Fremde Schiffe
und ordentlich, mit weiß gekalkten Wänden und einem mit Schindeln gedeckten Dach. Man führte ihn in einen Raum im oberen Stockwerk, von dessen Fenster er über fruchtbare Felder blickte, die sich an den Hängen des Vulkans erstreckten. Erfreulicherweise besaß die Tür auf der Innenseite einen Riegel. Ansa zahlte im Voraus, verriegelte die Tür, warf sich auf das schmale Bett und schlief viele Stunden lang.
Ein Klopfen an der Tür weckte ihn. Eine Stimme verkündete, das Abendessen stünde bereit. Er stand auf und sah sich nach einer Waschgelegenheit um. Im Zimmer gab es keine, aber dann fiel ihm ein, am Fuß der Treppe einen kleinen Springbrunnen gesehen zu haben. Schnell kleidete er sich an und eilte die Außentreppe hinab.
Das Wasserbecken war in die Wand des Hauses eingelassen. Aus einem Krug, den eine kunstvoll geformte Hand hielt, plätscherte Wasser und es sah aus, als greife jemand von der anderen Seite durch die Mauer. Er bückte sich und spritzte sich Wasser ins Gesicht. Überrascht wich er zurück. Das Wasser war heiß! Nicht heiß genug, um sich daran zu verbrennen, aber damit hatte er nicht gerechnet, da er auf eisiges Wasser vorbereitet war. Nachdem er seinen Schrecken überwunden hatte, wusch er sich gründlich und betrat den Schankraum.
Der große Raum hatte eine niedrige, von Balken gestützte Decke, war tagsüber aber sehr hell, da in der Mitte eine Öffnung ausgespart war. Dort stand ein großes Becken, um das Regenwasser aufzufangen, und die Tische und Stühle standen im Kreis darum herum. Die Sonne ging gerade unter und ein Diener war damit beschäftigt, Fackeln rings um das Wasserbecken aufzustellen.
Ansa setzte sich auf eine Bank und bemerkte, dass ihn ein anderer Gast erstaunt musterte. Es handelte sich um einen graubärtigen Mann, der nevanische Kleidung trug. Da er ihn unverwandt anstarrte, starrte Ansa zurück.
»Verzeihung, junger Mann«, sagte der Fremde. »Ein Steppenkrieger ist das letzte Wunder, das ich hier zu sehen erwartete. Ich bin Magister Ambleis von der Königlichen Akademie in Kasin.« Er streckte Ansa eine feingliedrige Hand entgegen, die der Krieger erfreut ergriff.
»Ich bin Ansa, ein Krieger Haels, des Stahlkönigs.«
»Das dachte ich mir. Ich hatte die Ehre, König Hael bei einem Empfang kennen zu lernen, als er uns gegen den Barbaren Gasam beistand. Wie alle meine Landsleute hege ich größten Respekt für Hael und seine Männer.«
»Ein Feind wie Gasam lässt den Rest der Welt zu Freunden werden.« Was die Dankbarkeit einer Nation einer anderen gegenüber anging, hegte er höchst zynische Gedanken, da sie selten länger anhielt als die augenblickliche Bedrohung.
»Wie wahr, wie wahr. Was treibt dich so weit von deiner Heimat fort?« Der Mann schien ehrlich interessiert und Ansa wurste, dass Gelehrte schon von Berufs wegen neugierig waren.
»Ich muss im Auftrag meines Königs mit eurer Monarchin reden.« Ein Schankmädchen stellte einen Becher vor ihn hin und füllte ihn mit einer violetten Flüssigkeit. Der Wein duftete verführerisch. Ansa nippte daran. Er war süß. und mit einem kräftigen Nachgeschmack. Außerdem war er stark und Ansa ermahnte sich, tüchtig zu essen, ehe er zu viel davon trank.
»Ach, dann bist du ein offizieller Gesandter? Ich fand gleich, dass du dich – wie soll ich es ausdrücken? – ein wenig kultivierter anhörst als die übrigen Steppenkrieger, mit denen ich mich unterhielt.«
»Du hast in Kasin mit unseren Kriegern geredet?«
»Bei jeder Gelegenheit. Ich lerne gern dazu und möchte alles über die Flora und Fauna eures Landes wissen.« Er nahm einen kräftigen Schluck aus seinem Becher. »Leider hatte ich große Schwierigkeiten, sie zu verstehen. Du dagegen sprichst ausgezeichnet Nevanisch.«
Ansa merkte, dass ihm ein Verhör drohte, und so war es auch. Immer wieder versuchte er, die Sprache auf Dinge zu bringen, die ihn interessierten, hatte aber nur selten Erfolg. Erst als der Fisch aufgetragen wurde, erfuhr er etwas über die Rauchinsel.
»Zu verschiedenen Zeiten beanspruchten sowohl Chiwa als auch Neva die Insel. Während beide Länder sich fast ausschließlich mit Gasam herumplagten, wurde sie faktisch unabhängig. Leider auch gesetzlos. Warst du auf dem Markt?«
»Ja.« Ansa erzählte, was er auf See erlebt hatte, und Ambleis nickte betrübt.
»Das geschieht dauernd. Aber keine Sorge. Meine Königin ist dabei, wieder für Ordnung zu sorgen, und schon bald steht die Rauchinsel unter nevanischer Herrschaft. Einst
Weitere Kostenlose Bücher