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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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zurück auf die Brücke. Mit weiteren Fragen wenden Sie sich bitte an einen der Offiziere. Ich danke Ihnen für Ihr Erscheinen und Ihr Verständnis und wünsche Ihnen einen angenehmen Abend.«
    Einige unter den Gästen besannen sich auf ihre Manieren und applaudierten. Bowler Bill war bereits verschwunden. B. B. lag das Abendessen plötzlich wie ein Stein im Magen. Er war weniger um sich besorgt als um Sophie, der die Angst ins Gesicht geschrieben stand.
    »Benny, sind wir in Gefahr?«
    »Nie und nimmer. Die deutschen U-Boote sind hinter Frachtschiffen her, die Munition und dergleichen geladen haben. Niemand greift ein schwimmendes Hotel wie dieses an.« Mit der ausschweifenden Handbewegung, mit der er seine Worte unterlegte, hätte er beinahe einer Dame den Federschmuck vom Kopf gefegt.
    »Angenommen, es würde etwas passieren. Kommen wir dann heil von Bord?«
    »Aber natürlich. Ich habe vor dem Abendessen persönlich einen Inspektionsrundgang über das Schiffsdeck gemacht.« Da er Sophies ängstliche Natur kannte, hatte er sich die Einzelheiten eingeprägt. »Dieses Schiff besitzt zweiundzwanzig Rettungsboote aus Holz und sechsundzwanzig faltbare. Mehr als genug für sämtliche Passagiere. Und jetzt quäle dich nicht länger! Möchtest du lieber tanzen oder Karten spielen?«
    Sophie wollte weder das eine noch das andere. B. B. begleitete sie in ihre Königssuite, eine der Luxuskabinen an Bord. Hier gab es einen Salon, ein Eßzimmer und zwei Schlafzimmer; in dem unbenutzten der beiden stapelten sich ihre zwölf Gepäckstücke. Nachdem Sophie zu Bett gegangen war, kehrte er auf das Promenadendeck zurück, betrachtete den Sternenhimmel über dem Atlantik und sog die weiche Mailuft in seine Lungen.
    »Schau mal, Alf, was ist das eigentlich für eine seltsame weiße Linie da im Wasser?« fragte B. B.
    Alf Vanderbilt, der reichste Mann an Bord, war einer von B. B.s neuen Freunden aus der ersten Klasse. Vanderbilt spähte auf den sprudelnden Strahl unter der Wasseroberfläche hinunter, der auf den Rumpf zuschoß. Die beiden Herren schöpften auf der Steuerbordseite des Promenadendecks frische Luft. Sophie ruhte.
    Es war kurz nach zwei Uhr am Nachmittag des siebten Mai, ein Freitag. Die Luft war klar und warm. Die Stewards hatten die Bullaugen im ganz in Weiß und Gold gehaltenen Louis-XVI-Speisesalon geöffnet, in dem B. B. und Vanderbilt auf der Achtergalerie das Mittagessen zu sich genommen, Geschichten ausgetauscht und sich für ihren Aufenthalt in London nach ihrer Ankunft im Hotel Ritz zum Tee verabredet hatten.
    Erleichterung und Vorfreude hatten sich während des Vormittags unter den Passagieren ausgebreitet. Von dem versprochenen Kreuzer war zwar nichts zu sehen, aber man konnte die irische Küste schon mehrere Stunden lang ausmachen. B. B. bildete sich ein, in der Ferne Old Head von Kinsale, eine bekannte Landzunge, entdeckt zu haben. Er wunderte sich ein wenig, daß der Kapitän in diesem gefährdeten Gewässer nicht wenigstens einen Zickzackkurs eingeschlagen hatte, aber er nahm an, Bowler Bill wußte, was er tat.
    Vanderbilt beugte sich weit über die Reling, während der weiße Streifen mittschiffs immer näher kam. »Komisches Ding, Benny. Mein Gott, es kann doch nicht ein ...«
    Die Detonation erschütterte das Schiff vom Bug bis zum Heck. B. B. wurde gegen die Reling geschleudert. Ohne eine Sekunde Zeit zu verlieren, richtete er sich auf und stürzte an Vanderbilt vorbei zur nächsten Tür. Alarmglocken begannen zu schrillen. Menschen rannten ziellos umher und schrien wild durcheinander. Jemand zeigte an der Reling nach unten. »Ein riesiges Loch. Wasser strömt herein.«
    Das Schiff begann bereits, sich nach steuerbord zu neigen. Liegestühle schlitterten über das Deck. Eine zweite, stärkere Explosion ließ das Schiff erzittern, als B. B. in die Aufzugshalle rannte. Mit einem Schlag fiel die gesamte Stromversorgung aus. Der Aufzugsanzeiger blieb zwischen zwei Stockwerken stehen. Die Menschen im Fahrstuhl begannen zu schreien.
    Die Ventilatoren in der Wand verströmten plötzlich Rauch. B. B. lief zur Treppe. Die Alarmglocken hörten nicht auf zu kreischen. Sieben kurze Töne und ein langer, das Signal für Schiffskatastrophen. Ein weiterer Ruck nach steuerbord warf ihn gegen die Treppenhauswand. Er klammerte sich an den Handlauf und taumelte weiter nach unten, dann rannte er wie ein Wahnsinniger durch den Korridor, denn jetzt wußte er es mit grausamer Gewißheit: Die Lusitania sank.
    Ein Mann aus

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