Fremde Gäste
verschwiegen. Wir haben uns nur gedacht, daß der arme Graham irgend etwas
Dummes gemacht hat, und deshalb habt ihr ihn mit vereinten Kräften vertrieben.
Das war nicht nett von euch, denn jetzt wird nichts aus unserem Theaterstück,
und wir könnten schier unseren ganzen geselligen Betrieb aufgeben. Miranda? Von
der erfährt keiner was. Das muß ich an ihr richtig bewundern. Ich selbst trage
mein Herz auf der Zunge; einmal muß ich vor Freude tanzen, ein andermal sind
meine Augen dick verheult. Miranda aber läßt sich nie etwas anmerken; ihr
schönes Gesicht bleibt stets unverändert .«
»Glaubst du, daß sie sich für
Graham interessierte, oder hat sie Joe schon immer liebgehabt ?«
»Ich bin mir nicht ganz sicher,
aber ich denke schon, daß es ihr von jeher um Joe ging. Er hat einen
vorzüglichen Charakter, und sie wollte schon immer einen heiraten, der ein paar
Tropfen Maoriblut hat. Sie ist auf ihres unbändig stolz; das kann sie auch,
denn ihre Mutter ist eine echte Maori .« Und Tony
erging sich in Lobpreisungen über die stille, zurückhaltende Frau, und Graham
war samt seinem Geheimnis vergessen.
Ich glaube nicht, daß einer von
der jungen Gesellschaft die volle Wahrheit ahnte; sie alle wußten jedoch, daß
wir »Alten« eine feste Front des Schweigens bildeten, die sie respektieren
mußten.
Nur David war eine Ausnahme. Er
wußte ja von den Diebstählen. Ich konnte nicht widerstehen und erzählte ihm,
was ich von ihm dachte: Wenn er, David, der Dieb gewesen wäre, hätte er
bestimmt behauptet, er sei ein armes Opferlamm.
Er lachte zustimmend. »Das
hätte ich sicherlich gesagt. Aber ich bin doch verdammt froh, daß Sie nicht
weitere Konsequenzen gezogen und die Angelegenheit noch mehr aufgebauscht
haben. Der arme Teufel hat genug verloren — seine Stellung, seine Freunde und
seine Angebetete .«
Ȇber ihn selbst scheinen Sie
nicht sonderlich empört zu sein, David .«
»Warum auch? So etwas geschieht
alle Tage, und nur die wenigsten werden erwischt. Der arme Kerl steckte tief in
Schulden, und da sah er Ihr Portemonnaie, Susan. Wirklich, im Grunde sind Sie
der Bösewicht !«
»Das weiß ich selbst, aber
keiner außer Ihnen hat mir das vorgeworfen. Letzten Endes ist das ja auch
Unsinn. Wenn es nicht meine Börse gewesen wäre, dann die eines anderen.
Meine war eben zufällig die erste .«
»Und Sie gehören zu den
Edelmütigen, die keinen großen Wirbel machen wollen. Sie taten das auch nicht,
und so ging es eben weiter. Mir tut es leid, daß er weggeht. Keiner von uns
wird Lust haben, sich noch mit dem Theaterstück abzugeben; für ihn aber ist’s
wirklich schlimm .«
»Und an unsere Aufregungen
denken Sie gar nicht und daran, daß er es auf Tom schieben wollte ?«
»Ich glaube nicht, daß er diese
Absicht hatte. Er ist unvernünftig, aber nicht boshaft. Und wer dennoch meinte,
Tom sei es gewesen, der ist ein Dummkopf .«
»Vielen Dank. Es war eine
abscheuliche Zeit. Ich bin froh, daß sie vorbei ist .«
»Jawohl, und nun wollen wir’s
gut sein lassen. Es gibt eine neue Aufregung, aber eine harmlose. Nein, nein,
ich verrate nichts. Das ist Peters Angelegenheit. Aber es ist etwas Gutes, Sie
brauchen also kein so ängstliches Gesicht zu machen. Jetzt, wo die
Diebstahlsaffäre beendet ist, sind Sie ganz frei und können sich mit den Sorgen
um Tonys Hochzeit befassen .«
Er war wirklich ein
schrecklicher Kerl und trotzdem viel verständnisvoller als irgendeiner aus
meiner Umgebung!
Es war wahrhaftig eine gute
Nachricht. Peter war in Tiri gewesen, um es Tony zu erzählen, und schaute auf
dem Heimweg noch bei uns herein. »Ich will euch nicht auf die Folter spannen...
Meine gute Neuigkeit erfuhr ich durch einen Brief — oder besser gesagt durch
eine Postkarte von Jock, die gestern ankam. Er schreibt: >Ich bringe eine
Frau mit! Jean ist ein tüchtiges Mädel, hat keine Angst vor harter Arbeit. Sie
wird Ihnen gefallen. Die Hütte für die Schafscherer reicht uns für den Anfang,
später können wir sie noch ein bißchen herrichten .< Na, was sagt ihr dazu? Jock hat doch immer behauptet, er halte nichts vom
Heiraten, und war tagelang richtig deprimiert, als Tony und ich uns verlobten...
Nun seht mir doch den alten Schlaufuchs an! In einer Woche wird das junge Paar
hier sein. Ich freue mich mächtig darüber, aber ich war doch einfach platt .«
»Wird denn die Hütte gut genug
sein ?«
»Natürlich nicht. Ich bestelle
ein kleines Fertighaus, und bis das aufgestellt ist, werden sie
Weitere Kostenlose Bücher