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Fremde Schiffe

Fremde Schiffe

Titel: Fremde Schiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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wetzte er die Dolchschneide. Sie war so lang wie zwei Männerhände und scharf genug, um sich damit zu rasieren. Der Rücken war ungewöhnlich breit und verlieh einem Schnitt zusätzliche Stärke.
    »Einer von König Haels Leuten, nicht wahr? Wie einer von Gasams Wilden siehst du nicht aus.« Er deutete auf die Waffen. »Ich kann mich noch erinnern, als Stahl von unschätzbarem Wert war. Allein für den Dolch hätte man dich umgebracht. Mit dem Erlös dieses Schwerts hätte ich mir ein Landgut und Sklaven kaufen können.«
    »Zum Glück ist Stahl in diesen Tagen in ausreichender Menge vorhanden.« Ansa fuhr noch einmal über die Klinge des Dolchs und lächelte den Kapitän an. »Deshalb kann ich ruhig schlafen und weiß, dass mir niemand die Kehle aufschlitzt.«
    »Aye«, meinte Utho unsicher. »Das stimmt. Die Zeiten haben sich geändert.« Sie sahen nach oben, als ein Ruf aus dem Ausguck ertönte.
    »Segel backbord!« Der Matrose zeigte auf einen roten Punkt, der so weit entfernt war, dass Ansa niemals ein Segel erkannt hätte. Er zog das Fernrohr aus der Tasche und sah hindurch. Tatsächlich war es ein Segel. Es war viereckig und gehörte zu einer Doppelrumpfbarkasse.
    »Was erkennst du?«, fragte Utho neugierig.
    »Ein Schiff, aber ich weiß nicht, woher es kommt.«
    Er reichte dem Kapitän das Fernglas. »Hier, sieh selbst hindurch.«
    Utho suchte das Segel und stellte dann das Fernrohr schärfer ein. »Ein Chiwaner. Ich wette, aus Sancri. Das ist eine der Inseln. Seit ein paar Jahren sind sie recht wohlhabend. Sie zahlen dem König von Chiwa keine Steuern und Gasam ist nie bis zu den südlichsten Inseln vorgedrungen.« Er schob das Fernrohr zusammen und gab es Ansa zurück. »Ein gutes Instrument. Vielen Dank.«
    Ansa nickte schweigend. Nach einer Stunde befand sich das andere Schiff in Rufweite und die Kapitäne brüllten einander Neuigkeiten zu. Ansa verstand den fremden Dialekt nicht. Der Chiwaner kam immer näher und Utho ließ das Segel einholen. Beide Schiffe trieben aufeinander zu.
    Ansa stellte sich neben Utho. »Was geschieht jetzt?«
    Der Kapitän grinste. »Ich fragte, ob er Havawurzeln hat. Die Chiwaner haben sie eigentlich immer dabei. Ich sagte, ein paar Männer hätten die Fleckenkrankheit. Havawurzeln helfen dagegen.«
    »Die Männer sehen aber nicht krank aus«, wandte Ansa ein.
    »Das weiß er doch nicht, oder? Jetzt geh uns aus dem Weg, Landratte. Das sind Seemannsangelegenheiten.«
    Ansa zog sich von der Reling zurück. Das Ganze missfiel ihm. Es spürte, dass etwas Unangenehmes in der Luft lag.
    Ein Tau wurde vom Deck des Chiwaners geworfen und an der Reling festgebunden, als sich die beiden Schiffe berührten. Die Besatzung des Chiwaners war klein und bestand aus höchstens zwanzig Männern. Sie trugen bunte Kilts und Halsketten aus Perlen und Federn.
    Uthos Männer lachten und winkten. In dem Augenblick, als die Schiffe ruhig nebeneinander lagen, stürmten sie mit gezückten Waffen über die Reling. Lachen und Winken verwandelten sich im Nu in tödliche Schläge und wildes Geheul, als sie die fremden Seeleute niedermetzelten.
    Ansa hatte Ärger erwartet, aber dieses blutige Gemetzel überraschte ihn maßlos. Er zog sich zum Bug des Schiffes zurück und zückte das Langschwert. Sobald die Chiwaner erschlagen waren, würde man sich zweifellos auf ihn stürzen. Er schwor sich, es den Mördern nicht so leicht zu machen wie die ahnungslose Mannschaft des anderen Schiffs. Die meisten Männer wurden gleich beim Sturmangriff getötet, aber ein paar fielen auf die Knie und verschränkten die Hände auf dem Rücken, um ihre Unterwerfung kundzutun.
    Wie Ansa erwartet hatte, war die Geste vergeblich. Die Überlebenden wurden zur Reling geschleift. Zwei Matrosen hielten die Arme fest, während ein dritter, der offensichtlich sehr viel Übung darin besaß, ein Knie auf den Rücken des Gefangenen stemmte, den Kopf an den Haaren zurückbog und ihm geschickt die Kehle aufschlitzte. Mit ausgebreiteten Armen warf man den gurgelnden, blutüberströmten Mann schließlich über Bord.
    Ansa hatte schon viele gewaltsame Tode erlebt, aber das eiskalte Abschlachten stieß ihn ab. Wenig später trieben die Chiwaner auf den Wellen. Das währte nur kurze Zeit, denn wie durch Zauberhand wimmelte es plötzlich rings um die Schiffe von Haien und Seeschlangen. Das Wasser verwandelte sich in blutigen Schaum, als die Tiere die Leichen auseinanderrissen und sich gegenseitig anfielen.
    Utho schritt auf Ansa zu und wischte

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