Fremde Männer küsst man nicht!
aus weißen Amerikanern bestand, dann konnte sie damit auch leben. Hauptsache, sie war wieder eine unabhängige Frau. Dieser Job war der erste Schritt. Sie hatte keine Ahnung, wohin ihr Weg am Ende führen würde, aber von hier konnte es eigentlich nur aufwärtsgehen.
„Guten Morgen, Mr Morris!“, antwortete sie.
Er nahm ihre Hand zwischen seine. „Herzlich willkommen, Christina. Wir sind sehr froh, Sie bei uns zu haben. Mit Ihnen und Ihren Fähigkeiten werden wir diesen Fall bestimmt gewinnen. Erlauben Sie mir, Sie den anderen Teilhabern vorzustellen.“
„Ich möchte mich für meine Verspätung entschuldigen“, sagte sie geradeheraus.
Die Lachfältchen in seinen Augenwinkeln vertieften sich. „Lassen Sie mich raten. Sie haben die Uhr zurückgestellt.“
„Stimmt“, gab sie zu.
Er lachte leise, tätschelte ihre Hand und ließ sie dann los. „Das macht jeder, der neu nach Indiana kommt. Betrachten Sie es als eine Art Einweihungsritual oder Indiana-Überlebenstraining. Allerdings ist der Gesetzgeber dabei, dafür zu sorgen, dass ab dem nächsten Jahr auch bei uns die Uhr umgestellt wird. Hier entlang, bitte.“
„Na, bereit, deinen neuen Boss zu treffen?“
Bruce sah auf. „Ganz schlechtes Timing, Colin“, entgegnete er, während sein Freund zu ihm ins Büro hereinkam.
„Wann geht’s denn los?“
Bruce wandte sich wieder den Bergen von Akten und Dokumenten auf seinem Schreibtisch zu. Er war während der vergangenen Wochen zwar per Fax über die wichtigsten Entwicklungen auf dem Laufenden gehalten worden, aber der von ihm zu erledigende Papierkram hier hatte sich dennoch verdoppelt. „Läuft schon. Ich bin erst ab neun Uhr erwünscht.“
Colin zuckte zusammen. „Oh. Das ist übel. Ihr sollt zusammenarbeiten, aber du darfst am ersten Tag nicht mal von Anfang an mit dabei sein. Mann, das ist echt nicht fair. Du hättest dieses Jahr Teilhaber werden sollen. Bei mir ist das etwas anderes, ich habe das Examen nur mit Ach und Krach geschafft. Wahrscheinlich würde sich mein Großvater deswegen im Grabe umdrehen.“
„Wie du abgeschlossen hast, ist doch völlig egal. Hauptsache, du hast einen Abschluss. Außerdem ist es ja nicht so, als wenn du Probleme gehabt hättest, einen Job zu finden. Du bist ein Morris, und dein Platz hier in der Kanzlei ist dir sicher.“
„Eben. Und du bist Anwalt in vierter Lancaster-Generation, hast das Examen mit Auszeichnung bestanden und schon ziemlich eindrucksvolle Prozesse gewonnen. Dein Großvater liebt dich. Und dein Urgroßvater würde dich auch lieben, wenn er noch lebte. Herrje, sogar mein Vater liebt dich. Deswegen verstehe ich seine Entscheidung noch weniger.
Dich zugunsten eines Außenstehenden zu übergehen, bloß damit wir nicht nur Familienmitglieder in der Kanzlei haben … also, ich betrachte das als einen Affront! Und dann auch noch eine Frau!“
„Eine Frau?“ Bruce sah erneut auf und wandte sich Colin zu.
Colin ging zur Tür und schloss sie nachdrücklich. Um ehrlich zu sein, hatte Bruce seinem Freund gar nicht wirklich zugehört, sondern ein Memo studiert. Wenn Colin erst mal mit Reden loslegte, fand er so schnell kein Ende, da war er genau wie der alte Roy Lancaster. Bruce hatte sich angewöhnt, bei beiden einfach abzuschalten, sobald sie in Fahrt kamen.
„Was meinst du – und dann auch noch eine Frau?“, fragte er. „Hat es dich wieder mal erwischt? Du bist echt unverbesserlich.“
„Examensbester, aber ein unverbesserlich schlechter Zuhörer. Als dein bester Freund sollte ich daran gewöhnt sein. Mir dagegen fällt sogar auf, was für ein Hemd du trägst. Ich frage mich, wie ich es überlebt habe, mit dir jahrelang ein Studentenzimmer zu teilen. Na, egal. Jedenfalls rede ich nicht von meinen Frauenbekanntschaften, obwohl ich dir noch nicht von Gina erzählt habe.“
Bruce hob eine Augenbraue. „Gina?“
„Gina.“ Colin begleitete den betonten ersten Buchstaben mit kurvigen Bewegungen seiner Hände. „Bei ihr lerne selbst ich noch dazu.“
Bruce winkte ab. Sie waren so vertraut miteinander, dass sie immer über die Geheimnisse des anderen Bescheid wussten und bei Bedarf halfen, Kummer in Alkohol zu ertränken. „Okay, okay. Erzähl es mir später. Von wem redest du denn sonst?“
„Na, von unserer neuen Kanzleiteilhaberin. Christina.“
„Christina?“ Bruce wurde unbehaglich zumute.
„Ja, Christina Jones. Exfrau von Kyle Jones. Du weißt schon, der Rechtsaußen der Cincinnati Bengals.“
„Sie ist unser neuer
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