich ein guter Kerl - einer, der nur einen Befehl befolgt hatte und seiner Mutter fehlen würde.
    Carl griff nach dem Cognacschwenker, um seine Nerven zu beruhigen. Als er am nächsten Morgen in den Rasierspiegel schaute, waren die beiden weißen Streifen an seinen Schläfen ein gutes Stück breiter.
80. TORPEDIERT
    Am letzten Abend auf See wandte sich Kapitän Turner an einige Hundert der Passagiere, die sich in der großen Lounge eingefunden hatten. Nicht alle fanden hier Platz, denn das Schiff, liebevoll Lucy genannt, hatte auf dieser Überfahrt mehr als zwölfhundert Menschen an Bord.
    William Turner war einer der erfahrensten Kapitäne der Schifffahrtslinie Cunard, ein kräftiger, breitschultriger Seemann, der sich ein wenig steif unter seinen Passagieren bewegte. Was, so folgerte B. B. vermutlich bedeutete, daß Bowler Bill, dessen Spitzname von seiner bevorzugten privat getragenen Kopfbedeckung herrührte, ein verdammt guter Kapitän war.
    Wie alle öffentlichen Räume des Überseedampfers war auch dieser Saal luxuriös ausgestattet, ganz im spätgeorgianischen Stil: schwere Möbel und üppige Wandbehänge an polierten, mahagonigetäfelten Wänden. Die elegante Kleidung der Damen und Herren rundete das Bild perfekt ab.
    Kapitän Turner stellte sich breitbeinig, die Hände auf dem Rük-ken, vor seine versammelten Gäste. »Sehr verehrte Damen und Herren. Zwar wünsche ich keinesfalls, Sie unnötig zu beunruhigen, aber als Kapitän dieses Schiffs ist es meine Pflicht, Sie in Kenntnis zu setzen, daß wir heute in einem Funkspruch von der Admiralität über Unterseeboot-Aktivitäten im Gebiet von Fastnet Rock unterrichtet wurden.«
    Die unheilschwangere Verlautbarung ließ Sophie aufkeuchen. Ihre Hand fuhr unwillkürlich an die enge Diamantkette an ihrem Hals. B. B. fiel fast von der Sofalehne, auf der er saß und Sophies andere Hand hielt. Die Reaktion der anderen Mitreisenden reichte von milder Besorgnis bis zu panikartigen Ausbrüchen.
    »Wir haben daraufhin das Tempo gedrosselt und den Kurs geändert, damit wir Fastnet um mehr als zwanzig Meilen umfahren. Au-ßerdem wird uns ab morgen früh ein Kreuzer der Königlichen Marine nach Liverpool eskortieren. Sie werden vielleicht bemerkt haben, daß wir bereits gewisse Vorsichtsmaßnahmen getroffen haben. Alle Rettungsboote wurden ausgeschwenkt, die Planen entfernt und die Vorräte überprüft. Die Mannschaft hat die Bullaugen Ihrer Kabinen verdunkelt. Wir bitten Sie, unnötiges Licht zu vermeiden, insbesondere an Deck. Eine weitere unangenehme Pflicht ist für mich, Sie daran zu erinnern, daß wir kurz nach unserer Abreise eine Rettungsübung nach Maßgabe des Schiffahrtsgesetzes durchgeführt haben. Obwohl jeder Passagier zur Teilnahme an dieser Übung verpflichtet ist, wurde ich von den Offizieren, welche die Teilnehmerliste führten, davon unterrichtet, daß die Hälfte unserer Gäste nicht erschienen ist. Ich erwartete nicht, daß wir in eine Notlage geraten, die den Einsatz von Rettungsbooten erfordert, dennoch muß ich Sie dringend ersuchen, sich mit der entsprechenden Platzordnung vertraut zu machen, falls Sie nicht an der Übung teilgenommen haben.«
    B. B. war dort gewesen, aber Sophie hatte es vorgezogen, im Bett zu bleiben.
    Ein Mann hob die Hand. »Kapitän, wir hörten, Lucy sei mit Abwehrgeschützen und Munition bestückt worden, unten im F-Deck, wo sich früher ebenfalls Kabinen befunden haben. Wegen der Stahltüren kann man nun nicht mehr hinunter.« B. B. war das gleiche Gerücht zu Ohren gekommen: von einem Dutzend Sechs-Zoll Geschützen auf schwenkbaren Gestellen sowohl auf der Backbord-als auch auf der Steuerbordseite. Er hatte Sophie nichts davon erzählt.
    Der Kapitän machte ein Gesicht, als hätte er den Fragesteller am liebsten über offenem Feuer geröstet. »Dazu kann ich keinen Kommentar abgeben, Sir. Ich muß jetzt

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