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Fremde Wasser

Fremde Wasser

Titel: Fremde Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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ihm ausbreitete. Er sah zum Fenster hinaus. Draußen war es grau. Schneeregen fiel vom Himmel. Einige Passanten eilten mit
     geblähten Regenschirmen die Straße hinauf. Wann würde es endlich Frühling werden? Sollte er etwas anderes tun als fremde Personen
     überwachen und jagen? Aber was? Mehr hatte er nicht gelernt.
    Jemand klopfte. Dengler ging zur Tür und öffnete. Olga stand davor.
    »Störe ich?«
    »Nein, komm nur herein.«
    »Du scheinst nicht so richtig gut drauf zu sein?«
    »Ich glaube, ich stecke in der Midlife-Crisis. Die Vorstellung,bis zu meinem Lebensende anderer Leute Gespräche abzuhören ...«
    »Dann komme ich ja zur richtigen Zeit.«
    Sie legte die Arme um seine Schulter und küsste ihn.
    »Mir ist gerade nach einem knackigen Privatdetektiv«, flüsterte sie ihm ins Ohr.
    Ihre rechte Hand glitt über seinen Nacken, die Schulterblätter, das Rückgrat, das Kreuz zu seinem Hintern. Sie wog und drückte
     und knetete seinen Po.
    »Komm schon«, sagte sie mit einer nach Lust und Ungeduld klingenden Stimme und zog ihn hinüber ins Schlafzimmer.
    * * *
    Es war eine muntere Runde, die zwei Stunden später unten im Basta saß. Olga, durch Zauberhand verjüngt, saß mit dem Rücken zur Wand in der Mitte des großen Tisches, lachte und schenkte Dengler
     aus der Flasche Grauburgunder ein, die der kahlköpfige Kellner, ohne ihre Bestellung abzuwarten, auf den Tisch gestellt hatte.
    Neben Olga saß Mario, Denglers Freund aus Jugendtagen. Martin Klein hatte sich neben Georg auf die andere Seite des Tisches
     gesetzt, und am Kopfende nahm gerade Leopold Harder Platz, der direkt aus der Redaktion der Zeitung zu ihnen gestoßen war.
    Mario flüsterte Olga etwas ins Ohr, und sie lachte laut. Sie warf dabei den Kopf zurück und schüttelte ihn, sodass sich das
     Licht in ihrer roten Mähne brach, und für einen Augenblick schien es, als sende der Himmel das Licht, das sie wie eine Heilige
     beleuchtete.
    Wenn ich mit dieser Frau zusammen bin, dachte Dengler, ertrage ich meinen Beruf bis ans Ende meiner Tage. Er sah, wie sie
     erneut über eine Bemerkung von Mario lachte.
    Mario tippte mit dem Daumen seiner rechten Hand unaufhörlich auf die Tastatur seines Handys. Dabei sah er nur hin
    und wieder auf das Display, er schrieb nahezu blind, ohne hinzusehen, verschickte eine SMS nach der anderen.
    Sie prosteten einander zu.
    »Olga, sollen wir mal schauen, wie es den Stieren in nächster Zeit ergeht?«
    »Wenn du meinst..«
    Martin Klein griff in die Innenseite seines Jacketts und zog drei gefaltete Blätter hervor. Er glättete sie umständlich.
    »Das ist dein Horoskop für morgen. Geldsorgen sind nicht in Sicht«, las er vor, und alle am Tisch johlten.
    »Aber«, fuhr er fort, »eine unerwartete Begegnung stellt dich auf eine harte Probe.«
    Olga verzog den Mund.
    »Und ich?«, fragte Mario, der weiter auf sein Handy eintippte.
    »Tierkreiszeichen?« »Löwe!«
    »Eine lang andauernde Freundschaft steht auf der Kippe.«
    »So ein Quatsch«, sagte Mario, »da sieht man gleich, dass du dir alles nur ausgedacht hast.«
    »Und was steht bei mir?«
    Leopold Harder wollte das nun auch wissen.
    »Tierkreiszeichen?«
    »Jungfrau.«
    »Ihr Rat wird mehr denn je gebraucht.«
    »Na, das leg ich mal dem Chefredakteur vor.«
    Alle lachten.
    »Und Georg? Ich möchte Georgs Horoskop hören«, rief Mario.
    »Ich nicht«, sagte Georg. »Mich interessiert, an wen du den ganzen Abend all diese SMS schickst.«
    Das wollten nun plötzlich alle wissen.
    Mario starrte das Telefon an, als sähe er es zum ersten Mal.
    »Ich verdiene damit Geld«, sagte er.»Ja«, wiederholte er, als ihn alle fragend ansahen, »ich verdiene pro SMS 9 Cent.«
    Schnell tippte er etwas, so routiniert, dass er kaum auf die winzige Tastatur zu schauen brauchte.
    »Und was schreibst du?«, wollte Harder wissen.
    »Ich schreibe gerade einem Typ, der auf Analverkehr steht, dass ich das auch mag und mich mit ihm treffen will.«
    Alle starrten Mario an.
    Doch der prüfte in aller Ruhe, ob neue Nachrichten eingegangen waren.
    »Allerdings glaubt er, ich sei eine Vierundzwanzigjährige, die ihre Vorliebe dafür erst vor kurzem entdeckt hat und nun ganz
     verrückt danach ist.«
    Schweigen am Tisch.
    »Er will sich unbedingt mit mir treffen.«
    Martin Klein fand als Erster die Sprache wieder.
    »Hast du nicht auch den Eindruck, dass du uns etwas erklären solltest?«, sagte er.
    Mario nahm einen Schluck Grauburgunder, legte das Handy auf den Tisch und sah sich in

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