Fremde Gäste
ihr erzählt? Sogar er sprach sich bei ihr
aus!
»Anfangs dachten wir, seine
Extratouren seien nur Angeberei«, fuhr seine Mutter fort. »Jetzt aber glaube
ich, daß es tief in ihm steckt, daß wir es hinnehmen und ihm helfen müssen,
nach seiner Art damit fertig zu werden und nicht nach der unseren .«
»Da hast du bestimmt recht«,
meinte Tantchen. »Ich glaube nicht, daß David angibt. Er redet zwar wild daher,
aber das ist auch alles. Ich denke, er hat wirklich eine Vorliebe für das
sogenannte >einfache Leben< — warum, weiß ich auch nicht. So ein Leben
außerhalb der Großstadt, fern von der intellektuellen Jugend, mit einfachen
Menschen, die eine mehr instinktive, natürliche Einstellung zum Leben haben.
Ich glaube, daß das auch Davids Leben ist .«
Mrs. Hepburn war betroffen und
sehr ernst. Miß Adams hatte wohl nur die Erkenntnis ausgesprochen, zu der sie
jetzt selbst gekommen war.
»Na, er scheint hier wirklich
glücklich zu sein, soweit er sich das selbst zugesteht«, warf Larry ein. »Ich
denke, er liebt das Leben auf dem Lande und die Menschen, die dort arbeiten... Wenn
er mich so reden hörte, würde er wohl grinsen !«
Es entstand wieder eine Pause,
dann sagte Mrs. Hepburn: »Glauben Sie, er hätte Lust, eine Farm zu betreiben?
Nicht nur für kurze Zeit, sondern als Lebensaufgabe? Daß er gern ein Stück Land
hätte, um seinen Lebensunterhalt damit zu verdienen, wie es jetzt viele
Menschen in der Nähe der Großstadt tun ?«
Ich schwieg. David auf einer
kleinen Farm, vierzig oder fünfzig Kilometer von Auckland, mit Milchkühen oder
Tomatenpflanzungen — das konnte ich mir nicht vorstellen. Larry sprach das aus.
»Das bedeutet Milchviehhaltung oder Gemüseanbau, denn nur so etwas macht diese
kleinen Farmbetriebe in Großstadtnähe rentabel. Bei solcher Tätigkeit kann ich
mir David nicht vorstellen .«
»Ich glaube nicht, daß wir eine
größere Farm finanzieren könnten«, sagte seine Mutter. »Im Umkreis der Stadt
ist Grund und Boden schrecklich teuer. Zu einem ansehnlichen Kapital werden wir
es wohl kaum jemals bringen, was die Leute auch immer von den Einkünften eines
Arztes behaupten mögen. Aber eine kleine Farm könnten wir wohl kaufen .«
Tantchen war nachdenklich. »Wie
du ganz richtig sagst, kann man da nur Milchwirtschaft oder Gemüseanbau
betreiben. Selbst wenn ihm das zusagen würde, glaube ich nicht, daß das der
richtige Weg wäre .«
»Ich wollte, wir könnten einen
besseren finden. Ich habe mit David darüber gesprochen. Doch er wies mich
gleich ab und fragte nur, was denn an seinem jetzigen Leben so übel sei. Er sei
völlig zufrieden, und anscheinend sei man es auch mit ihm. Es ist aber doch nur
ein Ausweichen und Herumlavieren .«
»Moment mal, ich habe eine Idee !« rief Larry plötzlich.
Wir warteten ab, freilich nicht
sehr hoffnungsvoll, da wir Larrys Ideen kannten. Mrs. Hepburn konnte man
ansehen, daß sie über die Zukunft ihres Sohnes gänzlich im ungewissen war.
»Vielleicht läßt sich’s nicht
verwirklichen«, begann Larry, »vielleicht ist’s auch nicht das Richtige oder zu
teuer, oder überhaupt Unsinn. David ist intelligent, aber er hat nur eine
einzige besondere Begabung. Es laufen genug gescheite Burschen herum, die
genauso reden und aussehen wie er, aber er ist der einzige mit dieser
speziellen Anlage — einer echten Begabung. Könnte er damit nicht etwas anfangen
und seinen Lebensunterhalt mit Pferden verdienen ?«
»Sie meinen mit der seltsamen
Macht über diese Tiere? Mein Mann und ich haben auch schon darüber nachgedacht
und davon gesprochen. Wir finden auch, daß das seine einzige besondere Begabung
ist, die ihn von anderen unterscheidet. Diese Anlage ist ihm angeboren, sie hat
mit seinem Charakter nichts zu tun. Aber wir wüßten nicht, wie er Nutzen daraus
ziehen könnte. Mein Mann hat einmal vorgeschlagen, er solle sich an einem
Rennstall beteiligen; er meinte, so könne ein kleiner Anfang gemacht werden.
Aber der närrische Junge lehnte es grundsätzlich ab, das auch nur zu versuchen .«
»Warum nur ?« fragte ich. »Er weiß doch, daß er in jedem Rennstall große Erfolge haben könnte .«
»Ja, aber ich glaube, daß er
gerade solch einen Erfolg ablehnt. Er hatte von jeher für Wettkampf nichts
übrig, nicht in der Schule und nicht an der Universität. Schon immer hat es uns
gewundert, daß er nie etwas gewinnen wollte. Die Vorstellung, von den anderen
abzustechen, schien er zu hassen. So war es nicht nur bei den
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