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Fremde Schiffe

Fremde Schiffe

Titel: Fremde Schiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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unbekannten Gegner, um alte Feinde einander in die Arme zu treiben.«
    »Du warst noch nie so sehr auf Verständigung aus«, sagte Shazad, die völlig durcheinander war.
    »Ich habe meine Königin auch noch nie verloren«, antwortete er.

 
KAPITEL ZWÖLF
     
    E twas weckte ihn. Ansa richtete sich langsam auf und zuckte zusammen, als ihn ein stechender Schmerz durchfuhr. Dennoch befand er sich endlich auf dem Wege der Besserung. Wenn der Mann auch sonst keine Vorzüge hatte, dachte er, so hielt Gasam wenigstens seinen Speer peinlich sauber. Die Wunde hatte sich nicht entzündet. Im Übrigen stammten Ansas Eltern beide aus ungewöhnlich zähen Stämmen. Trotzdem kam es ihm so vor, als verbrächte ein Krieger sehr viel Zeit damit, sich von Verletzungen zu erholen. Das wurde den eifrigen Knaben gegenüber, die sich nach dem Kriegerleben sehnten, nie erwähnt. Er war der Meinung, mindestens die Hälfte der Zeit seiner Kriegerlaufbahn damit verbracht zu haben, von Verletzungen zu genesen.
    Warum war er aufgewacht? Es hatte etwas mit der Bewegung des Schiffes zu tun. Er wusste zwar nicht viel über die Seefahrt, hatte sich aber an dieses Schiff gewöhnt. Das Auf und Ab hatte sich verändert. Morgen sollten sie in Kasin einlaufen, aber es war noch dunkel. Vor seiner Tür hörte er verstohlene Schritte und Gemurmel. Jemand sagte etwas, das sich auf Südländisch wie »schwimmender Vogel« anhörte. Ihm fiel ein, dass es der Name eines der fremden Schiffe war. Ein Gefühl warnte ihn, sich bemerkbar zu machen.
    Er wartete minutenlang und lauschte angestrengt. Leises Scharren und Poltern war trotz des dauernden Knarrens der Masten zu hören. Ganz langsam richtete er sich auf und zog die Beine aus dem Bett, bis die Füße den Boden berührten. Es tat weh, aber ihm stand schlimmerer Schmerz bevor. Vorsichtig zog er das Schwert unter dem Bett hervor und stemmte die Spitze auf den Boden. Er stützte die Handfläche auf den Griff und zog sich in die Höhe. Die Decke war so niedrig, dass er nicht aufrecht stehen konnte. Außerdem bezweifelte er, dass er dazu fähig war.
    Eine Schmerzwelle überkam ihn, aber er bezwang sie. Irgendetwas stimmte nicht. Nachdem er bis zur Tür der winzigen Kabine gehumpelt war, öffnete er sie so leise wie möglich. Sie knarrte, aber die Geräusche des Schiffes verschluckten den Laut. Es war so finster in der Kabine, dass ihn das Mondlicht, das jetzt durch die Tür fiel, blendete. Bis auf die Farben sah er schließlich genauso gut, als wäre es heller Tag.
    Unmittelbar vor ihm befand sich das Steuerrad. Es drehte sich ungehindert hin und her. Niemand war zu sehen, aber auf den Planken lag eine unförmige Gestalt. Mit dem Schwert als Krücke humpelte Ansa darauf zu und sah, dass es sich um den Steuermann handelte. Er lag mit offenem Mund und weit aufgerissenen Augen, in denen das Weiße schimmerte, auf dem Rücken. Sein Kopf ruhte in einer dunklen Pfütze, die zusehends größer wurde. Die Kehle des Mannes war vom einen Ohr bis zum anderen aufgeschlitzt und das Blut floss in Strömen heraus.
    Ansa ermahnte sich, nicht voreilig zu handeln. Er musste sich Gewissheit verschaffen, was vor sich ging. Das Schiff schien nicht Gefahr zu laufen, zu sinken oder zu kentern. Die Nacht war ruhig, der Himmel wolkenlos. Schwacher Wind strich durch die Segel. In der Ferne sah er die Laternen am Bug und Heck der anderen Schiffe.
    Wo waren die Wachen? Dann sah er sie: Ein halbes Dutzend Leichen lag mit seltsam verdrehten Gliedern auf den Planken. Es hätten sieben oder acht Wächter mehr sein sollen, dachte Ansa. Vielleicht hatte man sie über Bord geworfen. Er schaute nach oben und sah niemanden im Ausguck sitzen.
    Ein schwaches Glitzern erregte seine Aufmerksamkeit. Er humpelte darauf zu und stieß vorsichtig mit dem Fuß danach. Es war ein kleiner Haufen dünner Ketten. Das Mondlicht reichte nicht aus, ihnen Farbe zu verleihen, aber er wusste, dass sie aus Gold waren. Angestrengt spähte er über das Wasser und entdeckte ein kleines Boot, das längsseits des nächstgelegenen Schiffes anlegte. Das große Schiff hatte die Segel gehisst und entfernte sich langsam vom Flaggschiff.
    Jetzt humpelte Ansa so schnell er konnte zum Steuerrad. Daneben hing eine Bronzeglocke, mit der die Stunden und die Zeit der Wachablösung geläutet wurden. Er packte den kurzen Strick und zog wie wild daran. Fast augenblicklich ertönte das Stampfen vieler Füße. In Notfällen reagierten Seeleute außergewöhnlich schnell. Sekunden später

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