Fremde Gäste
Plänen abzufinden. Wie anders sich mein Leben in den nächsten sechs Wochen gestalten würde, konnte ich mir kaum vorstellen. Sie wollten unbedingt in drei Wochen heiraten. Peter war bereits mit einem netten, verständnisvollen Pfarrer in Verbindung getreten und hatte die Trauung für Mitte September auf nachmittags vier Uhr festgesetzt. Für diese ungebräuchliche Stunde bestellte Paul ein delikates Essen im Hotel. Gleich danach wollten Tony und Peter auf die Hochzeitsreise gehen. Wir würden dann heimfahren in unser stilles Haus. Drei Wochen später würde das junge Paar zurückkehren, und drei Tage darauf sollte die riesige Party stattfinden, für die wir die etwas ungebräuchlichen Einladungen verschickten.
Das alles war sehr verwirrend, und für kurze Zeit schien alles ganz verdreht. Recht niedergeschlagen dachte ich an Tonys ausdrücklichen Wunsch, dort zu heiraten, wo sie zu Hause war, und von dort auf die Hochzeitsreise zu gehen. Und nun sollte das von einem Hotel in der Stadt aus geschehen. Doch es war mir klar, daß ich mich damit abfinden mußte, dafür würde für mich alles viel einfacher sein. Vorher allerdings hatte ich den Einladungen für die nächsten Freunde und Verwandten noch einige erklärende Zeilen beizufügen. »Natürlich ist’s für mich so bedeutend leichter, aber eigentlich doch auch fad«, sagte ich zu Paul. »Vorher war es so spannend.«
»Bilde dir nur nicht ein, daß es fad wird! Tony erwartet von dir, daß du auf dieser komischen Party die Gäste empfängst. Es wird eher ein rechtes Tohuwabohu werden in dem ungepflegten Garten und einem Haus, das bisher eine Junggesellenwohnung war — fad und langweilig wird es keinesfalls!«
Und damit hatte er wieder einmal recht!
11
Eine kurze Zeit lang hatte ich ein Gefühl wie von einem Sturz ins Leere. Immerfort hatten sich meine Gedanken damit befaßt, was alles vor der Hochzeit erledigt werden müsse, und immer wieder war ich bei der Vorstellung verzagt. Nun hatte ich auf einmal ungeheuer viel freie Zeit. Natürlich gab es noch allerlei zu tun. Zum Beispiel fragte Tony beiläufig: »Meinst du nicht, daß man meiner Mutter und Daddy die Sache etwas erklären sollte? Das kannst du viel besser als ich. Und vielleicht auch den näheren Freunden?« fügte sie schnell hinzu. »Nur so ein kleines taktvolles Briefchen, wie sie keiner so gut fertigbringt wie du.«
Mit anderen Worten: Ich schrieb vier volle Tage lang taktvolle Briefchen, denn es gab eine Unmenge »näherer Freunde«. Viel schwieriger war es, Tonys großen Plan Claudia zu erklären. An Alistair zu schreiben, machte mir kein Kopfzerbrechen; er kannte seine Tochter und würde sicherlich darüber lachen. Und das tat er auch, als er meinen Brief erhalten hatte. Er rief mich umgehend an.
»Dem Kindskopf fällt doch immer ein besonderer Dreh ein!« rief er aufgeräumt. Und ich hörte ihn kichern, als er fortfuhr: »Möchte wohl wissen, was ihre Mutter dazu sagt!« Doch dann wurde er sachlich: »Tatsächlich hab’ ich Respekt vor dem Mädel. Sonst wollen doch alle an ihrem Hochzeitstag eine große Rolle spielen, und Tony ist bestimmt eine schöne Braut. Aber ich weiß schon, worum es ihr geht: daß es nämlich gar zuviel Mühe für dich und Paul gibt. Und daß es zuviel Geld kostet — aber daran ist dein eigensinniger Herr Gemahl selber schuld. Doch mir gefällt die Idee einer Trauung in der Stille. Diese groß aufgemachten Feiern kommen mir vor wie ein Dankgottesdienst, weil der Vater seine Tochter unter die Haube gebracht hat. Und diese verspätete Party wird ein Riesenspaß werden... Ja, ja, ich komme per Flugzeug, und ich möchte wetten, daß Claudia das auch tut. Es war ihr doch immer peinlich, daß die Leute denken, sie verstünde sich nicht mit ihrer Tochter. So wird sie beweisen, daß sie auf gutem Fuß miteinander stehen. Tony schrieb mir in einem kurzen Brief, daß ich bei ihnen wohnen soll, weil >die arme Susan es schon mit Mutter und Macgregor aufnehmen muß<. Daran werde ich mich also halten.«
Claudias Antwort war etwas steif. »Mir persönlich gefällt diese Idee einer stillen Hochzeit. Die plötzliche Änderung der Pläne ist allerdings unangenehm. Die Leute auf dem Lande haben eben so wenig zu tun, daß sie einfach ihren Einfällen freien Lauf lassen. Aber Antonia hat es so bestimmt, und schließlich ist es ja ihre Hochzeit. Die verspätete Party ist zwar ungebräuchlich, aber doch eine gute Idee. Sie beweist wenigstens, daß es nichts zu verbergen
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