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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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zweisitzigem Aufklärungsflugzeug Bébé, Baby, getauft. Die N65-Staffel, die den Luftraum über Nancy abdeckte, hatte drei davon zugeteilt bekommen, und heute war Carl das zweite Mal mit einem davon unterwegs.
    In den ersten Monaten im französischen Fliegerkorps hatte Carl eine langsame Farman geflogen und die meiste Zeit damit zugebracht, deutsche Schützengräben mit einem Fernglas auszuspähen. Doch weil er ein erfahrener Pilot war, wurde er bald von der Beobachtungsstaffel in die N65 versetzt, ein echtes Jagdgeschwader, das sich nicht damit begnügte, die Gegend auszukundschaften, sondern feindliche Flugzeuge, die französisches Territorium bedrohten, verfolgte und abschoß. Deshalb hatte Carl sich von seinem Freund René trennen müssen, der weiterhin Jagd auf deutsche Aufklärungsballons machte - schwerfällige Gashüllen, die mit tödlicher Wucht explodieren konnten. Ein Pilot, der ihnen zu nahe kam, lief Gefahr, mitsamt dem feindlichen Ballonfahrer in die Luft gesprengt zu werden.
    Carl war vor einer Stunde aus dem französischen Hangar gerollt, der aus Segeltuch und Stützträgern gebaut war. Obwohl es ein warmer Tag war, trug er den mit Schaffell gefütterten Mantel, den er bei einem Spezialausstatter für Flieger in Paris erstanden hatte. Das Fliegerkorps besaß keine Uniformen. In diesen Anfangstagen der Fliegerei trugen Piloten lediglich Staubmäntel und froren sich in den Propellerböen in größeren Höhen den Hintern ab, hatten seine Tischkameraden ihm erklärt.
    Carl hatte sich Tess’ Schal um den Hals geknotet und sorgfältig in den Mantelkragen gestopft. Die restliche Fliegerausrüstung bestand aus einer Schutzbrille und ölverschmierten Arbeitshandschuhen. Einen Fallschirm hatte er nicht bei sich. Zwar gab es welche, aber sie waren viel zu sperrig für einen großen Mann, der in einem kleinen Pilotensitz eingezwängt war.
    Weiße Strähnen an den Schläfen waren Zeugnis der Belastung, der man als Pilot der Luftwaffe ausgesetzt war. Es gab Männer, die buchstäblich über Nacht weiß geworden waren, meist nach einer dramatischen Luftschlacht. Carl flog jetzt schon seit dreieinhalb Monaten und war noch nie in einen Kampf verwickelt gewesen, obgleich er schon einige feindliche Flugzeuge verfolgt hatte.
    Ein zufälliger Beobachter hätte Carl für eine schäbige Erscheinung gehalten, er selber fühlte sich als Draufgänger und Abenteurer. Mit dieser Einschätzung stand er nicht allein da. Die meisten Flieger kamen sich stärker, klüger und mutiger vor als die Männer, die im Morast der Schützengräben kämpften. Auch betrachteten sie sich als vom Schicksal begünstigt - sie waren dem schmutzigen Grauen der Bodenkämpfe entkommen. Zwar unterschied sich der Tod am Boden nicht vom Tod in der Luft, alles andere aber unterschied sich durchaus.
    Bébé glitt auf sechstausend Fuß Höhe ruhig dahin. Der achtzig PS starke Sternmotor dröhnte gleichmäßig. Drei weitere Piloten befanden sich in Carls Nähe. Deutsches Artilleriefeuer knatterte wieder unter ihm und übersäte das Land auf etliche Meilen hin mit Staubwolken, in denen die Minen wie Feuerwerkskörper explodierten. Von Stellungen, die hinter ihm lagen, kam die Antwort der französischen Artillerie.
    Er beugte sich hinunter, um das Luft- und Gasgemisch zu kontrollieren, und als er wieder aufblickte, erschrak er bis ins Mark. Seine drei Kameraden waren in einer sich hoch auftürmenden Wolke verschwunden. Zweitausend Fuß unter ihm tauchte plötzlich aus der gleichen Wolke eine zweisitzige Aviatik mit schwarzen Flügelkreuzen auf, die in die entgegengesetzte Richtung flog. Ein Beobachter der Artillerie.
    In Windeseile legte er sich seine Taktik zurecht: Er würde die Aviatik von unten angreifen. Da ein zweiter Deutscher am schwenkbaren Geschütz auf dem Rücksitz saß, wäre ein Angriff von oben zu tollkühn gewesen.
    Ein Jagdflugzeug vom Typ Fokker tauchte ebenso unvermittelt aus der Wolke auf. Die Eskorte des Beobachters. Sofort änderte Carl seinen Plan. Fokker waren absolut tödliche Gegner, denn ihre Geschütze feuerten durch die synchronisierten Propeller. Der Versuch, einen noch besser synchronisierten Mechanismus zu entwickeln, war eine der großen technischen Herausforderungen dieses Krieges. Als erstes mußte er die Fokker ausschalten.
    Zumindest verfügte er über mehr Erfahrung als viele der jungen Franzosen an der Front. Manche hatten gerade fünf Stunden in der Flugschule hinter sich und waren davor noch nie geflogen. Einen Menschen

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