Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fremde Gäste

Fremde Gäste

Titel: Fremde Gäste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
Vom Netzwerk:
ich
schnell, und Larry entschuldigte sich. »Ich finde es so komisch, daß ein Arzt,
wenn er sehr bekannt ist, seinen Titel wegläßt und nur noch mit >Mister<
angeredet wird, wie jeder beliebige Mann auf der Straße .«
    Mrs. Hepburn lächelte. »Das ist
so ein Brauch, der eigentlich sinnlos ist. Aber es ist einfacher, von ihm als
>der Doktor< zu sprechen. Ihm ist es gleich, und mir auch. Sie sagten
>alles<, Mrs. Lee. Das muß ich mir erst überlegen .«
    Wir sprachen dann von anderen
Dingen. Nach der großartigen Party war Mrs. Hepburn noch für einige Tage
dageblieben. David besuchte zu meiner Freude seine Mutter hin und wieder. Er
hatte Tantchen nun schon recht gut kennengelernt. Schließlich war sie ja mit
ihm verwandt und schien für den schwierigen und kapriziösen jungen Herrn
Verständnis zu haben. Er arbeitete jetzt wieder beim Colonel, denn nach Jocks Rückkehr hatte er Peters Farm verlassen können, da
ihn dieser nicht mehr brauchte.
    »Ein gräßliches Weiberregiment !« hatte er zu mir gesagt. »Tony ist schon schlimm genug,
und nun noch diese Jean! Auf Ehre, ich bin froh, wenn ich wieder bei den
Kumpels sein kann, die für den Colonel schaffen !« Und
mit dem größten Vergnügen war er wieder zu seinen Kameraden in die Arbeiterbude
zurückgekehrt. Der Colonel hatte ihn mit offenen Armen und einem neuen,
ungebändigten Gaul empfangen, und alle waren anscheinend zufrieden und
glücklich. Als der alte Herr Mrs. Hepburn kennengelernt hatte, meinte er ganz
überrascht: »Das ist ja eine höchst charmante Dame! Wie konnte dieser
Schafskopf von einem Zuhause mit einer solchen Mutter davonlaufen? Wahrhaftig,
diese Jugend von heute...«
    Nach einem Umweg über die Party
kam das Gespräch wieder auf David. »Diesen Abend hat er sehr genossen«, sagte
seine Mutter. »Es ist gewiß ein Segen, daß er sich nie viel aus Alkohol gemacht
hat. Viele junge Leute erleben eine solche Phase, aber er hatte nie etwas dafür
übrig .« Sie hielt inne und lächelte ein wenig
kläglich. »Ich fürchte, es gab noch viele andere Dinge in unserem Leben, für
die er nichts übrighatte .«
    »Aber das ist doch jetzt
vorüber, meinen Sie nicht auch ?« sagte ich rasch.
    Sie dachte ein wenig nach und
meinte dann, schon nicht mehr so betrübt wie zuvor: »Ich weiß nicht recht.
Vieles ist schon so lange her. Mit dem Ponyklub fing es an. Wir glaubten, wir
machten es richtig, als wir sein Pony Tinker weggaben. Aber das war falsch; er
mochte nie auf dem neuen Pferd reiten. Er behauptete, er habe keine Lust dazu.
In dieser Zeit hatte er auch keine Lust zu einer anderen Beschäftigung. Er
mochte nicht in die Schule gehen, die sein Vater besucht hatte, er wollte sich
nicht um ein Stipendium bemühen; er nahm nicht an dem studentischen Leben teil,
als wir ihn schließlich dazu brachten, eine Vorprüfung zu machen. Dabei war er
so begabt! Waren wir zu ehrgeizig, als wir hofften, er werde ein gutes
medizinisches Examen machen ?«
    »Es war nur natürlich,
eigentlich unvermeidlich !« fiel Tantchen ihr ins Wort.
    »Er wollte aber nicht Medizin
studieren«, sagte Mrs. Hepburn niedergeschlagen. »Er erklärte sich bereit, ein
paar Semester Naturwissenschaften zu studieren, und das tat er wohl nur, um seinen
endgültigen Entschluß noch etwas hinauszuschieben, und vielleicht, um uns fürs
erste zum Schweigen zu bringen. Aber an dem Leben an der Uni wollte er einfach
keinen Anteil nehmen. Er hatte ein paar Freunde; einige davon waren, wie man es
>vornehm< ausdrücken würde, nicht standesgemäß. Ihre Väter gehörten nicht
den gehobenen Berufen an; es waren die Söhne von Werft- und Farmarbeitern .«
    »Es waren aber doch gewiß nette
Jungen !« sagte Larry. »David hätte sich bestimmt nie
ordinären Burschen angeschlossen, gleich, aus welchem Hause sie kamen. Sie
mochten sie doch sicherlich auch gern, Mrs. Hepburn, nicht wahr ?«
    »Natürlich mochten wir sie. Wir
wunderten uns zwar über seine Wahl. Es gab ja so viele andere, Söhne unserer
eigenen Freunde. Aber wir konnten sie schon leiden und hießen sie in unserem
Haus willkommen. Bestimmt hat David nie gemerkt, daß wir — nun, ein wenig
enttäuscht waren .«
    »Bist du dessen so sicher ?« fragte Tantchen milde. »Ich glaube, David merkt vieles,
besonders bei den Menschen, die er liebhat. Ich meine, er wußte, was ihr fühlt,
du und dein Mann. Wahrscheinlich hat er es sehr anerkannt, daß ihr es ihm nicht
gezeigt habt .«
    Ich staunte, was Tantchen da
alles vermutete. Wieviel hatte David

Weitere Kostenlose Bücher