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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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spiegelnden Meer zu schweben. Dann fiel er in das Boot, wobei er fast das Bewußtsein verloren hätte, als er mit der Stirn auf der Ruderbank aufschlug. Sophie hielt ihn am Gürtel fest und zog seine Beine ins Boot.
    Als B. B. wieder klar sehen konnte, erkannte er Alf Vanderbilt, der in unnatürlicher Ruhe an Deck stand, eine Zigarre rauchte und das Spektakel betrachtete. Ungefähr sechs Fuß trennten das Rettungsboot vom Schiff. B. B. fuchtelte mit den Armen. »Alf, komm!«
    »Zu weit weg, Benny.«
    »Hol dir eine Schwimmweste!«
    »Es gibt keine.«
    »Dann spring!«
    Mit einem traurigen Schulterzucken erwiderte Vanderbilt: »Hat keinen Sinn. Kann nicht schwimmen.«
    Das Schiff machte einen gewaltigen Ruck, und seine Spitze tauchte in die Wellen ein. Der Bug des Rettungsboots senkte sich ebenfalls steil ab, und diejenigen, die sich nicht festgehalten hatten, purzelten hinaus. B. B. konnte sich gerade noch mit einer Hand an einer Ruderbank festkrallen und wollte mit der anderen nach Sophie greifen, aber sie flog bereits an ihm vorbei und verschwand aus seinem Blickfeld.
    »Sophie!«
    Er versuchte, sich durch ein Gewirr aus Armen, Beinen, schwingenden Fäusten, weit aufgerissenen Augen und kreischenden Mündern einen Weg zum Bug zu bahnen, doch da neigte sich das Rettungsboot noch weiter, und ein Flaschenzug gab nach. B. B. schrie auf, als er in hohem Bogen aus dem Boot in das grünschimmernde Wasser geschleudert wurde.
    Hustend und spuckend ruderte er mit Armen und Beinen, um sich über Wasser zu halten. Wie ein gigantischer Fisch aus Stahl tauchte die Lusitania langsam mit dem Bug voran ins Meer. Ihr Heck hob sich der Sonne entgegen. Ihr Rumpf stand fast waagrecht zum Wasser. Ununterbrochen sprangen oder fielen Passagiere und Mannschaftsmitglieder ins Meer und landeten zwischen Möbeln und Wrackteilen.
    Ein alter Mann trieb vorbei, festgeklammert an ein Sofa. Ein Stück weiter weg saßen ein Schiffsoffizier und ein weiblicher Passagier auf einem Klavier, das irgendwie aus dem Schiffsbauch herausgeschwemmt worden war. Hinter dem Wrack breiteten sich wie eine Schleppe Trümmer, Stühle, Tische, Lampen, Ruder, zerschmetterte Planken von Rettungsbooten und auf und ab schaukelnde Köpfe im Sonnenschein aus. B. B. erkannte einen Mann in einem Lusitania-Schwimmring wieder, einen großspurigen, deutschfreundlichen Menschen aus Pittsburgh.
    »He, Rupert. Einen schönen Helden habt ihr, den Kaiser. Einen Mörder.« Rupert trieb starren Blickes weiter.
    Dafür, daß es Frühling war, war das Wasser verteufelt kalt. B. B. fühlte seine Kräfte schwinden. Er biß sich auf die Lippen, bis er Blut schmeckte. Er mußte wach bleiben und Sophie finden. Obwohl er noch nie ein ausdauernder Schwimmer gewesen war, fand er die Kraft, paddelnd wie ein Hund voranzukommen. Dabei rief er immer wieder: »Sophie! Sophie!«
    Da sah er sie. An einen Tisch geklammert, hielt sie gerade noch den Kopf über Wasser. Über dem sonnenbeschienenen Meer hallte das Knirschen und Ächzen des untergehenden Schiffs unaufhörlich wider. Es war mit der Bugseite bereits zur Hälfte unter Wasser. Aus dem Heck stieg schwarzer Rauch in die Luft. Unfaßbar, aber es starrten noch immer einige Passagiere durch die Bullaugen ihrer Kabinen. Andere sprangen ins Wasser, schlugen jedoch mit einer solchen Wucht auf, daß sie sich dabei vermutlich etliche Knochen brachen, wenn sie es überhaupt überlebten. B. B. sah Kapitän Turner, der sich an einen Rettungsring klammerte.
    »Sophie, halt aus! Ich komme.« Er verlor fast das Bewußtsein, als ein schwerer Brecher seinen Mund mit dem ekelhaften Geschmack von Salzwasser füllte und er einen Moment lang befürchtete zu ersticken. Keuchend spuckte er das Wasser aus und schwamm so schnell er konnte, aber seine nassen Kleider hingen schwer an ihm und machten das Vorankommen mühsam. Kaum noch zehn Meter trennten ihn von Sophie, als sie eine Hand hob und ihm zuwinkte.
    »Benny, beeil dich, ich habe schreckliche Krämpfe.«
    »Laß nicht los!« brüllte er mit schmerzender Kehle. Sie winkte ihm weiter zu. B. B.s Kräfte ließen rasch nach, er war kein junger Mann mehr. Aus irgendeinem Grund verstand Sophie nicht, daß sie sich mit beiden Händen an dem Tisch festhalten mußte. Das graue Haar hing ihr über die Augen. Ihr verzerrtes Gesicht verriet Schmerzen.
    »Oh, Benny, es tut so weh.«
    Sophie griff mit beiden Händen unter das Wasser an ihren Bauch. Eine riesige Welle schwappte über sie hinweg. Sie rang nach Luft und wollte

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