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Fremde Schiffe

Fremde Schiffe

Titel: Fremde Schiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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wies. »Ihr da! Ihr alle! Raus aus der Trauerkleidung! Zieht sie aus!« Sie schrie aus vollem Halse.
    »Ich will jeden Mann in Uniform sehen! Jede Frau zieht sich ein Festkleid für den Abschied an! Begebt euch zum Hafen. Die Armee und die Flotte werden den Barbaren ein für alle Mal zermalmen!«
    Sie wirbelte herum und deutete auf eine Gruppe Priester. »Alle Trauerfeiern werden beendet. Schmückt die Tempel mit Blumen und singt frohe Lieder! Die Seuchenfeuer werden sofort mit Erde bedeckt! Später errichten wir einen Gedenkstein.«
    »Aber … aber … Majestät«, stotterte ein Priester. »Dazu ist jetzt nicht die richtige Zeit. Die Rituale müssen eingehalten werden!«
    »Später!«, brüllte Shazad. »Die Zeit der Trauer ist vorbei! Jetzt wird gehandelt. Unsere Götter haben uns geprüft und für unseren Hochmut bestraft. Jetzt stellen sie uns der endgültigen Herausforderung gegenüber und wir dürfen sie nicht enttäuschen! Mein Volk wird nicht mehr Trauer tragen, genau wie seine Königin. Zieht mir das Zeug aus!« Hektisch zerrte sie an den Schnüren ihres Mieders. Die Höflinge stöhnten entsetzt auf und verließen fluchtartig den Thronsaal.
    Mit Hilfe ihrer Zofen riss sich Shazad das schwarze Gewand vom Leib. Die Höflinge hätten nicht fliehen müssen. Ihre weißen Unterkleider waren weiter und förmlicher als die Zeremoniengewänder mancher Frau. »Holt mir ein Gewand, das sich für die Inspektion der Truppen eignet. Etwas mit Goldstickerei.« Die Frauen eilten davon. Draußen wurden Befehle gebrüllt. Die Kriegsmaschine war angelaufen.
    Shazad sank auf den Thron zurück. »Sehr gut«, murmelte sie. »Es könnte gar nicht besser sein.« Sie hatte so laut gebrüllt, dass ihre Lippen blutig waren. Ansa fragte sich, ob sie den Verstand verloren hatte.
    »Lass mich mitmachen«, bat er.
    Sie sah ihn an. Sie hatte ihre Wut nicht vorgetäuscht. Ihre Augen waren blutunterlaufen. Ein Page brachte einen Becher mit gekühltem Wein und sie leerte ihn mit gierigen Schlucken. Dann blickte sie Ansa erneut an.
    »Natürlich machst du mit.« Ihre Stimme klang heiser. »Ich gebe dir das Kommando über ein Regiment meiner Späher. Ich weiß, für einen Prinzen ist es nichts Besonderes, aber du bist Ausländer und ich habe einen ganz besonderen Auftrag für dich.«
    »Wenn du es wünschst, reite ich als einfacher Kavallerist«, erklärte er.
    »Natürlich nicht. Mir fällt gerade ein, dass mein Spion nicht zurückkehrte. Entweder ist er tot oder hat die Seiten gewechselt – wahrscheinlich Letzteres. Es ist nicht mehr wichtig. Was ich wissen wollte, ist bereits geschehen. Aber ich brauche Gefangene, um sie zu verhören. Ich muss wissen, ob sie in voller Stärke angreifen oder ob die Seuche sie auch befiel. Vielleicht fliehen sie nur aus der Heimat und sind verzweifelt.«
    »Darauf würde ich meine Hoffnungen nicht richten, Shazad«, sagte Ansa warnend.
    »Das tue ich auch nicht. Aber ich muss wissen, was vor sich geht. Wenn sie nicht mit den Fremden in Berührung kamen, wird Gasams Armee in wenigen Tagen erkranken. Ich weiß, das ist ein frommer Wunsch, aber wir dürfen keine Möglichkeit außer Acht lassen.«
    Er bückte sich, hob die zersplitterte Röhre vom Boden auf und zog das verknitterte Pergament heraus. »Vielleicht solltest du die Botschaft lesen, Majestät.«
    »Natürlich.« Sie holte tief Atem und nahm sich zusammen. Ansa fand, dass sie wieder bedeutend besser aussah. Sie hatte sich ein Ziel gesteckt und würde es unbeirrt verfolgen. Egal, was ihr bevorstand – glorreicher Sieg oder schrecklicher Tod –, Shazad war zufrieden.
    Sie überflog die Nachricht und murmelte vor sich hin.
    »›Starke Armee kam an Land … Strand nördlich von Floria …‹ Bei allen Göttern, das arme Floria. Meine unglücklichste und am meisten gebeutelte Stadt. ›… viele kleinere Regimenter durchkämmen das Umland, nehmen zahlreiche Gefangene und treiben die Leute in die Stadt …‹ Hör dir das an, Ansa: ›König Gasam wurde immer wieder gesehen. Seine Krieger trugen ihn auf einer Sänfte umher, die abscheuliche Königin neben sich. Die Menschen hier kennen die beiden aus der Zeit vor zwei Jahren, folglich bestehen keine Zweifel.‹«
    »Er lebt also noch«, sagte Ansa und schüttelte den Kopf. »Ist der Mann eigentlich unsterblich? Sie tragen ihn. Das heißt, er hat sich nicht vollständig erholt.«
    »Wenigstens etwas. Wir wissen, dass er sterblich ist.«
    Draußen verstummten die Trauergesänge und von den Tempeln

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