Fremde Gäste
im Herzen aber hat sie Angst vor ihnen. Wenn Sie kommen, möchte ich gleich noch einige Stuten hinzukaufen. Sehen Sie sich erst mal an, wie wir mit den jetzigen zurechtkommen, aber der Hof ist groß genug für mehr.«
Als David das Zimmer verlassen hatte, meinte Letty: »Dein >Findling< gefällt mir, Susan. Er paßt zu mir. Er ist zurückhaltend wie die meisten dieser jungen Leute, aber gerade das sagt mir zu. Sein Umgang mit Pferden ist wie Hexerei; er gehört zu den Menschen, von denen man wohl gelesen hat, denen zu begegnen man aber nie erwartet. Wenn wir gut miteinander auskommen — und das nehme ich an — , überlege ich mir, ob ich ihn nicht als Kompagnon aufnehme. An meinen Besitz grenzt ein kleines Grundstück, das zum Verkauf steht. Mir fehlt es aber an Kapital. Vielleicht könnten seine Leute das auftreiben, wenn sich unsere Partnerschaft bewährt. Ich wollte das natürlich nicht gleich zur Sprache bringen. Diesen Burschen darf man nicht bedrängen. Aber wenn alles gutgeht, könnten wir nächstes Jahr ein neues Arrangement treffen, falls er dann noch Lust dazu hat. Ich hoffe nur, daß er sich nicht in ein Mädchen aus der Gegend verhebt, denn dann ist ihm die Arbeit Nebensache — so ist es doch überall.«
Ich lächelte über diese düstere Prophezeiung und meinte, gegenwärtig gebe es bei ihm dafür wenig Neigung. David habe in Tiri mehrere reizende Mädchen kennengelernt, jedoch keinerlei Interesse gezeigt. Das müßte schon ein ganz besonderes Mädchen sein, das ihn um den Verstand bringen könnte. Und selbst dann würden meiner Meinung nach die Pferde ihren Platz in seinem Herzen behaupten.
Letty fand, das sei jedenfalls ein Segen. Übrigens kenne sie ein Mädchen, das alle Forderungen erfüllen könne.
»Schmiede nur für David keine Pläne, Letty! Schlag dir auch dieses Mädchen aus dem Sinn. Man weiß nie, wie er reagiert, und er hat einen wahren Horror davor, daß man ihm etwas vorschreiben könnte.«
»Dann will ich ihm auch nicht in die Quere kommen, denn ich mache mir höchst ungern Gedanken über das Leben anderer Leute. Mit den Stuten, die in einem Monat fohlen werden, habe ich genug im Kopf«, sagte meine patente Freundin. Bei ihr würde David gut aufgehoben sein.
Am nächsten Morgen sprach er noch seinen Antrittstermin ab; er wolle nach Ablauf der beiden folgenden Wochen kommen. Dann fuhren wir heimwärts.
»Ich muß dem alten Herrn diese Frist geben«, sagte David, als ich bemerkte, dem Colonel würde es nichts ausmachen, wenn er nur noch eine Woche bliebe und die zweite Woche bei seiner Familie verbrächte.
»Das ist kein Urlaub für mich«, sagte er. »Ich werde ein paar Tage bei ihnen bleiben, und dann können wir liebevoll und dankbar auseinandergehen.« Zu meiner Erleichterung fügte er dann aber hinzu, da wir durch Auckland führen, würde er doch gern die Sache kurz mit seinen Eltern besprechen. »Es macht sich leichter, als das alles zu schreiben, und es ist ihnen gegenüber auch anständiger. Sie können ihre Einwände so auch lautstärker äußern als auf dem Papier.«
Ich wußte, daß es allerlei Einwände geben würde, aber ich war doch froh, daß er sie sich anhören wollte. Um zehn Uhr fuhren wir ab, nachdem David noch eine Stunde bei den Ponys verbracht hatte, die meiste Zeit vermutlich bei seiner alten Freundin. Sicherlich hatte er ihr versprochen, bald wiederzukommen, und zweifellos vertraute sie ihm. Ich hatte immer das Gefühl, daß Larry mit ihren Hunden in deren eigener Sprache spricht, die sie genau verstehen, und nun war ich überzeugt, daß David die gleiche Begabung für Pferde besaß. Sie hatten Kontakt miteinander, um einen modernen Ausdruck zu gebrauchen.
13
Der Besuch bei Davids Eltern fiel besser aus, als ich zu hoffen gewagt hatte. Ich hatte den recht unbekümmerten jungen Mann dazu veranlaßt, unser Kommen anzukündigen und eine Zeit zu verabreden, wo sein Vater nicht beschäftigt war. Wir kamen zum Lunch auf eine kurze Plauderstunde; der Arzt hatte bis zwei Uhr keinen Termin.
Er gefiel mir sofort. Er war ein großer, schlanker Mann mittleren Alters mit einem freundlichen Gesicht und forschenden grauen Augen. Er hatte wohl viele schmerzliche Enttäuschungen an seinem Sohn erlebt, aber er ließ sich das nicht anmerken. Er zeigte sich vielmehr wohlwollend und interessierte sich sehr für die Idee der Ponyzucht. »Die Sache gefällt mir, David«, sagte er dann. »Wenn dir dieses Leben zusagt, könntest du dich später selbstständig machen.
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