Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fremde Schiffe

Fremde Schiffe

Titel: Fremde Schiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
Vom Netzwerk:
die Messerklinge an einem Tuchfetzen ab. »Steck dein Schwert ein, Landratte«, sagte er grinsend.
    »Warum sollte ich? Ich bin der Nächste, nicht wahr?«
    Er umfasste das Schwert fester und zeigte mit der Spitze auf die Stelle, an der er es in Uthos Körper rammen wollte. »Ich verspreche dir, ich werde es euch nicht leicht machen.«
    Utho steckte den Dolch in die Scheide. »Aye, du würdest uns sicher geraume Zeit beschäftigen. Wir haben, was wir wollten. Da du nicht zur Mannschaft gehörst, bekommst du auch nichts von der Beute ab. Wir möchten jedoch keinen Ärger mit dir.« Etliche Matrosen versammelten sich hinter ihrem Kapitän und musterten Ansa misstrauisch. Jetzt begriff er.
    »Ihr seid keine Kämpfer, ihr mordet nur. Mit einem echten Krieger wollt ihr nicht kämpfen, stimmt’s? Ich wusste nicht, dass ich auf einem Piratenschiff bin.«
    »Wer ist denn ein Pirat?«, fragte Utho unschuldig. »Wir sind einfache Seeleute, die sich ihren Lebensunterhalt auf dem Meer verdienen. Wenn uns eine leichte Beute begegnet, dürfen wir die Götter nicht beleidigen, indem wir sie verschmähen, oder?« Er lachte dröhnend. »Wenn Männer Dinge von Wert besitzen, sind sie selbst schuld, wenn sie nicht für ihren Schutz sorgen.« Er wandte sich seinen Leuten zu. »Kommt, sehen wir uns an, was es zu holen gibt.«
    Die Banditen gingen davon und Ansa steckte das Schwert in die Scheide. Er wusste, dass ihm schlaflose Nächte bevorstanden, aber diese Aasfresser waren keine große Gefahr für ihn. Er hoffte, dass sie reichlich Schnaps an Bord des Chiwaners fanden. Wenn sie betrunken waren, konnte er sie alle töten und versuchen, auf eigene Faust zur Küste zu gelangen. Vielleicht sollte er einen Matrosen am Leben lassen, der das Schiff steuerte.
    Er blieb die ganze Nacht wach, nickte von Zeit zu Zeit ein, schreckte aber bei jedem Geräusch in seiner Nähe hoch. Das fiel ihm nicht schwer. Er hatte den größten Teil seines Lebens im Sattel verbracht und Herden bewacht, die von großen Raubtieren bedroht wurden, oder auf der Jagd, wo Mensch und Tier ein fortwährendes Duell ausfochten. Mehr als ein Jahr hatte er sich im Krieg befunden und Späherdienste ausgeführt, bei denen mangelnde Wachsamkeit den Tod bedeutete. Seit langem war er daran gewöhnt, nur kurze Nickerchen zu halten: ein Auge geöffnet, die Ohren gespitzt, die Waffe gezückt.
    Die Männer fanden keinen Alkohol an Bord des eroberten Schiffes. Sie schleppten alles Wertvolle auf das eigene Schiff und schlugen Löcher in den Rumpf des Chiwaners. Dann setzten sie die Reise fort. Ansa wusste, dass es nur eines von unzähligen Schiffen war, die nie mehr in die Heimat zurückkehrten. Es gab alljährlich Dutzende davon, vielleicht sogar Hunderte. Er fragte sich, wie viele Schiffe Piraten zum Opfer fielen und nicht den Naturgewalten. Da sämtliche Beweise beseitigt waren, gaben sich Utho und seine Männer weiterhin als harmlose Kaufleute aus, die keinerlei Strafe zu erwarten hatten. Wer würde den Anschuldigungen eines ausländischen Kriegers glauben?
    Nach drei unruhigen Nächten erreichten sie eine Insel, die groß genug war, von einem unerfahrenen Reisenden mit dem Festland verwechselt zu werden. Sie kreuzten an der Südspitze vorbei und Ansa verfolgte, wie das Gebirge im Mittelpunkt der Insel immer weiter anstieg, bis es Stunden später auf einer Höhe mit dem nördlichsten Kap lag und in einem bedrohlich wirkenden Vulkan auslief. Eine dünne Rauchwolke stieg aus dem Krater auf. Eigenartigerweise lag rings um den Kraterrand eine dichte Schneeschicht.
    Ansa hatte tief im Inneren des Vergifteten Landes und der Schlucht Vulkane gesehen, aber ein aus dem Meer ragender, Feuer speiender Berg war außergewöhnlich. Das Nebeneinander von tropischen Wäldern und schneebedeckten Gipfel kam ihm wie eine Umkehrung der natürlichen Ordnung vor.
    Die Küste sah feindselig aus. Steile Felsen ragten mehr als hundert Schritte aus den tosenden Wellen. Vögel, Fiederflieger und Flugechsen schwebten zwischen den Klippen umher und das Licht brach sich auf glänzendem Gefieder und funkelnden Schuppen, während sie zwischen ihren Nestern und dem Meer hin und her flogen.
    Überrascht entdeckte Ansa zwei kleine Segelschiffe, die aus einer schmalen Öffnung zwischen den Felsen kamen. Auch Utho steuerte darauf zu. Hätte Ansa die Boote nicht gesehen, hätte er den Steuermann für einen Selbstmörder gehalten, denn für sein ungeübtes Auge sah es so aus, als segelten sie geradewegs in eine

Weitere Kostenlose Bücher